Ein Stromzähler, der in einem Haus die verbrauchten Kilowattstunden anzeigt.
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Ein Stromzähler, der in einem Haus die verbrauchten Kilowattstunden anzeigt.

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Strompreise: Warum Verbraucher zu viel zahlen

Die Strompreise für Haushalte sind im Zusammenhang mit der Energiekrise im vergangenen Jahr extrem gestiegen. Inzwischen sind die Großhandelspreise wieder gefallen. Doch was ist mit den Preisen für Verbraucher? Und welchen Einfluss hat der Wohnort?

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Die Strompreise sind in den vergangenen Wochen deutlich gesunken – zumindest an den Börsen. So manche Verbraucher fallen allerdings trotzdem fast vom Stuhl, wenn sie ihre Stromrechnung sehen, denn diese ist oftmals extrem hoch. Zudem zahlen manche Stromkunden deutlich mehr pro Kilowattstunde (KWh) als andere, je nach Wohnort. Warum ist das so und was können Verbraucher dagegen tun?

Verbraucher: Strompreiserhöhung "absoluter Schock"

Paul Gelbmann aus München verbraucht in seinem Haushalt Strom – wie alle anderen Verbraucher in Bayern auch. Was ihn ärgert: Sein Stromversorger verlangt dafür richtig viel Geld. Die Stadtwerke München haben zum 1. Januar die Preise erhöht. Um fast 150 Prozent. "Das war ein absoluter Schock", beschreibt Gelbmann die Situation. "Klar, man hat Verständnis, hat erwartet, dass es teurer wird, aber so teuer aus dem Nichts. Das war wirklich ein Schock."

Der Arbeitspreis pro Kilowattstunde wurde bei ihm in der Grundversorgung von 24,97 auf 61,89 Cent angehoben. Zwar greift die staatliche Strompreisbremse ab 40 Cent, aber nur für einen Teil des Verbrauchs. Für Paul Gelbmann wird es teurer, weil er in München wohnt. "Was man hört von Freunden und Bekannten, auch innerhalb Bayerns, sind die Preise anscheinend nur in München so hoch", berichtet Gelbmann.

  • Zum Artikel: Trotz Preisbremse - Warum steigen die Energiekosten?

Hohe Preisunterschiede in Bayern

Nach Recherchen der BR-Redaktion mehr/wert kostet die Kilowattstunde bei Bayerns Grundversorgern unterschiedlich viel. Meist sind es zwischen 30 und 50 Cent. Vergleichsweise günstig ist es in Ostbayern – vor allem in Passau. Sehr unterschiedliche Preise also, aber alle günstiger als in München. Ingolstadt etwa liegt nicht einmal 70 Kilometer von München entfernt, doch beim Strompreis liegen Welten zwischen den beiden Städten. Aber warum können die Stadtwerke Ingolstadt den Verbrauchern den Strom mehr als 20 Cent billiger anbieten?

"Wir sind als Stadtwerk natürlich tendenziell eher risikoavers unterwegs, das heißt der Energieeinkauf ist eher langfristig orientiert", erklärt Matthias Bolle, Geschäftsführer der Stadtwerke Ingolstadt Energie. "Und wir haben in den letzten Jahren schon frühzeitig Energie eingekauft. Das heißt also in 2022, als die Krise losgelaufen ist, konnten wir die Preise noch stabil halten." Man habe große Beschaffungsmengen aus 2020 und 2021, "sodass wir immer noch günstige Beschaffungspositionen und Renner haben. Und deswegen sind wir halt unterhalb dieser magischen Grenze von 40 Cent."

Warum ist der Strom in München so teuer?

Das heißt, der Strom ist so günstig, dass die Strompreisbremse hier nicht einmal greift. Der Steuerzahler muss also nicht draufzahlen. Anders als bei den Stadtwerken München. Die BR-Redaktion mehr/wert fragte dort nach: Warum ist der Strom in München so teuer?

Die SWM haben die Mengen für das Lieferjahr 2023 größtenteils in 2022 zu den damals für das Lieferjahr 2023 leider sehr teuren Großhandelspreisen beschafft. Die derzeit gültigen Arbeitspreise der SWM spiegeln diese Beschaffungspreise für die aktuellen Liefermengen wider. Stadtwerke München

Ursache für hohe Preise oft undurchsichtig

Beim Bund der Energieverbraucher kann man diese Begründungen nicht nachvollziehen. "Wenn jetzt einige Versorger sehr hohe Preise im Vergleich zum Beispiel zur Nachbargemeinde verlangen, dann ist es natürlich ein Indiz dafür, dass sie sich entweder einen exorbitant hohen Gewinn gönnen oder sie schlecht gewirtschaftet haben", erläutert Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. "Und es gibt beides." Das sei für Verbraucher allerdings nicht unmittelbar zu unterscheiden. "Hat der schlecht eingekauft oder ist er sehr raffgierig?"

