Die Bundesregierung will die technischen Komponenten des 5G Mobilfunknetzes in Deutschland genauer unter die Lupe nehmen. Die Sorge: chinesische Bauteile, die zur Spionage benutzt werden können. Die USA haben bereits vor zehn Jahren gewarnt.
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Die Bundesregierung will die technischen Komponenten des 5G Mobilfunknetzes in Deutschland genauer unter die Lupe nehmen.

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Was bringt ein Verbot chinesischer Mobilfunktechnik?

Die Bundesregierung will das 5G Mobilfunknetz in Deutschland genauer unter die Lupe nehmen. Die Sorge: chinesische Bauteile, die zur Spionage taugen. Die USA haben bereits vor zehn Jahren gewarnt und leiden jetzt unter den eigenen Auflagen.

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Das schnelle Mobilfunknetz 5G gehört zur kritischen Infrastruktur in Deutschland. Telefonate laufen genauso über das Netz wie große Datenmengen. Speditionen überwachen damit ihre Lkw-Flotten, in ländlichen Regionen mit schlechtem Internetausbau lassen sich YouTube und Netflix streamen. Wasserschleusen, Heizungsanlagen, Erntemaschinen sind mit dem 5G-Netz verbunden und können aus der Ferne gesteuert werden. Doch je enger das Datennetz mit Anwendungen des täglichen Gebrauchs verbunden ist, umso mehr machen sich Sicherheitskreise Sorgen. Besonders Bauteile chinesischer Hersteller stehen dabei im Fokus. Sie könnten Telefonate belauschen, Daten abfangen und im schlimmsten Fall, so eine der Befürchtungen, Infrastruktur sabotieren.

US-Regierung hat Deutschland immer wieder freundlich gewarnt

Die USA haben in den vergangenen Jahren sowohl auf nachrichtendienstlichen Kanälen als auch im direkten Austausch mit Olaf Scholz' (SPD) Vorgängerin Angela Merkel (CDU) die Bundesregierung vor den Gefahren chinesischer High-Tech-Komponenten gewarnt. Während es in Deutschland offenbar erst einen Ukraine-Krieg brauchte, um sich Gedanken zum Schutz der eigenen Infrastruktur zu machen, haben Amerikaner und Kanadier damit schon vor mehr als zehn Jahren angefangen.

Seit 2008 stehen chinesische Firmen in den USA unter Beobachtung

Vorsichtig ist man in den USA bereits im Jahr 2008 geworden. Damals hat der Mobilfunk- und Netzwerkausrüster Huawei mit Sitz in Shenzhen, Guangdong versucht, das US-Unternehmen 3Com zu übernehmen. Der Parlamentsausschuss für Auslandsinvestitionen (CFIUS) hat damals die Übernahme untersagt. Die Gründe: zwielichtige Geschäfte von Huawei im Iran und eine große Nähe von Huawei-Gründer Ren Zhengfei zum kommunistischen Regime in Peking. Bevor der heute 78-jährige den Misch-Technologie-Konzern startete, hat er viele Jahre in einem chinesischen Militärlabor gearbeitet und sich dort wohl vor allem mit IT-Themen beschäftigt.

Probleme mit Huawei und ZTE

Neben Huawei haben die US-Behörden auch den halbstaatlichen chinesischen Telekommunikationsausrüster ZTE im Verdacht, die nationale Sicherheit der USA zu bedrohen. Schon 2012 hat der Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses in einem Bericht vor beiden Unternehmen gewarnt: "Auf der Grundlage verfügbarer klassifizierter und nicht klassifizierter Informationen kann nicht darauf vertraut werden, dass Huawei und ZTE frei von ausländischem Staatseinfluss sind und somit eine Sicherheitsbedrohung für die Vereinigten Staaten und unsere Systeme darstellen."

Sogar in Deutschland war ZTE schon 2016 dem Verfassungsschutz aufgefallen. ZTE-Manager sollen Mitarbeitende der Deutschen Telekom bestochen und Firmengeheimnisse abgeschöpft haben.

