Mitarbeiter eines Labors mit Blutprobe
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Kritik an der Krebs-Vorsorge Versicherung Krebs-Scan

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Neue Kritik an Krebs-Vorsorge-Versicherung

Letzte Woche hatte der BR scharfe Kritik von Medizinerinnen und Medizinern an einem neuen Versicherungspaket zur Krebsfrüherkennung öffentlich gemacht. Jetzt kommen weitere Kritikpunkte aus der Deutschen Krebsgesellschaft.

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In einem Versicherungspaket namens Krebs-Scan bezahlt der Hamburger Versicherer HanseMerkur einen jährlichen Bluttest. Der Test soll Hinweise auf eine mögliche Krebserkrankung geben. Bei einem positiven Ergebnis zahlt die Versicherung weitergehende Untersuchungen, etwa mit Positronen-Emissions-Tomographie, kurz PET/CT. Eine wichtige Rolle bei den Informationen zu Krebs-Scan spielt eine Studie der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf (UKE).

Die Arbeitsgemeinschaft Prävention und integrative Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft hat jetzt eine schriftliche Einschätzung zu der Studie des UKE vorgelegt. Darin heißt es wörtlich unter anderem: "Die Daten der Publikation belegen keinen Vorteil für eine Krebsfrüherkennung mit dem Ziel der besseren Krebsheilung. Die Publikation enthält eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Unzulänglichkeiten."

Warnung vor Risiken

Die Studie des Hamburger Uniklinikums liefert nach Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft der Krebsgesellschaft also keine Belege für einen Nutzen des Krebs-Bluttests. Gleichzeitig heißt es in der Stellungnahme: "Die einzigen aus der Studie entnehmbaren wissenschaftlichen Hinweise sind allenfalls das Schadenspotential durch eine Verunsicherung bei positiven und unklaren Laborbefunden oder bei unklaren Ergebnissen der Bildgebung und die Strahlenbelastung durch die Untersuchungen."

Vorwurf der "Scharlatanerie"

Am 19. Juli bereits hatte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Prävention und integrative Onkologie, Jutta Hübner, im BR das Versicherungspaket Krebs-Scan scharf kritisiert. Die Medizinprofessorin der Uni Jena sprach wörtlich von "Scharlatanerie". Auch verschiedene Medizinprofessoren anderer Universitäten übten im Gespräch mit dem BR deutliche Kritik an Krebs-Scan.

Anbieter sehen Nutzen für Patienten

Die HanseMerkur hält trotz der Kritik an ihrem Angebot fest. Nach Einschätzung des Versicherers ist Krebs-Scan eine geeignete Ergänzung zu Krebsfrüherkennungsmaßnahmen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt werden. Die UKE-Studie, die bei den Informationen zu Krebs-Scan eine wichtige Rolle spielt, zeige, "dass ein auffälliger Bluttest in acht von zehn Fällen einen korrekten Hinweis auf Krebs oder eine Krebsvorstufe liefert", erklärt die Versicherung und ergänzt: "Bislang wurden an uns keinerlei Erkenntnisse herangetragen, die dieses Ergebnis infrage stellen." Gleichzeitig erklärt die HanseMerkur: "Wir verfolgen die mediale Berichterstattung intensiv und nehmen die darin geäußerte Kritik sehr ernst."

Keine Stellungnahme der Hamburger Uniklinik

Die Uniklinik Hamburg-Eppendorf gibt derzeit keine Stellungnahme zur Kritik an der UKE-Studie ab, die bei den Informationen zur Krebs-Scan-Versicherung eine wichtige Rolle spielt. Die Universität habe ein offizielles Ombudsverfahren begonnen, um die Vorwürfe aufzuklären, erklärt die UKE-Pressestelle. Während dieses Verfahrens gebe es keine Informationen nach außen. Der UKE-Studie wurden von mehreren Seiten, darunter der Krebsgesellschaft methodische Mängel vorgeworfen. Durch Nachfragen des BR war auch bekannt geworden, dass in der Studie zunächst nicht vermerkt war, dass sie vom Hersteller des Bluttests finanziert wurde, der Gegenstand der Studie war. Solche sogenannten Interessenskonflikte anzugeben, gilt in wissenschaftlichen Veröffentlichungen in der Medizin als professioneller Grundstandard. Erst nach den Recherchen des BR wurde der Interessenskonflikt nachgetragen, 14 Monate nach der Veröffentlichung.

Skepsis bei Warentest

Auch die Stiftung Warentest hat sich mittlerweile mit Krebs-Scan beschäftigt. Warentest hat allerdings nicht die Kritik etwa aus der Deutschen Krebsgesellschaft in den Mittelpunkt der Bewertung gestellt, sondern unter anderem eine Einschätzung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), also des obersten Entscheidungsgremiums im deutschen Gesundheitswesen. Dem GBA seien "keine Studien bekannt, die belegen, dass der Bluttest eine bessere Früherkennung bietet als derzeit angewandte Methoden", schreibt die Stiftung Warentest.

Außerdem hat Warentest auch die Anfahrtszeiten zu den Untersuchungen, die mit Krebs-Scan verbunden sind, in seine Bewertung einbezogen, sowie den Preis der Police und kommt zum Ergebnis: "Verzichtbar."

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