Andreas Rettig bei der Antritts-PK
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DFB: Rettig bemüht sich um Versöhnung mit dem FC Bayern

Andreas Rettig wurde am Montag als neuer DFB-Geschäftsführer vorgestellt - dabei ging es auch um den Konflikt mit Karl-Heinz Rummenigge. Die Differenzen zwischen Rettig und dem FC Bayern haben eine lange Vorgeschichte.

Über dieses Thema berichtet: BR24Sport am .

Es dauerte nicht lange, da wurde der neue DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig bei seiner offiziellen Präsentation auf Karl-Heinz Rummenigge angesprochen. "Ich habe auch mitbekommen, dass ich nicht der Wunschkandidat des FC Bayern bin", sagte Rettig und bezog sich dabei wohl auf die Pressemitteilung von FC-Bayern-Aufsichtsratsmitglied Rummenigge, mit der er öffentlichkeitswirksam seine Beteiligung in der DFB-Taskforce beendete, nachdem der DFB die Personalie Rettig verkündet hatte.

Der 67-Jährige hatte unter anderem kritisiert, dass er nicht vorab informiert worden war. Rettig widersprach dabei Rummenigge in seiner Darstellung. Er habe vor der Bekanntgabe seiner neuen Position am Freitagvormittag deshalb versucht, mit "Herrn Hoeneß und Herrn Rummenigge" Kontakt aufzunehmen. Die Anrufe seien unbeantwortet geblieben. Rettig habe Hoeneß anschließend "auf die Mailbox gesprochen und Herrn Rummenigge eine SMS geschrieben", allerdings "keinerlei Resonanz erhalten".

Rettig: "Wir werden den FC Bayern brauchen"

DFB-Präsident Bernd Neuendorf wies seinerseits darauf hin, dass die Kritik von Rummenigge, er sei nicht in die Entscheidung eingebunden worden, an der Realität vorbeigehe. "Die Taskforce hatte ausschließlich eine beratende Funktion", sagte Neuendorf und fügte an, Rummenigge hatte von Anfang an keinerlei "Entscheidungskompetenzen". Zudem habe die Suche nach einem Geschäftsführer nicht im Aufgabenbereich der Taskforce gelegen, die vor allen Dingen über sportliche Belange beraten hätte. Dies sei bei der Personalie Hannes Wolf und Rudi Völler geschehen. Rettig hätte vor allen Dingen einen administrativen Fokus. Die Taskforce, deutete Rettig an, dürfte mit dem Ausscheiden von Rummenigge und Oliver Mintzlaff Geschichte sein.

Doch eskalieren soll der Streit nicht, da sind sich alle Beteiligten wohl einig. Rettig verwies über die gesamte Pressekonferenz immer wieder darauf, er bemühe sich um eine Entspannung im Konflikt mit dem FC Bayern - der sich auch aus der Vergangenheit ergibt: "Ich kenne das belastete Verhältnis. Wir werden den FC Bayern brauchen, es ist der bedeutendste Club. Es nutzt nichts, wenn wir uns hier auseinanderdividieren." Das könnte ein schwieriges Unterfangen werden. Denn es gab schon viele Streitigkeiten zwischen Rettig und dem FC Bayern. Meistens ging es dabei um eines: Geld.

Rettig als ewiger Kritiker des FC Bayern

Zum ersten großen Krach zwischen dem FC Bayern und Andreas Rettig kam es im Jahr 2009. Rettig war zu diesem Zeitpunkt Manager des damaligen Zweitligisten FC Augsburg. Und in der Diskussion um die Verteilung von TV-Geldern entsprang ein erster Konflikt. Rummenigge wollte "weg vom Gießkannen-Prinzip" und Topvereinen mehr Geld zukommen lassen. Rettig war einer der schärfsten Kritiker dieses Plans: "Mit diesem Märchen, dass die Umverteilung und die Solidarität Schuld an mangelnden internationalen Erfolgen im Vereinsfußball sind, müssen wir langsam aufhören", betonte er. "Wir reklamieren für uns eine ausgewogene Beteiligung."

