Hanno Berger, Steueranwalt, steht vor der Urteilsverkündung im Dezember 2022 im Gerichtssaal des Landgerichts Bonn (Archivbild)
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Hanno Berger, Steueranwalt, steht vor der Urteilsverkündung im Dezember 2022 im Gerichtssaal des Landgerichts Bonn (Archivbild)

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Cum-Ex-Prozess: Über acht Jahre Haft für Hanno Berger

Erst kontrollierte Hanno Berger als Finanzbeamter Banken. Dann etablierte er ein Geschäftsmodell, durch das der Fiskus um Milliarden geprellt wurde. Wird das Urteil rechtskräftig, muss "Mr. Cum-Ex" für acht Jahre und drei Monate in Haft - mindestens.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Das Landgericht Wiesbaden hat die Schlüsselfigur im Cum-Ex-Steuerskandal, Hanno Berger, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten verurteilt. Der 72-Jährige sei wegen Steuerhinterziehung in drei Fällen schuldig, entschied das Gericht am Dienstag (AZ: 6 KLs - 1111 Js 18753/21). Zudem sollen aus Bergers Vermögen Taterträge von knapp 1,1 Millionen Euro eingezogen werden.

Illegale "Rückerstattung" von nicht gezahlten Steuern

Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt hatte Berger vorgeworfen, von 2006 bis 2008 bei komplexen "Cum-Ex"-Aktiendeals mitgewirkt zu haben, die zur Rückerstattung von gar nicht entrichteten Steuern führten - in Summe 113 Millionen Euro. Bei den von Berger vermittelten Geschäften seien über frühere Beschäftigte der Hypovereinsbank Dax-Aktien im Wert von 15,8 Milliarden Euro gehandelt worden. Profiteur war ein inzwischen verstorbener Immobilieninvestor. Die Gewinne habe man aufgeteilt.

Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert

Das mögliche Höchstmaß für Berger hatte bei 15 Jahren gelegen. Die Anklage hatte eine Haftstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten gefordert, die Verteidigung hatte auf Freispruch für Berger plädiert.

Hanno Berger - der "Mr. Cum-Ex"

Berger ist die bekannteste Figur des Geschäftsmodells, das der Bundesgerichtshof im Jahr 2021 als Straftat gewertet hat. Er beriet Banken, Fonds und Investoren bei der Konstruktion der Cum-Ex-Deals und warb über sein Netzwerk vermögende Kunden ein. Dafür kassierte er Millionen. Einst war er Beamter in der hessischen Steuerverwaltung, später wechselte er die Seiten und machte sich als Steueranwalt selbstständig.

Berger hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und sich als Opfer eines Justizskandals dargestellt. Durch Flucht in die Schweiz hatte er sich jahrelang der deutschen Justiz entzogen.

Schaden für die Gesellschaft: über zehn Milliarden Euro

Berger hat zwar das Geschäftsmodell, bei dem Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch rund um den Dividendenstichtag verschoben wurden und gar nicht gezahlte Steuern erstattet wurden, nicht erfunden. Er gilt aber als Wegbereiter dafür, dass Cum-Ex in Deutschland im großen Stil betrieben werden konnte. Wegen der Deals, die ihre Hochphase zwischen 2006 und 2011 hatten und bei Banken weit verbreitet waren, büßte der deutsche Staat geschätzt mindestens zehn Milliarden Euro ein. 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen.

Gesamtstrafe von 15 Jahren möglich

Berger war im Februar 2022 ausgeliefert worden und wurde im vergangenen Dezember am Landgericht Bonn zu acht Jahren Haft verurteilt. Mit dem Urteil in Wiesbaden kann per nachträglichem Beschluss eine Gesamtstrafe von bis zu 15 Jahren gebildet werden.

Noch ist das Bonner Urteil aber nicht rechtskräftig. Berger hat dagegen Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

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