Ein Kind liest in einem Bilderbuch
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"Lese-Esel": Literarische Hausapotheke für Kinder

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"Lese-Esel": Literarische Hausapotheke für Kinder

Wenn Kinder psychische Probleme haben, brauchen sie schnell Hilfe. Doch Therapieplätze sind rar. Eine Nürnberger Kindertherapeutin hat Kinderbücher gesammelt, die Kindern helfen können. Jetzt sucht sie Spenden für eine Online-Datenbank.

Über dieses Thema berichtet: Das Gesundheitsmagazin am .

Der einäugige Kater Henry des zehnjährigen Lionel ist vor zwei Jahren gestorben, und Lionel litt lange unter diesem Verlust. Immer wieder konnte er abends nicht einschlafen, weil der Kater nun nicht mehr zu ihm ins Bett kam. Der Bub war oft traurig und kam einfach nicht über den Tod von Henry hinweg.

Seine Psychotherapeutin hat mit ihm das Bilderbuch "Der Baum der Erinnerung" von Britta Teckentrup angesehen. Es ist die tröstliche Geschichte eines toten Fuchses, um den die anderen Tiere im Wald trauern und einander alle schönen Momente mit ihm erzählen. Am Ende wächst aus der Stelle, wo der tote Fuchs lag, ein Baum, der den Tieren Unterschlupf bietet und sie an ihn erinnert.

Die Trauer über Kater Henry überwinden

Mit der Zeit konnte Lionel erkennen, dass sein Kater zwar gestorben ist, dass er aber sehr schöne Zeiten mit ihm verbracht hat, an die er sich immer erinnern kann. Er erkannte, "dass er nicht für immer komplett weg ist, dass er in den Erinnerungen und im Herzen weiterlebt", sagt Lionel heute.

Die junge Nürnberger Kindertherapeutin Sarah Neubauer bezieht Bücher schon länger in die Arbeit mit ihren kleinen Patientinnen und Patienten ein. Im Wartezimmer liegen auf einem Büchertisch jeden Monat zwei Bücher, die sie den Eltern empfiehlt. Jetzt will sie, dass noch mehr Kinder von den Büchern profitieren.

Das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt

Die Wartelisten für einen Platz bei einem Kindertherapeuten oder einer Kindertherapeutin sind nämlich lang. Deshalb setzt Sarah Neubauer auf Prävention. Sie glaubt, dass das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt Kindern in einer seelischen Not helfen kann oder sogar dazu beiträgt, dass sie gar nicht erst zum Therapeuten müssen.

Inzwischen hat sie etwa hundert Bücher in der engeren Auswahl, die sie für therapeutisch wertvoll hält. Sie hat sie nach Themen wie Mobbing, Depression, Trauer, Selbstwertgefühl oder Körperbewusstsein verschlagwortet und will jetzt eine Datenbank aufbauen. Sie soll bald auf der Webseite www.lese-esel.de online gehen, damit Eltern, Buchhandlungen und pädagogisches Personal darin nach dem passenden Buch für ein Kind suchen können.

Das Projekt "Lese-Esel" braucht Spenden

Allerdings fehlt dafür bisher noch das Geld. Denn die Webseite muss gebaut und die Datenbank gepflegt werden. Sarah Neubauers Praxis-Chef hat bei der Stiftung für seelische Gesundheit von Kindern einen ersten Zuschuss beantragt und auch bekommen. Der reicht aber noch nicht, denn die Stiftung ist noch jung und braucht selbst Spenden.

Bücherregal in der Buchhandlung

Damit die Eltern ihrer Patientinnen und Patienten die Bücher von "Lese-Esel" jetzt schon finden können, gibt Sarah Neubauer die Empfehlungen an die Nürnberger Buchhandlung Jakob weiter. Buchhändlerin Stefanie Salmen stellt sie dann in ein spezielles Regal. Denn: "Zu uns kommen immer wieder Eltern mit Frage nach trauerbegleitenden Büchern, wenn Familienmitglieder oder Haustiere gestorben, und da sind wir froh über die professionellen Empfehlungen, welche Bücher sich gut eignen." Auch zu anderen Problemthemen von Kindern finden sich dort passende Bücher.

Sobald die Internetseite des Projekts "Lese-Esel" finanziert, programmiert und online gestellt ist, sollen dann auch alle anderen Buchhandlungen, Eltern und Verwandte die Datenbank nutzen können.

  • Zum Artikel: "Psychische Hilfe für Jugendliche: Lange Wege, keine Kapazitäten"

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