Kinder auf dem Weg zur Schule
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Inzidenzen steigen, aber Kinder erkranken selten lebensbedrohlich am Coronavirus. Umstritten ist, ob auch jüngere Kinder geimpft werden sollen.

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Corona bei Kindern: Ist das gefährlich?

Die Infektionszahlen bei Kindern in Bayern steigen. Selten erkranken Jüngere schwer an Covid-19. Auch zu Long-Covid bei Kindern gibt es bereits Erkenntnisse. Und trotzdem kann eine Impfung sinnvoll sein. Doch die ist umstritten.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Seit dem Ende der Sommerferien schnellen die Infektionszahlen im ganzen Land vor allem bei Jüngeren in die Höhe. Das Corona-Virus grassiert in Kindertagesstätten und Grundschulen, wo Schülerinnen und Schüler noch nicht geimpft sind. Die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) seit August 2021 für Personen zwischen zwölf und 17 Jahren. Kinder bis zwölf Jahre können sich bislang noch nicht impfen lassen.

Inzidenz liegt bei über 1.000 bei Kindern in Bayern

Eine Inzidenz von über 1.000 bei Kindern in Bayern ist der höchste Werte, den das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) seit Beginn der Pandemie ermittelt hat. Allerdings werden Schülerinnen und Schüler – im Gegensatz zu Erwachsenen – in der Regel zwei bis drei Mal pro Woche in der Schule getestet. Somit treten auch sämtliche Ansteckungen zu Tage. Laut Deutscher Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) tragen Kinder aktuell nicht überproportional zum Infektionsgeschehen bei.

Rund 40 Prozent der Jugendlichen sind geimpft

Auch bei der Altersgruppe ab zwölf Jahren steigt die Inzidenz, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie bei den Jüngeren. Das mag damit zu tun haben, dass sich diese Gruppe bereits impfen lassen kann. 40,2 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen 12 bis 17 Jahren waren bis 26. Oktober 2021 in Deutschland vollständig geimpft. In Bayern sind es derzeit 37,3 Prozent.

Das Risiko schwerer Verläufe ist bei Kindern gering

Laut Robert Koch-Institut (Stand 19. August 2021) erkranken Kita- und Grundschulkinder "weniger häufig und stark als Erwachsene" an Covid-19. Das Preprint einer Kohortenstudie vom 22. Oktober 2021 von RKI, Universität Dresden und mehreren Krankenkassen untermauert, dass Kinder auch seltener von Folgeerscheinungen, also Long- oder Post-Covid, betroffen sind als Erwachsene. "Kinder haben eine deutlich geringere Komplikationswahrscheinlichkeit", bestätigt der Münchner Infektiologe Christoph Spinner am 26.10. BR-Podcast Corona News: "Sie dürfen aber nicht vergessen, dass Kinder oft mit ihren Eltern und Großeltern in einem Haushalt leben und gemeinsame Sozialkontakte haben, was den Infektionsdruck auf die erwachsene Bevölkerung erhöht."

Altersstruktur der Covid-19-Fälle in Krankenhäusern

Das DIVI-Intensivregister ist eine wichtige Datenquelle, um die Auslastung der Krankenhäuser in der Pandemie zu erkennen. Am 26. Oktober waren demnach 0,6 Prozent der Krankenhausbetten mit Covid-Erkrankten belegt, die jünger als 18 Jahre sind. In absoluten Zahlen sind das momentan zehn junge Erkrankte in Deutschland. Den größten Anteil haben derzeit Patientinnen und Patienten zwischen 50 und 70 Jahren mit etwa 47 Prozent. In Deutschland sei bisher kein Kind unter 17 ausschließlich an Covid-19 verstorben, so der STIKO-Vorsitzende Thomas Mertens.

Krankenhausampel in Bayern steht auf Grün

Steht die Krankenhausampel auf Grün wie momentan, dann heißt das, dass weniger als 1.200 neue Covid-Erkrankte in ein bayerisches Krankenhaus eingeliefert wurden und weniger als 600 Menschen auf Intensivstationen liegen. Die Ampel gilt für ganz Bayern – Patientinnen und Patienten können also auch verlegt werden. Das bedeutet, dass einzelne Krankenhäuser zwar überlastet sein können, die Gesamtheit der bayerischen Krankenhäuser aber noch über genügend Kapazitäten verfügt, weshalb die Ampel grün anzeigt.

