Bremer Fans zeigen ein Plakat mit der Aufschrift "Kein Spieler der Welt ist 100 Millionen Euro wert" - Uli Hoeneß.
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Bremer Fans zeigen ein Plakat mit der Aufschrift "Kein Spieler der Welt ist 100 Millionen Euro wert" - Uli Hoeneß.

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Die verrückte Entwicklung der Bundesliga-Transfersummen

Schneller, höher, weiter will die Bundesliga – und wird dabei vor allem eins: teurer. In 60 Jahren hat sich der Transfer-Wahnsinn immer weiter entwickelt. Für Harry Kane wurden nun erstmals 100 Millionen Euro für einen Spieler bezahlt.

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Zu Saisonbeginn verbuchte die deutsche Liga ihren teuersten Transfer überhaupt: Der FC Bayern München kaufte den englischen Stürmerstar Harry Kane für mehr als 100 Millionen Euro. Damit wurde eine neue Marke geknackt. Der Aufruhr war groß. Vor sechs Jahren verkündete Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß noch: "Kein Spieler der Welt ist 100 Millionen Euro wert."

In den Anfängen der Bundesliga, deren erste Saison vor 60 Jahren am 24. August 1963 startete, wurden für Spieler Beiträge weit unter den heutigen Standards gezahlt. In den 1960er Jahren war der teuerste Einkauf der Bundesliga Franz Hasil, für den Schalke 04 damals 500.000 D-Mark, also etwa 250.000 Euro hinlegte. Von da an stiegen die Zahlen jedes Jahrzehnt an, immer höher, immer weiter.

Bosman-Urteil ändert alles

Ausschlaggebend für einen großen Sprung in den Millionenbeträgen war das Bosman-Urteil von 1995. Damals klagte der belgische Fußballer Jean-Marc Bosman, zog durch alle Instanzen sogar bis vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH), um ein ablösefreies Wechseln von Spielern nach Vertragsende zu ermöglichen.

Was zunächst nach einer günstigeren Alternative klang, stellte den europäischen Transfermarkt auf den Kopf. Resultat: Die Gehälter der Spieler stiegen enorm in die Höhe, um sie von einem ablösefreien Wechsel abzuhalten. Und Vereine kassieren seitdem riesige Beträge für Wechsel vor Ablauf der Verträge.

Verträge werden daher häufig für möglichst lange Zeiträume abgeschlossen. 2008 sagte Sepp Blatter, zu dem Zeitpunkt Präsident der FIFA, dazu: "Langzeitverträge sind Sklaverei." Auch in anderen Medien wurde der Transfermarkt oft als moderne Sklaverei bezeichnet. Denn auch wenn es Bosman bei seiner Klage um mehr Selbstbestimmungsrechte der Fußballer selbst ging, sind es meist Berater, Manager und Investoren, die das letzte Wort haben.

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Von Hasil bis Kane: Die teuersten Bundesligatransfers im Laufe der Jahrzehnte

Rettig: Stars bei jungen Fans wichtiger als Vereine

Doch woher haben Vereine überhaupt so viel Geld, dass Spielerverkäufe im achtstelligen Bereich niemanden mehr schocken und nun auch die 100 Millionen Euro in der Bundesliga überschritten wurden?

Auf der einen Seite spielen natürlich Zuschauereinnahmen, Fernsehrechte und kommerzielle Einnahmen eine große Rolle – Fans sind gleichzeitig Kunden. "Die Kinder und Jugendlichen gehen mit ihren Stars, nicht mit den Vereinen", sagt Andreas Rettig, ehemaliger Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), in Blickpunkt Sport. Mit dem Kauf von Spielern geht es damit nicht nur um deren sportliche Leistungen, sondern auch um zukünftige Einnahmen.

Auf der anderen Seite stehen Investoren. Hier versucht sich die Bundesliga durch die 50+1 Regelung zu schützen. Investoren sollen Profivereine nicht komplett übernehmen, wie das beispielsweise in Englands Premier League fast schon Usus ist.

Englands Klubs diktieren die Preise

Denn das macht einen großen Unterschied. Während die Vereine der ersten Bundesliga in der Saison 2022/23 insgesamt etwa 555 Millionen Euro für Transfers ausgegeben hatten, waren es in der Premier League drei Milliarden. Nicht nur der Popularität wegen, sondern auch um in internationalen Vergleichen wie der Champions League mithalten zu können, werden die Transfersummen immer weiter in die Höhe getrieben – auch in Deutschland. "Wenn wir bei dem Zirkus mitspielen wollen, müssen wir die Regeln akzeptieren", so Rettig.

Bundesliga-Vereine profitieren jedoch auch von den hohen Ausgaben anderer Ligen, machen große Einnahmen mit dem Transfer ihrer Spieler ins Ausland. Ein Meilenstein war hier 1984 der Transfer von Karl-Heinz Rummenigge vom FC Bayern zu Inter Mailand. Mit geschätzten elf Millionen D-Mark war dies zu dem Zeitpunkt die zweithöchste Ablösesumme, die jemals für einen Spieler bezahlt wurde - gleich hinter Diego Maradona. Und das hatte für den FC Bayern große Folgen, bedeutete die Schuldenfreiheit. Auch heute hat die Bundesliga insgesamt mehr Einnahmen als Ausgaben für Transfers dank der ausländischen Profi-Ligen.

Kane-Ablöse eine einmalige Sache oder das "neue Normal"?

Doch wie viele Nullen sollen in Zukunft noch drangehängt werden? Vorstandschef Jan-Christian Dreesen vom FC Bayern betonte nach dem Kane-Transfer zwar, ein Kauf in dieser Größenordnung werde beim FC Bayern nicht das "new normal". Schon bald aber könnte Uli Hoeneß' Einlassung, kein Spieler sei 100 Millionen Euro wert, so überholt sein wie der ganz ähnliche Satz von Trainer Otto Rehhagel aus dem Jahr 1977: "Eine Million Mark oder gar mehr ist kein Spieler der Welt wert."

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