"Rip and Replace"

Seit 2012 also hat man in den USA versucht, chinesische IT-Komponenten aus der militärischen Infrastruktur zu verbannen. 2019 zog der damalige US-Präsident Donald Trump die Daumenschrauben noch etwas enger: Seit 2020 ist es verboten, staatliche Gelder für den Kauf von IT-Komponenten von Huawei und ZTE zu verwenden. Die Regierung startete außerdem ein so genanntes "Rip and Replace"-Programm. Damit sollten bestehende Komponenten aus der Infrastruktur entfernt werden.

Erlasse ohne Wirkung

Knapp zwei Jahre später erließ US-Präsident Joe Biden ein weiteres Dekret, das es mehreren chinesischen Unternehmen - darunter auch Huawei und ZTE - verbietet, Netzwerkausrüstung in den USA zu installieren. Was als entschiedenes Durchgreifen des US-Präsidenten verkauft werden sollte, entpuppte sich später als laues Lüftchen: Kleinlaut musste die Telekommunikationsbehörde FCC einräumen, mehr als 3.000 Anträge von Huawei seit dem Jahr 2018 für den Einbau in amerikanische Kommunikationsnetze genehmigt zu haben.

Huawei gibt sich unschuldig

Huawei selbst bestreitet seit Jahren, dass seine Geräte eine Bedrohung darstellten. Immer wieder hat sich die chinesische Regierung schützend vor die IT-Unternehmen gestellt und die Amerikaner kritisiert. Ein Vorwurf lautete, die USA wollten nur eigene Unternehmen protegieren und unter dem Deckmantel der Sicherheitsbedrohung chinesische Firmen unterdrücken.

Die "Dauer-Sorge" der Amerikaner um die chinesischen Tech-Unternehmen hat letztlich zur Verschlechterung der Beziehungen beider Länder wesentlich beigetragen.

Huawei selbst hat die Verbannung aus den USA auch wirtschaftlich zu spüren bekommen. Das Unternehmen ist in der der aktuellen Fortune Global 500-Liste von Platz 44 auf Platz 96 zurückgefallen. Der Umsatz ging im Jahr 2021 um 23,6 Prozent auf 98,7 Milliarden Dollar zurück.

Huawei hat von US-Verboten auch profitiert

Doch die US-Verbote hatten auch einen positiven Effekt auf das Unternehmen: Es war gezwungen, seine Geschäftsbereiche zu diversifizieren. Es hat sein Cloud-Geschäft ausgebaut und ein eigenes Mobiltelefon-Betriebssystem entwickelt, das die Abhängigkeit von Googles Android-Betriebssystem verringern soll.

Die vollmundigen Erlasse US-Regierung haben anscheinend aber kaum Wirkung entfacht. Viele "China-Komponenten" befinden sich noch immer in US-Mobilfunknetzen. Von "Rip and Replace" keine Spur. Selbst in Militäreinrichtungen sollen noch hunderte Geräte in Betrieb sein.

Notfall-Netze in den USA in Gefahr

Mittlerweile machen die staatlichen Dekrete den Amerikanern große Probleme. Unternehmen wie Huawei und ZTE haben sich notgedrungen aus dem Land zurückgezogen. Zurückgeblieben sind ihre Netzwerke, die nun langsam in den Jahre kommen und wegen des Import-Verbots den Austausch kaputter Komponenten verbietet. In ländlichen Gebieten droht mittlerweile ein Zusammenbruch der Notrufdienste, weil die chinesischen Hersteller die Wartung ihrer Geräte eingestellt haben.

USA verlieren bei 5G an Geschwindigkeit

Auch der Ausbau des 5G Netztes in den USA ist zwar nicht ins Stocken geraten. Die Amerikaner hinken aber im internationalen Vergleich hinterher. Die durchschnittliche 5G-Geschwindigkeit in den USA liegt bei rund 75 Megabit pro Sekunde. In chinesischen Städten liegt sie dagegen bei 300 Megabit pro Sekunde.

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