Hohe Beschaffungspreise sollen also die hohen Preise rechtfertigen. Doch verstehen können das viele Verbraucher kaum. Und nicht einmal die Kollegen anderer Stadtwerke. Matthias Bolle von den Stadtwerken Ingolstadt sagt: "Aus unserer Sicht sind diese Preise nicht ganz nachvollziehbar. Also ich gehe davon aus, dass auch die Stadtwerke München eher ein bisschen risikoaverser unterwegs sind. Und deswegen wundern wir uns insgesamt in der Branche ein bisschen über diese Preise."

Kooperation zwischen Stadt- und Gemeindewerken

Auch Dominik Schwegler kann die Preispolitik der Münchener nicht nachvollziehen. Der Geschäftsführer der verhältnismäßig kleinen Stadtwerke Freising bietet seinen Kunden derzeit in der Grundversorgung einen Preis von knapp unter 40 Cent an. Möglich macht das vor allem eine Kooperation mit anderen Stadtwerken in der Umgebung. Das Motto: Gemeinsam ist man stark. Auch in Krisenzeiten. "Ich kann mir das nicht vorstellen, dass man das allein als einzelnes Stadtwerk in unserer Größenordnung geschafft hätte", so Schwegler.

In Hallbergmoos in der Nähe des Münchener Flughafens liegt die Firma KOS, die für die Freisinger Stadtwerke und elf weitere Stadt- und Gemeindewerke im südbayerischen Raum Strom einkauft. Zum Teil lang- und mittelfristig, aber auch in Echtzeit zum aktuellen Börsenpreis. So versucht die KOS einerseits für möglichst günstige Preise zu sorgen, andererseits auch für Preisstabilität. Und die war zu Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wichtig, als die Energiepreise in die Höhe schnellten – bis zum August 2022. Doch inzwischen hat sich der Markt wieder beruhigt. Der Strom kostet nun zum Teil weniger als zu Beginn des Krieges.

Davon hat Paul Gelbmann als Kunde der Stadtwerke München nur wenig. Zwar senken diese zum 1. April den Preis in der Grundversorgung, liegen damit aber immer noch über den Preisen vieler anderer bayerischen Versorger.

Hohe Nachfrage bei Verbraucherberatungsstellen

Paul Gelbmanns Mutter Susanne ist Beraterin beim Verbraucherservice Bayern im Ingolstädter Büro. Aktuell kommen sehr viele Verbraucher, die wegen hoher Strompreise und gestiegener Abschlagszahlungen verunsichert sind und bei ihr Rat suchen. "Die Preise sinken auf breiter Front und da lohnt sich der Wechsel auch bei geringem Energieverbrauch", sagt Susanne Gelbmann.

Auch die Beratungsstelle in Ingolstadt selbst ist erst vor kurzem zu einem anderen Anbieter gewechselt. "Wir haben 200 Euro gespart durch den Anbieterwechsel", sagt Susanne Gelbmann. Das sei ein Fünftel des Energiepreises für das ganze Jahr.

Kosten senken durch Anbieterwechsel

Es lässt sich also viel Geld sparen durch den Wechsel des Stromanbieters. Bei Check24 in München, einem von mehreren großen Vergleichsportalen im Internet, spürt man derzeit ein verstärktes Interesse der Verbraucher am Strompreis-Vergleichsrechner des Unternehmens. Und der Markt bietet durchaus auch wieder günstige Strompreise an.

"Die Stromtarife sind aktuell so günstig wie seit Ende 2021 nicht mehr", berichtet Steffen Suttner von Check24. Als Beispiel führt Suttner an, dass etwa ein Einfamilienhaushalt mit 5.000 KWh Verbrauch im Jahr ein Einsparpotenzial von bis zu 400 Euro im Durchschnitt pro Jahr habe.

  • Zum Artikel: Der Strompreis steigt: Was kann ich tun?

Sparen auch ohne Anbieterwechsel

Oft müsse man den Anbieter gar nicht wechseln, um weniger zu bezahlen, berichten Verbraucherschützer. Wer das Gefühl habe, sein Tarif sei zu teuer, könne sich an seinen Versorger wenden und nachfragen, ob es nicht einen günstigeren Tarif gebe und dabei auch mit einbeziehen, das manchmal für Neukunden die Tarife günstiger seien als für Bestandskunden, empfiehlt Sylvia Enzner vom Verbraucherservice Bayern. "Man kann ja auch verhandeln. Man kann sagen: 'Ich bleibe bei Ihnen. Aber ich möchte diesen günstigeren Tarif haben.'" Verbraucher wie Paul Gelbmann können also beim Strom viel Geld sparen. Egal, ob sie den Anbieter wechseln oder nicht.

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