Biontech/Pfizer belegt Wirksamkeit bei Kindern

Das Unternehmen Biontech/Pfizer legte am 20. September 2021 eine klinische Studie vor, an der 2268 Kinder teilnahmen. Demnach sei der Impfstoff auch für Kinder unter zwölf Jahren "gut verträglich" und rufe eine "starke Immunantwort" hervor. Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO) Thomas Mertens kritisiert aber, dass Studien mit weniger als 3.000 Teilnehmern das Risiko seltener Nebenwirkungen nicht erfassen könnten: "Kinder haben eine sehr geringe Krankheitslast durch Sars-CoV-2. Es gilt deshalb, erwartbare positive Effekte und denkbare unerwünschte Wirkungen durch die Impfung sehr genau gegeneinander abzuwägen."

Auch Moderna-Studie fällt bei Kindern positiv aus

Der US-Impfstoffhersteller Moderna hat am 25. Oktober 2021 ein positives Zwischenergebnis einer klinischen Studie mit dem Corona-Vakzin bei Kindern vorgelegt. Demnach habe der Impfstoff bei Sechs- bis Elfjährigen eine "starke Immunantwort" hervorgerufen. Die Kinder hätten den Impfstoff gut vertragen. Das Unternehmen will die Daten der klinischen Studie mit mehr als 4750 Teilnehmern bald der US-Arzneimittelbehörde FDA, der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA und anderen Aufsichtsbehörden vorgelegen. Bis Ende des Jahres wird eine Antwort der EMA erwartet, ob in Deutschland ein Impfstoff für Kinder unter 12 Jahren zugelassen wird.

FDA empfiehlt Corona-Impfungen für Kinder

Berater der Arzneimittelbehörde FDA haben sich am 26. Oktober 2021 für eine Notfallzulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer ausgesprochen. Sollte die FDA dem Vorschlag zustimmen, könnte das Vakzin bereits in Kürze für Kinder zwischen fünf und elf Jahren verfügbar sein. Die Behörde ist nicht verpflichtet, den Ratschlägen ihrer externen Experten zu folgen, tut dies aber in der Regel. Die FDA-Experten halten den Nutzen einer Impfung bei dieser Altersgruppe für deutlich höher als mögliche Risiken. Laut Daten der American Academy of Pediatrics (AAP), eine Organisation von Vertretern der Kindermedizin, sind in den USA bereits mehr als 500 Kinder an Covid-19 gestorben.

STIKO ist bei Impfempfehlungen vorsichtig

Die Ständige Impfkommission (STIKO) ist ein wissenschaftliches Gremium, das aufgrund von Studien über Impfstoffempfehlungen entscheidet. Fehlen belastbare Zahlen, bleibt die STIKO in der Regel vorsichtig. Bei der Impfung für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren hatte die STIKO das Vakzin zunächst nur Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen empfohlen. Erst einige Wochen später erweiterte sie die Empfehlung auf alle 12- bis 17-Jährigen. Ein ähnliches Vorgehen ist auch bei den derzeit angestrebten Zulassungen von Corona-Impfungen für Kinder unter zwölf Jahren vorstellbar. "Je geringer die Krankheitslast in einer Gruppe, umso sicherer muss die Impfung sein", so der STIKO -Vorsitzende Thomas Mertens.

Kinder leiden unter psychischen Folgen der Pandemie

Beratungsstellen in Deutschland schlagen Alarm, dass junge Menschen vor allem im psychischen Bereich mehr Hilfe benötigen. "Fast jedes dritte Kind leidet enorm unter den Auswirkungen der Pandemie und zeige psychische Auffälligkeiten wie Angst, Einsamkeit, Depression, Ess- und Schlafstörungen und Suizidalität", teilte der katholische Sozialverband Caritas am 25. Oktober 2021 mit. Der Münchner Infektiologe Christoph Spinner plädiert auch deshalb wegen des sozialen Miteinanders für eine Impfung für Kinder: "Kinder haben in Corona große Lerneinbußen. Es geht auch darum, Kindern einen halbwegs geordneten Zugang zum gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen."

Fazit

Die Ansteckungszahlen bei Kindern sind so hoch wie nie zuvor. Dennoch sind nur wenige Kinder im Krankenhaus. Schwere Verläufe und Long-Covid sind bei jüngeren Patienten ausgesprochen selten. Impfstoffe für Kinder könnten in näherer Zukunft zugelassen werden, was weiterhin für kontroverse Debatten sorgen wird.

Kinder infizieren sind zwar mit dem Coronavirus, sie erkranken aber selten schwer.
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Kinder infizieren sind zwar mit dem Coronavirus, sie erkranken aber selten schwer.

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