Firmenschild von Franka Emika an einem Bürogebäude in München.
Bildrechte: BR/Arne Meyer-Fünffinger

Der Robotics-Hersteller gilt als Vorzeige-Start-up in Bayern.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Subventionsbetrug? Vorzeige-Start-up holen Ermittlungen ein

Das Robotics-Unternehmen "Franka Emika" aus München gilt seit langem als Vorzeigeunternehmen. Doch seit Wochen hat ein Insolvenzverwalter das Sagen. Zudem laufen nach BR-Informationen Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts des Subventionsbetrugs.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Jahrelang kennt die Erfolgskurve des 2016 gegründeten Robotic-Start-ups "Franka Emika" nur eine Richtung – nach oben. Im November 2017 zeichnet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Firma mit dem Deutschen Zukunftspreis aus.

"Die Preisträger haben ein neuartiges Konzept für kostengünstige, flexible und intuitiv bedienbare Roboter entwickelt. Es macht Automaten zu Helfern des Menschen", so die Begründung. Das renommierte US-Magazin "Time" nimmt einen Roboter-Arm von Franka Emika kurz darauf in die Liste der besten Erfindungen 2018 auf.

Auch die Staatsregierung in Bayern schmückt sich mit dem Unternehmen. Ministerpräsident Markus Söder lädt den Firmengründer im April 2023 in seinen Podcast "Auf eine weiß-blaue Tasse" ein. Eine gute halbe Stunde plaudern beide über Künstliche Intelligenz, der CSU-Politiker lobt ihn als "Glücksfall für Bayern". Das Wirtschaftsministerium zählt Franka Emika auf der Webseite "Invest in Bavaria" lange neben anderen Mittelständlern und Großunternehmen zum Kreis der "Erfolgsbotschafter" des Freistaats.

Insolvenzantrag von Franka Emika

Doch Ende August 2023 stellt das Unternehmen einen Insolvenzantrag. "Die mit potenziellen Investoren laufenden Gespräche waren zuletzt aufgrund von Differenzen auf Ebene der Gesellschafter der Franka Emika GmbH nicht zum Abschluss gebracht worden, was auch die künftige Finanzierung des Unternehmens beeinträchtigt hatte", so der Insolvenzverwalter in einer Pressemitteilung.

Deutlich früher beginnt eine Geschichte, die Franka Emika bis heute beschäftigt. In der Corona-Pandemie geht es dem Start-up wie anderen Unternehmen auch: Die Finanz-Decke wird dünner. Im Frühjahr 2020 beantragt Franka Emika Kurzarbeit. Außerdem bemüht es sich um Fördermittel aus dem "BayernFonds“. Den hat das Wirtschaftsministerium Bayerns für Unternehmen aufgelegt. Das Ziel: "Überwindung von Liquiditätsengpässen".

Mitarbeiter schreiben anonyme E-Mail an Aiwanger

Ab Herbst 2020 wenden sich Beschäftigte des Unternehmens nach Informationen von BR Recherche mehrfach an die Arbeitsagentur in München und im Frühjahr 2021 auch an Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Nach Ansicht dieser Mitarbeiter liege bei Franka Emika Subventionsbetrug vor, schließlich habe das Unternehmen 2020 "Kurzarbeitergeld beantragt und bekommen", ein nicht unwesentlicher Teil der Mitarbeiter habe aber voll weitergearbeitet – "in manchen Fällen Wochen, in anderen Monaten". Sie fügen diesen E-Mails Dokumente bei und unterzeichnen mit "Die Franka Emika Mitarbeiter".

Hubert Aiwanger schreiben sie über eine private E-Mail-Adresse und über sein Bürgerbüro an. Darin enthalten: Warnungen "vor einem Investment" in die Firma mithilfe des BayernFonds: "Ein Betrug am Staat, insbesondere zu einem Zeitpunkt, wo wir ihn zeitgleich um kritischen Beistand bitten, verträgt sich nicht mit unserem Selbstverständnis und mit unserem Verständnis von Franka Emika."

2021 fließt das Geld trotzdem - 15,1 Millionen Euro aus dem BayernFonds an Franka Emika, wie das Wirtschaftsministerium dem BR auf Anfrage mitteilt. Seit seiner Gründung hat das Unternehmen auch aus anderen Fördertöpfen des Freistaats sowie vom Bund Gelder erhalten, in der Summe etwa 20 Millionen Euro.

Zu den in den E-Mails vorgebrachten Warnungen äußert sich das Ministerium nicht. Auch die Arbeitsagentur München schweigt – "aus datenschutzrechtlichen Gründen", so ein Sprecher. Nach BR-Recherchen hat die Arbeitsagentur die Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten bei Franka Emika an die Strafermittler weitergegeben. Wie der Wirtschaftsminister damit umgegangen ist, bleibt unklar. Ein Ministeriumssprecher verweist an die Staatsanwaltschaft München. Auffällig ist: Zum Kreis der "Erfolgsbotschafter" scheint Franka Emika nicht mehr zu gehören, zumindest taucht das Unternehmen auf der Ministeriums-Webseite "Invest in Bavaria" inzwischen nicht mehr auf.

Anfangsverdacht des Subventionsbetrugs – Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Staatsanwaltschaft München I leitet 2021 tatsächlich ein Ermittlungsverfahren ein – "wegen des Anfangsverdachts des Subventionsbetrugs", so die Behörde auf BR-Anfrage. Und sie betont, es gelte die Unschuldsvermutung, das Verfahren laufe noch. Insolvenzverwalter Matthias Hofmann teilt schriftlich mit: "Die Ermittlungen richten sich […] ausschließlich gegen ehemalige Verantwortliche des Unternehmens, nicht gegen die aktuelle Geschäftsführung."

Nach BR-Informationen stehen drei frühere Geschäftsführer im Fokus der Ermittlungen. Sie haben auf entsprechende Anfragen des BR nicht reagiert bzw. die Vorwürfe zurückgewiesen und mitgeteilt, sich wegen des laufenden Verfahrens nicht weiter zu äußern.

Nach Angaben des Landeskriminalamts Bayern haben Behörden im Freistaat zwischen 2020 und 2023 "knapp 2.000 Vorgänge mit dem Delikt des Subventionsbetruges" im Zusammenhang mit Corona-Hilfsmaßnahmen geführt. Die potenzielle Schadenssumme liege bei etwa 75 Millionen Euro. Allerdings können die Behörden nicht differenzieren, um welche Hilfen es dabei jeweils geht.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!