Nord-Stream-Gasleck in der Ostsee
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Nord-Stream-Gasleck in der Ostsee

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Nord-Stream-Sprengungen: Spuren führen in die Ukraine

Rund ein halbes Jahr nach den Explosionen an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 kommen die Ermittlungen offenbar voran. Spuren führen Berichten zufolge in die Ukraine. Die Regierung in Kiew streitet eine Beteiligung entschieden ab.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

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Nach einer gemeinsamen Recherche von ARD-Hauptstadtstudio, RBB, SWR und der "Zeit" konnten deutsche Ermittler weitgehend rekonstruieren, wie und wann die Sprengung der Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee im September vorbereitet wurde. Demnach führen Spuren in Richtung Ukraine. Allerdings haben die Ermittler bislang keine Beweise dafür gefunden, wer die Zerstörung in Auftrag gegeben hat.

Konkret ist es gelungen, das Boot zu identifizieren, das mutmaßlich für die Geheimoperation verwendet wurde. Es soll sich um eine Jacht handeln, die von einer Firma mit Sitz in Polen angemietet worden sei, die offenbar zwei Ukrainern gehört.

Sprengstoffspuren in einem Boot gefunden

Ein Team aus sechs Personen soll den Anschlag durchgeführt haben: Fünf Männer und eine Frau - ein Kapitän, zwei Taucher, zwei Tauch-Assistenten und eine Ärztin.

Das Kommando soll den Ermittlungen zufolge am 6. September von Rostock aus mit der gecharterten Jacht in See gestochen sein. Die Ausrüstung für die Geheimoperation sei vorher mit einem Lieferwagen in den Hafen transportiert worden, heißt es.

Nach Rückgabe der Jacht konnten deutsche Ermittler Sprengstoffspuren im Inneren des Bootes feststellen. Doch auch wenn Spuren des Vorgangs in die Ukraine führen, ist es den Ermittlern bislang nicht gelungen, herauszufinden, wer die mutmaßliche Tätergruppe beauftragt hat.

False-Flag-Operation nicht ausgeschlossen

In internationalen Sicherheitskreisen wird nicht ausgeschlossen, dass es sich auch um eine sogenannte False-Flag-Operation handeln könnte. Das bedeutet, es könnten bewusst Spuren gelegt worden seien, die auf die Ukraine als Verursacher hindeuten.

Explosionen hatten im September in den Wirtschaftszonen Schwedens und Dänemarks in der Ostsee mehrere Lecks in die Pipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 gerissen, die für den Transport von russischem Gas nach Deutschland gebaut worden waren. Die Pipelines waren zum Zeitpunkt der Explosionen nicht in Betrieb, enthielten aber Gas. Nach Angaben Schwedens steckt Sabotage hinter dem Vorfall. Demnach wurden Sprengstoffreste nachgewiesen.

USA gehen von pro-ukrainischer Gruppe aus

Über die Frage, wer hinter der mutmaßlichen Sabotage steckt, hat es viele Spekulationen gegeben. Verdächtigt wurde unter anderem Russland selbst - auch wenn unklar blieb, warum die Regierung in Moskau Pipelines sprengen sollte, die für den Export von russischem Erdgas bestimmt sind.

Die USA vermuten einem Bericht zufolge inzwischen, dass eine pro-ukrainische Gruppe hinter dem Anschlag steckt. Es gebe jedoch keine Beweise, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj oder seine führenden Leutnants daran beteiligt gewesen seien oder dass Einzeltäter auf Geheiß irgendwelcher ukrainischer Regierungsvertreter agiert hätten, berichtete die "New York Times" am Dienstag.

Der Zeitung zufolge räumten die US-Regierungsvertreter ein, dass vieles noch unklar sei - etwa wer genau die Sprengungen verübt, wer sie angeordnet und wer den Einsatz finanziert habe. Es gebe aber Hinweise darauf, dass es sich um Gegner des russischen Präsidenten Wladimir Putin handle.

Ukraine: Haben nichts mit den Explosionen zu tun

Die Ukraine streitet eine Beteiligung entscheiden ab. Die Regierung in Kiew sei "absolut nicht verwickelt" in den Sabotage-Akt, sagte Präsidentenberater Michailo Podoljak der Nachrichtenagentur Reuters. Auf Twitter schrieb er: "Obwohl ich gerne amüsante Verschwörungstheorien über die ukrainische Regierung sammle, muss ich sagen: Die Ukraine hat nichts mit dem Ostsee-Vorfall zu tun." Kiew habe auch keine Informationen über pro-ukrainische Sabotagegruppen.

Bundesregierung verweist auf laufende Ermittlungen

Die Bundesregierung äußerte sich zurückhaltend. Eine Regierungssprecherin in Berlin erklärte: "Der Generalbundesanwalt (GBA) ermittelt seit Anfang Oktober 2022 in der Sache. Er hat damit die Hoheit über das Verfahren. Darüber hinaus laufen Untersuchungen in Schweden und Dänemark zu den Explosionen, jeweils unter Federführung der dortigen nationalen Behörden." Zuletzt hätten Schweden, Dänemark und Deutschland vor wenigen Tagen den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen darüber informiert, dass die Untersuchungen liefen und es noch kein Ergebnis gebe.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, man wisse, dass es ein Angriff, eine Sabotage war. Es wäre falsch, vor Abschluss der Untersuchungen darüber zu spekulieren, wer dahinterstecke.

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