Eine Kundin der Tafel Coburg kauft im November 2022 Joghurt und Pudding ein.
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Armut: Sozialverband fordert Preisdeckel auf Grundnahrungsmittel

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Armut: Sozialverband fordert Preisdeckel auf Grundnahrungsmittel

Die Zahl der Menschen in Bayern, die arm oder armutsgefährdet sind, steigt immer weiter. Das ist eine zentrale Aussage des VdK Bayern-Halbjahresberichts. Der Sozialverband fordert deshalb zum Beispiel eine Preisobergrenze für wichtige Lebensmittel.

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In Bayern gibt es immer mehr arme Menschen. Dem Sozialverband VdK Bayern zufolge sind vor allem Kinder und alte Menschen armutsgefährdet. Hinzu kommen fast 40 Prozent der Alleinerziehenden-Haushalte. In keinem anderen Bundesland würden so viele arme, alte Frauen leben, wie in Bayern. 26,5 Prozent der über 65-jährigen seien 2021 als armutsgefährdet eingestuft worden.

VdK: Alleinerziehenden gelingt Spagat aus Job und Familie oft nicht

Bei den Alleinerziehenden sieht der VdK Bayern sogar ein noch höheres Risiko, zu verarmen. Hier seien über 39 Prozent gefährdet, in die Armut abzurutschen. Offenbar gelinge Alleinerziehenden zu oft der Spagat zwischen Erwerbsleben und Kinderbetreuung nicht, so der VdK. Hier müssten ausreichend Angebote zur Verfügung stehen, damit Alleinerziehende und ihre Kinder der Armut entkommen.

Bei den unter 18-Jährigen seien in Bayern mehr als 17 Prozent von Armut betroffen – insgesamt rund 377.000 Kinder und Jugendliche. Ein Bildungsaufstieg sei für sie besonders schwer.

VdK fordert Preisdeckel auf Grundnahrungsmittel

Viele Haushalte hätten derzeit auch mit den Folgen der Inflation zu kämpfen. So herrsche etwa bei immer mehr Menschen eine echte Nahrungsknappheit. Das sei beschämend, so der VdK Bayern. Die Schlangen an den Tafeln, die Lebensmittel an Bedürftige verteilen, dürften nicht noch länger werden. Es müsse deshalb einen gesetzlichen Preisdeckel auf Grundnahrungsmittel in den Supermärkten geben.

Der Forderung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel abzuschaffen, will sich VdK Präsidentin Verena Bentele, die auch die Landesvorsitzende in Bayern ist, aber nicht anschließen. Man habe sich intensiv damit beschäftigt, so Bentele, und halte diese Idee für keine richtig tragfähige Lösung. Denn man wisse, dass der Handel Mehrwertsteuerstreichungen nicht in vollem Umfang an die Kundschaft weitergebe. Dem Handel gehe es in erster Linie um Profit. Ein Preisdeckel sei deshalb viel effektiver.

Wird Armut in Bayern klein gerechnet?

Der bayerischen Staatsregierung wirft der VdK vor, die Armut im Freistaat kleinzurechnen. Mit dem bayerischen Sozialministerium stehe man deshalb "quasi im Dauerclinch", so VdK Präsidentin Bentele. Es gehe im Kern um die Frage und "Deutungshoheit", was Armut eigentlich ist.

Der VdK halte sich hier an die wissenschaftlich gängige Methode, wonach ein Mensch dann armutsgefährdet ist, wenn er weniger als 60 Prozent des Durchschnittsbetrags der Einkommen von Privathaushalten zur Verfügung hat. Während der VdK die regionalen Einkommen als Vergleichsbasis heranzieht, den sogenannten "Landesmeridian", beharre die Staatsregierung auf einem Vergleich mit allen deutschen Haushalten. Dadurch stehe Bayern um einiges besser da, als es tatsächlich der Fall sei. Insbesondere in teuren Ballungsräumen müssten Sozialleistungen regional angehoben werden, so eine der vielen Forderungen des VdK.

Versäumnisse beim Ausbau der Barrierefreiheit

Versäumnisse sieht der Sozialverband auch beim Ausbau der Barrierefreiheit. Dies sei ein "Dauerthema". Bereits vor 10 Jahren habe die Staatsregierung das ehrgeizige Ziel ausgerufen, dass Bayern bis 2023 barrierefrei ist. In vielen öffentlichen Gebäuden, Gesundheitseinrichtungen oder im Wohnungsbau gebe es weiter Hindernisse. Bei Neu- und Umbauten müsse Barrierefreiheit denselben Stellenwert besitzen wie der Brandschutz. Also unverzichtbar sein.

Wie sehr Bayern selbst gesteckten Zielen hinterherhinkt, zeige der öffentliche Nahverkehr. Mehr als die Hälfte der Bahnhöfe und Haltepunkte in Bayern seien nicht barrierefrei.

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