Die Verkäuferin in einem Buchladens scannt das Buch ihrer Kundin an der Kasse ein.
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Wie ein Kulmbacher Buchladen der Krise trotzt

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Einzelhandel in Kleinstädten: Zwischen Leerstand und Kundennähe

Pandemie, Inflation und der Online-Handel setzen den traditionellen Ladengeschäften zu. Die Händlervereinigung in Kulmbach stemmt sich gegen den negativen Trend, um die Einkaufsstadt zu erhalten und Leerstand zu bekämpfen. So geht sie vor.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Romane links, Kochbücher rechts, dazwischen ein paar Reiseführer – das war einmal. Buchhandlungen müssen heute oft mehr bieten. Deswegen legt Christine Friedlein großen Wert darauf, ihrer Kundschaft eine fundierte Beratung anzubieten sowie Liefer-, Umtausch- und Rückgabeservice oder spezielle thematische Angebote vorzuschlagen.

Zusätzlich gibt es eine Kaffeemaschine und Leseecken in dem Kulmbacher Geschäft. Auch Lesungen, Diskussionen und kleine Konzerte werden angeboten. Die Buchhandlung ist somit ein Treffpunkt zum Reden und Diskutieren, zum Lesen und Innehalten.

Das Konzept, von der Inhaberin erdacht und über die Jahre ausgebaut, kommt an. Zweimal ist Friedlein bereits innerhalb der Kulmbacher Innenstadt umgezogen, jedes Mal hat sie sich vergrößert. Die Buchhandlung befindet sich nun am Holzmarkt, wo die Langgasse beginnt - die Fußgängerzone und Einkaufsmeile in der Altstadt.

  • Lesen Sie hier: "Wie Nürnberg mit Leerständen in der Innenstadt umgeht"

Dilemma: Filialen der großen Handelsketten im Gewerbegebiet

In der Einkaufsstadt Kulmbach gibt es durchaus Geschäfte, die exklusives, besonderes anbieten. Qualitätsware ebenso wie solche für den täglichen Bedarf. Inhabergeführte Geschäfte befinden sich neben Handelsketten-Filialen, wie sie in fast jeder Stadt zu finden sind. Im Grunde gibt es alles. Wäschegeschäfte, Parfümerien, Läden für Bekleidung, Buchhandlungen, Juweliere, Blumen und Dekoration, Schreibwaren, Obst- und Gemüseläden. Dazu Cafés und traditionelle Gaststätten. Die Zutaten für ein Einkaufserlebnis – also das Bummeln, Einkaufen und Verweilen.

Doch es fehlen auch einige Geschäfte. Die beiden einstigen innerstädtischen Spielzeugläden beispielsweise, die gibt es schon lange nicht mehr. Auch alteingesessene Haushaltswaren- und Bekleidungsgeschäfte sind verschwunden. Dafür befinden sich nun in den Gewerbegebieten außerhalb der Innenstadt die Filialen der großen Handelsketten und Verbrauchermärkte.

Leerstand ist zurückgegangen

Die Leerstände in der Innenstadt ärgern Christine Friedlein. Die Buchhändlerin ist die Vorsitzende der Händlervereinigung "Unser Kulmbach". 16 Geschäfte suchen derzeit einen neuen Mieter. Immerhin: Der Leerstand war schon mal größer. In den vergangenen Jahren ist er sogar spürbar zurückgegangen: von 30 im Jahr 2007 auf 20 in 2016, auf inzwischen 16.

Am Wochenende eröffnet ein 24-Stunden-Laden in der Altstadt. Friedlein freut sich darauf und hofft, dass das neue Geschäft angenommen wird. In anderen Städten läuft so etwas schon und in manchen Dörfern ersetzen Automatengeschäfte die Dorfläden. In einigen unvermieteten Geschäften in der Langgasse stehen große Fototafeln in den Schaufenstern. Darauf sind alte Ansichten von Kulmbach aus den vergangenen 100 Jahren zu sehen – als noch Autos durch die Langgasse fahren durften, als es hier mal ein Kaufhaus gab. Die Fotos zeigen aber auch, dass es immer einen Wandel gab.

Händler und Stadt brauchen sich gegenseitig

Die Händlervereinigung sucht den Schulterschluss mit dem Rathaus. Bei einem Runden Tisch, bei einer offenen Diskussionsrunde mit Bürgerinnen und Bürgern und der Stadtspitze – 80 Händlerinnen und Händler standen dahinter. Am Ende kommen dann jedoch weniger von ihnen in die Stadthalle als angekündigt. Manche trauen sich nicht, das Wort zu ergreifen.

So geht es dann um Parkplätze, Parkregelungen, Ladezonen, An- und Abfahrtszeiten für Lieferanten und Kunden, Standorte von Weihnachtsbäumen. Da gibt es überall noch Nachbesserungsbedarf. Und es geht um Kommunikation. Da müsse sich die Stadt besser mitteilen, vor allem bei großen Veranstaltungen. Fragen die offenbleiben lauten etwa: Welche Straßen sind dann gesperrt, welche Umleitungen gibt es, wie kommen Lieferanten und Kunden zum Händler? Oberbürgermeister Ingo Lehmann (SPD) verspricht mehr Kommunikation.

Händlervereinigung will dranbleiben

Von seinem Amtszimmer im Rathaus blickt der Oberbürgermeister direkt auf den Marktplatz und in die Langgasse. Er sieht die gut laufenden Geschäfte und den Leerstand. Auch den Blumenladen von Karin Klinitzky im ehemaligen Ratskeller hat er im Blick. Klinitzky will Lehmann zum Gespräch in ihr Geschäft einladen, damit er ihre Probleme direkt mitbekommt.

Das stete Diskutieren hilft, Fördermöglichkeiten tun sich auf. Es gibt Mittel aus dem Städtebaufonds über die Regierung von Oberfranken – die könnten vielleicht schon nächstes Jahr abgerufen werden. Friedlein und die Händlervereinigung wollen dranbleiben und weiter Ideen entwickeln, Vorschläge machen, Aktionen starten, wie etwa die gut angenommenen Ladenkonzerte. Was die Händler oder Geschäftsinhaberinnen dann weiter daraus machen, muss abgewartet werden.

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