Harry Kane im Trikot von Tottenham Hotspur
Bildrechte: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Paul Terry

Harry Kane im Trikot von Tottenham Hotspur

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

FC Bayern und der Kane-Transfer: Wettlauf gegen die Zeit

Der Top-Transfer von Harry Kane zum FC Bayern gestaltet sich schwierig. Das liegt vor allen Dingen an Tottenhams Daniel Levy. Zwar herrscht in München derzeit Optimismus – doch je länger sich der Transfer hinzieht, desto größer wird das Risiko.

Die Zeiten, in denen der FC Bayern seine Transfers heimlich, still und leise erledigt hat, sind lange vorbei. Es gibt kaum eine Verhandlung, ja nicht einmal eine Überlegung, die nicht wenige Momente später irgendwie den Weg an die Öffentlichkeit findet. Und doch haben die Münchner den Anspruch, Spielerwechsel möglichst schnell und geradlinig über die Bühne zu bringen. So lief es in diesem Sommer bei Raphael Guerreiro, so läuft es aller Voraussicht nach auch bei Abwehrspieler Min-jae Kim.

Und auch bei Stürmerstar Harry Kane haben die Verantwortlichen beim FC Bayern diese Hoffnung. So berichtet der "Münchner Merkur", dass in der Führungsetage großer Optimismus herrscht, mit Tottenham Hotspur bald eine Einigung zu erzielen. Intern würde aktuell von einem Durchbruch bei den Verhandlungen gesprochen.

Tottenhams Daniel Levy - das menschgewordene "Nein"

Englische Medien geben sich allerdings deutlich pessimistischer. So berichtet der "Guardian" von einem neuen Vertragsangebot von Tottenham an den 29-jährigen Mittelstürmer, dessen Vertrag im kommenden Jahr ausläuft. Und auch die Buchmacher halten den FC Bayern zwar von allen Interessenten für das wahrscheinlichste Ziel von Kane - eindeutiger Quoten-Favorit ist allerdings ein Verbleib in England.

Der Hauptgrund dafür, dass man in England nicht an einen Kane-Wechsel zum FC Bayern glaubt, trägt einen Namen: Daniel Levy - 61 Jahre alt, Präsident und Mehrheitseigner der Spurs. Levy ist so etwas wie das menschgewordene "Nein". Sobald irgendein Verein die Finger nach einem Top-Spieler seines Klubs ausstreckt, stellt er sich quer. Der Brite gilt als der härteste Verhandlungspartner im europäischen Fußball und hat schon bei Größen wie Sir Alex Ferguson oder Florentino Perez für Frust und Verzweiflung gesorgt.

Ferguson: Levy-Verhandlung "schmerzhafter als ein neues Hüftgelenk"

So beschrieb Manchester-United-Legende Ferguson die Verhandlungen mit Tottenham um Spieler Dimitar Berbatov als "schmerzvoller als ein neues Hüftgelenk". Der Grund ist Levys Verhandlungs-Taktik: Sobald der interessierte Verein sich in Sicherheit wiegt, den Deal bald zum Abschluss zu bekommen, verlangt Levy plötzlich doch wieder deutlich mehr Geld, als das, was er zuvor gefordert hatte.

"Die Verhandlungen waren sehr schwierig und haben sich ewig hingezogen", schrieb Ferguson in seiner Biografie über eine ähnliche Erfahrung, als es um Michael Carrick ging. "Immer wenn ich dachte, alles wäre unter Dach und Fach, bekam ich einen Anruf mit neuen Forderungen. Typisch Daniel Levy!" Und auch Real Madrids Präsident Florentino Perez dürfte Ähnliches berichten. Mehr als ein Jahr zog sich der Transfer von Gareth Bale zu den Königlichen hin. Am Ende brauchte es ein eindeutiges Zeichen Bales, der sich anstatt beim Trainings-Auftakt von Tottenham auf einem Golfkurs in der Nähe der spanischen Hauptstadt befand - und die damalige Rekordsumme von 101 Millionen Euro, um den Transfer doch noch zu stemmen.