Die nächste Kontroverse gab es fünf Jahre später. Der FC Bayern hatte gerade Funktionär Michael Reschke von Bayer Leverkusen abgeworben. Rettig, damals Geschäftsführer des FC St. Pauli, fühlte sich bemüßigt, seine Meinung kundzutun: "Wenn am Ende die kapitalkräftigsten Klubs nicht nur die besten Spieler holen können, sondern sich auch der Kompetenz aus den Klubs bedienen, dann wird es problematisch", sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger und prophezeite: "Dann könnte irgendwann die Premier League mit dem vielen Geld auf die Idee kommen, dass man sich jetzt die Jörg Schmadtkes und Max Eberls dieser Welt aus der Bundesliga holt. Und dann haben wir ein Problem."

Rummenigge-Attacken: "Schweinchen schlau", "Zwecknostalgiker" und Robin Hood"

2016 ging es erneut um die Verteilung der TV-Gelder, als Rummenigge abermals Rettig öffentlich kritisierte: "Der Rudi Völler hat ja einmal gesagt, ein bisschen Schweinchen Schlau sei Andreas Rettig schon immer gewesen. Vielleicht sollte Rettig einfach das Vertrauen aufbringen, das der DFL zusteht", sagte er der im August 2016 der dpa. Rettig hatte vorgeschlagen, dass die Mitgliederversammlung der DFL über die Verteilung des Geldes entscheiden sollte.

Zwei Jahre später brachte der FC St. Pauli unter der Regie von Rettig einen Antrag bei der DFL ein, der die 50+1-Regel in der Bundesliga schließlich zementieren würde. Zum Missfallen Rummenigges: "Es befremdet mich, dass ein Zweitligist, der nach meinem Kenntnisstand noch nie in einem europäischen Wettbewerb mitgespielt hat, auf einmal nicht nur eine so prominente, sondern auch dominierende Rolle einnimmt."

Die durchaus gewünschte Grundsatzdiskussion sei zu einem "emotionalen und populistischen Spektakel von Rettig" verkommen, sagte Rummenigge. "Das ist das eigentlich Unglaubliche an diesem Ergebnis." Der Vorstandschef bezeichnete Rettig als "Ideologen" und "Zwecknostalgiker". Schon Jahre zuvor hatte er Rettig süffisant als "Robin Hood" und "Retter der Witwen und Waisen" bezeichnet.

Rettig zu Kane: "Erkaufter sportlicher Erfolg"

Aber auch Rettig attackierte regelmäßig den FC Bayern. So beschwerte er sich 2019 über den Vorstoß von Uli Hoeneß, den DFB boykottieren zu wollen, sollte Manuel Neuer als Stammtorwart der Nationalmannschaft abgesetzt werden. "Die Dünnhäutigkeit der Bayern-Verantwortlichen ist ja nun hinlänglich bekannt. Da würde ich mir ein bisschen mehr Souveränität und Größe wünschen", sagte Rettig damals.

Immer wieder erneuerte Rettig seine Kritik an den FC Bayern im Umgang mit der Verteilung von Geldern. Zuletzt nach der Verpflichtung von Harry Kane: "Fakt ist auch, dass der FC Bayern am Ende durch eine unsolidarische Geldverteilung in den letzten Jahren die Schere so hat auseinandertreiben können, dass er am Ende diesen Wettbewerbsvorteil hat. Das ist für mich erkaufter sportlicher Erfolg." Auch in der Frage um Katar, das Sponsoring des FC Bayern und die WM2022 äußerte sich Rettig wiederholt kritisch und bezeichnete das Lob von Hoeneß als "Unsinn".

Ob mit Hinblick auf diese vielen Kontroversen Rettig das Verhältnis zum FC Bayern tatsächlich retten kann, bleibt abzuwarten. Dass dieses Unterfangen nicht ganz aussichtslos ist, sieht man an einem anderen Beispiel. Der ehemalige FC-Augsburg-Manager hat in der Vergangenheit häufiger recht deutlich auch den DFB kritisiert. Nun ist er dort angestellt.

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