Joshua Kimmich von München nach dem Spiel.
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Bayern München - RB Leipzig

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Ratlos, hilflos, kraftlos - Bayern zerbricht im Meisterendspurt

Der FC Bayern leckt nach dem 1:3 gegen RB Leipzig seine Wunden - und hat keine Erklärungen parat, wie ein Tabellenführer im Saisonendspurt so auseinanderfallen kann. Die Deutsche Meisterschaft wollen die Münchner trotzdem noch nicht abhaken.

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Mitunter sagt man Stadion-Discjockey ja einen recht eigenwilligen Humor und Musikgeschmack nach. Durch die Münchner Allianz Arena schallte am Samstagabend "The Scientist" der britischen Pop-Rocker Coldplay. Ein Lied über Sehnsüchte, aber auch Kraft- und Hilflosigkeit.

Wenige Minuten zuvor hatte der FC Bayern 1:3 gegen RB Leipzig verloren und damit möglicherweise entscheidende Punkte im Kampf um die deutsche Fußball-Meisterschaft liegengelassen. Hilfslos waren die Bayern zuvor über weite Strecken über den Platz getaumelt, die Sehnsucht nach dem elften Titel in Folge bleibt vermutlich unerfüllt.

"Niemand hat gesagt, es sei leicht. Niemand hat je gesagt, es würde so schwer werden", heißt es bei Coldplay. Aber so schwer? Bayern-Trainer Thomas Tuchel nahm die Niederlage nach außen mit einem gepflegten Galgenhumor auf, mit einem gelegentlichen zynisch wirkenden Lachen stapfte er nach dem Spiel zu den obligatorischen Interviews und in die Pressekonferenz.

Die enttäuschten FC-Bayern-Spieler Joshua Kimmich und Dayot Upamecano
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Die enttäuschten FC-Bayern-Spieler Joshua Kimmich und Dayot Upamecano

Thomas Tuchel: "An allen Dingen zu wenig"

"Ich würde es nicht als dumm bezeichnen", sagte Tuchel in einer ersten Analyse zum Spiel in der Mixed Zone. Die ersten 30 Minuten seien noch "O.k." gewesen, "gut genug, um verdient 1:0 zu führen." Aber danach? "Unglaublich fehlerhaft - ohne Druck, ohne Not, zu wenig Bewegung, zu wenig Verantwortung, zu wenig Mut, zu wenig Präzision." Tuchel hätte die Liste wohl beliebig verlängern können: "An allen Dingen war es zu wenig."

"Defizite aus dem Nichts"

Er wirkte ratlos, wie schon so oft in den vergangenen Wochen nach den launischen Auftritten seiner Mannschaft. "Defizite", die sich "aus dem absoluten Nichts einschleichen", kritisierte er: "Eine zweite Halbzeit komplett durch die Hände rinnen zu lassen und mit einer so hohen Fehlerquote Fußball zu spielen - das ist hart." Die Analyse des "Warum" dürfte Tuchel nicht leicht fallen.

Wir haben eine sehr gute Trainingswoche gehabt mit Stimmung, mit Qualität. Es ist mir ehrlich gesagt absolut unerklärlich, wie das innerhalb des Spiels so dahingeht." FC-Bayern-Trainer Thomas Tuchel
Münchens Cheftrainer Thomas Tuchel (links)
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Münchens Cheftrainer Thomas Tuchel (links)

Thomas Müller: "Abgezockt schaut anders aus"

Auch Kapitän Thomas Müller wirkte ratlos nach den teilweise haarsträubenden Fehlern. "Vielleicht haben wir am Anfang überzogen, vielleicht haben wir uns zuviel ausgepowert." Eine Erklärung hatte er am ARD-Mikrofon nicht parat. "Das Positionsspiel mit Ball flach hinten raus hat nicht funktioniert", ergänzte er noch - und meinte damit die Zeit nach den ersten durchaus noch vernünftigen 30 Minuten.

Aber sonst? "Abgezockt schaut anders aus", sagte er mit Blick auf das 1:1. Die Bayern hatten sich bei eigener Ecke einen Konter eingefangen, den Leipzig mit einer Vier-gegen-eins-Überzahl mustergültig zu Ende spielte.

Thomas Müller, die Meisterschaft und die "Schlusspointe"

Immerhin: Abhaken will M üller die Meisterschaft noch nicht. "Jetzt nochmal zur Schlusspointe: Es ist völlig egal, wie dieses Spiel heute ausgegangen ist. Die Ausgangssituation ist glasklar. Aber wir haben noch ein Spiel zu spielen - und wenn wir das gewinnen, hat Dortmund den Druck", sagte der Bayern-Kapitän: "Dortmund muss zwei Mal gewinnen. Wir wollten es in der eigenen Hand behalten, das ist nicht passiert. Aber das Einzige, was wir jetzt noch tun können - und das werden wir machen - ist in Köln gewinnen."

Münchens Thomas Müller gibt Anweisungen.
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Bayern München - RB Leipzig

FC Bayern vor dem Neuanfang?

Noch sei es "nicht vorbei", orakelte auch FC-Bayern-Vorstandschef Oliver Kahn nach der 1:3-Pleite. Doch vielleicht sollten die Verantwortlichen allmählich einer titellosen Saison ins Auge schauen. "Ich gehe zum Anfang zurück", heißt es am Ende von Coldplays "Scientist". Kein schlechter Ansatz, ein Neuanfang nach einer verkorksten Saison fällt vielleicht auch den Bayern leichter als die Aufarbeitung der aktuellen Schwächen.