Kane muss einen Wechsel forcieren

Levy selbst sieht an seiner Verhandlungstaktik nichts Verwerfliches: "Ich agiere nur im besten Interesse meines Vereins. Wenn du einen Spieler wirklich nicht verkaufen willst, hast du jedes Recht, nein zu sagen. Du verfügst über die Rechte", sagte er einmal der Cambridge Union. Und es ist sehr klar, dass Levy Harry Kane, einen der besten Spieler in der Geschichte des Vereins, am liebsten halten würde.

Was dem FC Bayern Mut machen dürfte: Gleiches galt eben auch für Bale, Carrick und Berbatov. Levy selbst erklärte, was es braucht, um ein Nein in ein Ja zu verwandeln: "Es kommt auf den Charakter des Spielers an, ob du ihn in einem solchen Fall halten kannst. Es ist am Ende immer noch ein Mannschaftssport." Also müsste Kane seinen Abschied forcieren, so wie es Lewandowski vor einem Jahr beim FC Bayern gemacht hatte, was den Verantwortlichen in München nicht gerade gut gefallen hatte. Doch Kane gilt als Musterprofi. Ein Spieler, bei dem man davon ausgehen kann, dass er auch im Falle eines Tottenham-Verbleibs alles geben wird.

Verhandlungen mit Levy: Alles dreht sich um Macht

Wichtig wird daher auch, was Levy weiter sagt: "Wenn es zu einem Transfer kommt, liegt alles an der Machtverteilung." Das könnte dem FC Bayern Mut machen. Denn Kanes Vertrag läuft aus. Und noch ärgerlicher, als seinen besten Spieler zu verlieren, ist auch für Tottenham, seinen besten Spieler zum Nulltarif zu verlieren. Kane macht derzeit keinerlei Anstalten, sein Arbeitspapier bei Tottenham noch einmal zu verlängern. Die Machtverhältnisse sind also nicht ganz so ungleich verteilt wie im vergangenen Jahr, als Manchester City sich um Kane bemühte und schließlich laut Berichten entnervt bei einem Preis von 150 Millionen Euro aufgab.

Eine dritte Eigenschaft, die Levy als Verhandlungspartner - oder besser Verhandlungsgegner - so unangenehm macht: Hat er sich dazu durchgerungen, einen Spieler gegen den Vereinswillen zu verkaufen, lässt er den aufnehmenden Verein leiden. So mussten Real Madrid und Bale bis einen Tag vor dem Ende des Transferfensters warten, bis Vollzug gemeldet werden konnte. Bei Berbatov ließ Levy Manchester United sogar bis wenige Stunde vor Ende der Deadline zappeln.

FC Bayern und Kane: Wettlauf gegen die Zeit

Das muss der FC Bayern unbedingt verhindern. Denn die Münchner brauchen unbedingt einen neuen Stürmer. Sollte sich ein Kane-Transfer lange hinziehen, würde sich nicht nur das Machtverhältnis mit jedem verstreichenden Tag weiter in Richtung Tottenham verschieben und den Preis womöglich in die Höhe treiben. Eine Hängepartie würde auch die sportlichen Ziele des FC Bayern nachhaltig in Gefahr bringen. Denn wie dringend die Münchner einen Mittelstürmer der Kategorie Weltklasse brauchen, zeigte die vergangene Saison. Sollte der Deal mit Tottenham am Ende dann doch platzen, stünde aller Voraussicht nach keine der B-Lösungen mehr parat, und Thomas Tuchel hätte einen Kader zur Verfügung, mit dem die Champions League kaum zu gewinnen wäre.

Kein Wunder also, dass der FC Bayern bei den schwierigen Verhandlungen auf Karl-Heinz Rummenigge setzt. Der Rückkehrer im Aufsichtsrat des FC Bayern gilt als einer der bestvernetzten Sportfunktionäre im europäischen Fußball. Doch Ähnliches sagt man auch über Ferguson und Perez. Der Optimismus, der also aktuell in der Führungsetage des FC Bayern herrscht, könnte schon bald den nächsten Dämpfer erhalten.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!