Mindestlohn in Deutschland soll auf 12,41 Euro steigen
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12,41 Euro ab Januar 2024, 12,82 ab Januar 2025 - das ist die Empfehlung der Expertenkommission für den Mindestlohn. Dafür gibt es klare Regeln.

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Tarifindex und Kommission: So entsteht der Mindestlohn

Der gesetzliche Mindestlohn soll Anfang 2024 und 2025 um je 41 Cent auf dann 12,82 Euro steigen. Dieser Vorschlag der zuständigen Kommission sorgt für viel Kritik, vom "Sieg der Arbeitgeber" ist da die Rede. Dabei wird dem Gremium einiges vorgegeben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

In Deutschland gilt normalerweise der Grundsatz der Tarifautonomie. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände handeln eigenständig die Einkommen aus, ohne dass der Staat eingreifen darf.

Warum gibt es die Mindestlohnkommission?

Um nicht in Konflikt mit Artikel 9 des Grundgesetzes zu kommen, wurde bei Einführung des Mindestlohnes im Jahr 2015 eine eigene Kommission geschaffen. Der Mindestlohn soll demnach der allgemeinen Tarifentwicklung folgen und regelmäßig erhöht werden. Die Kommission übernimmt sozusagen die Rolle der Tarifparteien.

Ihr Vorschlag muss aber per Verordnung vom Bundesarbeitsministerium abgesegnet werden. Von den sechs Mitgliedern in der Kommission kommen drei von den Gewerkschaften und drei von den Arbeitgeberverbänden. Einen Vorsitz gibt es auch – zurzeit ist das die Arbeitsmarktexpertin Christiane Schönefeld. Bei einem Patt entscheidet ihre Stimme. Diese Karte wurde bei der aktuellen Entscheidung zum ersten Mal gezogen. Zwei Mitglieder aus der Wirtschaft werden hinzugebeten – haben aber kein Stimmrecht.

Welche Vorgaben hat die Mindestlohnkommission?

Die Kriterien für ihre Empfehlung sind dem Gremium vorgegeben: Sie soll sich an der Entwicklung der Einkommen orientieren – dazu dient der Tarifindex des Statistischen Bundesamtes. Die Höhe des künftigen Mindestlohnes soll einen angemessenen Mindestschutz der Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer garantieren, aber auch die Beschäftigung nicht gefährden und den Firmen faire, funktionierende Wettbewerbsbedingungen ermöglichen.

Im Einzelfall lässt sich natürlich heftig darüber streiten, was das in Zahlen ausgedrückt bedeutet. Diesmal war der Streit besonders heftig. Bis in die Morgenstunden dauerte die entscheidende Sitzung. Die Vorsitzende machte angeblich einige Vorschläge. Zu einer gemeinsam getragenen Empfehlung führte das nicht. Die Arbeitgeberseite sagte Ja, die Gewerkschaftsseite stimmte mit Nein. Die ausschlaggebende Stimme kam dann von der Vorsitzenden Christiane Schönefeld.

Was führte zum Streit in der Mindestlohnkommission?

Einig war man sich im Gremium noch bei der Frage, welchen Zeitraum man bei der Tarifentwicklung heranziehen soll, nämlich von Juni 2022 bis Juni 2023. Laut Tarifindex der obersten Statistiker sind die Einkommen in diesem Zeitraum um 7,8 Prozent gestiegen, inklusive der Inflationsausgleichsprämien, fügte die Vorsitzende hinzu. Der Streit entzündete sich dann an der Frage, welchen Mindestlohn man zu Grunde legen sollte für eine Erhöhung um 7,8 Prozent.

Im Beschluss wurden die 10,45 Euro angesetzt - das ist der Betrag, der zuletzt von der Kommission empfohlen wurde. Die Gewerkschaften waren hingegen für die 12 Euro, die ja die Bundesregierung in Abweichung von dem Kommissionsvorschlag per Gesetz ab Oktober 2022 festgesetzt hatte. Die Erhöhung um 7,8 Prozent wäre in letzterem Fall deutlich höher ausgefallen.

Nicht berücksichtig wurde von der Mindestlohnkommission auch die Mindestlohnrichtlinie der EU, die Deutschland eigentlich bis Ende 2024 umsetzen muss. Demnach soll der Mindestlohn mindestens 60 Prozent des sogenannten Medianlohnes erreichen, also des Lohnes, der in der Mitte aller Einkommen liegt. Das wären laut Gewerkschaften aber 14 Euro gewesen. Mit der Empfehlung jetzt nähere man sich dieser Vorgabe an, betonte die Vorsitzende Schönefeld. Erfüllt wird die Richtlinie aber mit den vorgeschlagenen 12,82 Euro ab 2025 nicht.

Wie reagiert der Arbeitsminister auf den Vorschlag?

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte den Beschäftigten angesichts der hohen Inflationsrate ein "kräftiges" Plus versprochen. Dass ihn die 12,82 Euro nun nicht gerade begeistern, daraus macht der Bundesarbeitsminister keinen Hehl. Doch er wird den Vorschlag per Verordnung eins zu eins umsetzen. Dazu ist er zwar nicht gezwungen. Täte er es aber nicht, würde der Mindestlohn entweder nicht steigen oder aber die Regierung würde erneut – anders als versprochen – per Gesetz beim Festsetzen des Mindestlohns eingreifen, ihn wohl deutlicher erhöhen wollen. Dies wäre mit der FDP wohl schwer durchsetzbar (gewesen). Namhafte Fachleute sähen darin außerdem einen Verstoß gegen die im Grundgesetz festgelegte Tarifautonomie.

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