Nachbildung eines Neandertalers
Bildrechte: picture alliance/dpa | Oliver Berg

Nachbildung eines Neandertalers im Museum Mettmann

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Funde in Frankreich: Neandertaler haben Kleber gemischt

Neandertaler haben offenbar einen Zweikomponentenkleber hergestellt, um daraus Griffe für scharfe Werkzeuge zu bauen. Das legen Funde aus Frankreich nahe – die schon vor hundert Jahren ausgegraben, aber jetzt erst so richtig untersucht wurden.

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Eine Klinge aus Feuerstein, an einer Seite eingefasst von einer Halbkugel aus beigem Material, eine Art Griff, etwas kleiner als ein Tennisball. Das Ganze ist ein Nachbau, aber so wurde er damals vor mehr als 40.000 Jahren vermutlich eingesetzt: der künstliche Werkstoff, den die Neandertaler aus zwei völlig unterschiedlichen Rohstoffen hergestellt haben, erklärt Patrick Schmidt, Archäologe an der Universität Tübingen. Ein Zweikomponentenkleber aus weichem, klebrigem, nach Schwefel riechendem Bitumen und feinkörnigem Ocker.

Klebstoffe aus zwei Komponenten gemischt

"Es ist ganz fürchterlich. Wenn Sie dieses Bitumen anfassen, dann klebt es an Ihren Händen. Wenn Sie damit Ihre Kleider anfassen, dann klebt es an den Kleidern und es ist ein fürchterliches Material. Und die Zugabe von Ocker, diesem feinen Pulver, die führt dazu, dass man den dann anfassen kann", sagt Patrick Schmidt.

Das Besondere: Bitumen und Ocker lagen damals nicht etwa nebeneinander herum, sondern mussten erst aus weit entfernten Gebieten zusammengetragen werden. Die haarigen Neandertaler mussten also zuerst überlegen, was die erwünschte Hafteigenschaft des Bitumen erhalten, das fürchterlich Klebrige aber vermindern könnte.

Neandertaler haben versucht, logische Schlüsse zu ziehen.

Der Neandertaler hat sich also wirklich ein bisschen wie ein Ingenieur verhalten: Er hat ein Problem erkannt und er hat gesehen, dass es keine Materialien gibt, die dafür benützt werden könnten, es zu lösen. So hat er dann extra andere, neue Materialien hergestellt.

Entdeckt wurden die Fundstücke schon vor rund hundert Jahren in Frankreich. Richtig untersucht wurden sie allerdings erst jetzt. Was diese Stücke auch zeigen: Der Neandertaler wollte nicht wirklich warten, bis das neue Werkzeug ganz ausgehärtet war. Deshalb hat er schon ein bisschen zu früh begonnen, damit zu arbeiten – Ingenieursgeist trifft kindliche Ungeduld.

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