In den Schulen soll mehr Berufsbildung für mehr Orientierung bei den Jugendlichen sorgen.
Bildrechte: Akademie für philosophische Bildung/Julia Müller

In den Schulen soll mehr Berufsbildung für mehr Orientierung bei den Jugendlichen sorgen.

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Berufsorientierung an Schulen: Projekt soll Jugendliche leiten

Wer in die Schule geht, sollte nicht nur den Dreisatz lernen, sondern auch auf den späteren Lebensweg vorbereitet werden. Einige Schulen in Bayern bieten ein Projekt an, das grundlegende Fragen klären soll. Zum Beispiel: Was ist eigentlich Erfolg?

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Kaum ein politisches Thema wird so leidenschaftlich diskutiert und bei kaum einem Thema geht zugleich so wenig voran: die Bildung. Während die Bundesministerin für Bildung, Bettina Stark-Watzinger (FDP), sich heute zum Bildungsgipfel trifft, werden in einigen Schulklassen Stuhlkreise aufgestellt. Hier wie dort lautet das Ziel: Lösungen finden.

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Lösungssuche startet im Klassenzimmer

In Berlin sind es die Lösungen für die verfahrene Situation in einem unterfinanzierten Bildungssystem. In den Stuhlkreisen, beispielsweise in der Klasse 9a der Anne Frank Realschule in München, sind die Fragen deutlich grundlegenderer Natur: Wann fühlst du dich wohl? Was wünschst du dir für die Zukunft? Was bedeutet Erfolg für dich? "Erfolg ist, wenn man glücklich ist mit dem, was man macht", sagt eine Schülerin. Nicken in der Runde.

Dahinter steckt das Projekt "Berufungs!Orientierung", das die Akademie für philosophische Bildung gemeinsam mit der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) anbietet. Es gehe darum, mit einem "innovativen Ansatz" den Weg in den "passenden Beruf zu erleichtern", heißt es bei der vbw. So solle die Zahl der Schülerinnen und Schüler gesenkt werden, die die Schule abbrechen und das Projekt solle langfristig dabei helfen, Fach- und Arbeitskräfte zu sichern.

Philosophieren soll Weg zu passendem Beruf ebnen

In der Praxis ist der Ansatz dann tatsächlich ziemlich innovativ und ungewöhnlich für die Schülerinnen. Sie sollen in kleinen Gruppen eigene philosophische Fragen entwickeln, die dann gemeinsam diskutiert werden. Heute geht es in der 9a um die Frage, was die eigenen Schwächen und Stärken eigentlich mit der Berufswahl zu tun haben.

Für die Schülerinnen ist diese Frage tatsächlich relevant, schließlich werden statistisch gesehen zwei Drittel von ihnen im kommenden Jahr ihren Abschluss in der Tasche haben und in eine Ausbildung starten. Da ist es durchaus wertvoll zu wissen, was einem liegt – und was man sich unter einem erfüllten Leben vorstellt.

Schwächen in Stärken umwandeln

"Ich finde, man darf den Schwächen nicht immer nachgeben", sagt eine der Schülerinnen. "Aber manchmal gibt es eben auch Dinge, die man wirklich nicht kann", erwidert eine andere. Sie einigen sich darauf, dass man dann eben versuchen müsse, die Schwächen in Stärken umzuwandeln. Einige von ihnen haben das schon mal geschafft, zum Beispiel während ihres Berufspraktikums. Da seien sie anfangs sehr schüchtern gewesen, hätten kaum den Mund aufbekommen. Dann aber haben sie sich einen Ruck gegeben, "weil man ja sonst auch nichts lernt", und dann wurde es besser.

Diese Art der Reflexion sind die jungen Frauen aus ihrem Schulalltag nicht gewohnt. "Bei diesem Projekt lernen wir wirklich uns selber kennen", fasst eine von ihnen zusammen. "Wir schauen, was sind unsere Leidenschaften. Und so können wir ja auch schauen, welcher Beruf da zu uns passen würde.

Negative Einstellung zu Arbeit kommt oft aus dem Elternhaus

Mittlerweile ist das Projekt an rund 30 Schulen im Freistaat vertreten. Mit dabei sind Mittel- und Realschulen, Gymnasien, aber auch Auszubildende und Studierende. Um teilzunehmen, können die Schulen sich direkt an die Akademie für philosophische Bildung wenden. Aber auch die Schulämter und Arbeitsagenturen können sich gezielt an die Schulen wenden.

Die Leiterin des Projekts, Dr. Theres Lehn, berichtet, dass es am Anfang der Workshops oft so sei, dass die Jugendlichen sich Arbeit als notwendiges Übel vorstellen, um irgendwie den Lebensunterhalt zu bestreiten. "Viele bekommen das so von ihren Eltern vorgelebt", berichtet sie. Aber zum Ende hin würden viele Jugendlichen positiver, so Lehn: "Die verstehen dann oft erst, dass Beruf und Lebensfreude durchaus auch zusammengehören können."

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