Zuschauer stehen hinter der Bande, dahinter spielen Kinder auf einem Fußballplatz.
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"Das ist nicht die WM": Ein Fakt, der auf manchen Plätzen im Amateurfußball offensichtlich gerne vergessen wird.

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"Das sind Kinder": Verein wirbt für Respekt im Fußball

Ein Fehlpass, ein falscher Pfiff, eine vergebene Torchance – wenn auf dem Fußballplatz etwas schiefläuft, hagelt es schnell Beleidigungen. Beim TSV Köditz soll dies nicht passieren: Für mehr Fairplay hat sich der Verein etwas einfallen lassen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Franken am .

"Manche Vereine haben ein kleines DIN-A4-Schildchen, da steht dann drauf: 'Schiedsrichter sind nicht zu beleidigen'. Aber auf so einer großen Fläche gibt es so etwas noch nicht." Armin Roth ist sichtlich stolz auf das, was der TSV Köditz vor wenigen Monaten installiert hat: eine Werbebande, die zu Fairness im Fußball aufruft. Darauf steht unter anderem "Bitte nicht vergessen: Das sind Kinder" und "Der Schiri ist auch ein Mensch". Ein Appell an alle Zuschauerinnen und Zuschauer, vor allem an die von Spielen im Jugendbereich.

"Emotionen der Eltern sind größer geworden"

Seit rund 50 Jahren ist Roth bei dem Fußballverein im Landkreis Hof vor allem im Nachwuchsbereich aktiv. Er weiß deshalb, wie sich der Umgang zwischen Zuschauern und Spielern entwickelt hat. "Die Emotionen der Eltern sind unheimlich größer geworden", sagt Roth. Es werde der Schiedsrichter angegangen und überhaupt habe es in letzter Zeit sehr viele Eltern gegeben, die ihr Kind weit nach vorne bringen wollen, "möglichst zu Bundesligaspielern". Aber in dem Bereich habe dieser Druck noch nichts zu suchen, unterstreicht Roth.

In den vergangenen Jahren habe es beim TSV Köditz keine von Zuschauern verursachten Zwischenfälle gegeben, resümiert Armin Roth. Damit das auch so bleibt, hat der Verein die Werbebande gestaltet. Eine Präventivmaßnahme. Denn es geht auch anders, wie E-Jugend-Trainer Christian Geyer vom TSV weiß. Er habe bereits erlebt, dass die Trainer gegen die Kinder gebrüllt hätten und die Eltern von den Kindern daraufhin aufs Spielfeld gerannt seien und mit Regenschirmen hantiert hätten. "Und dann fallen Schimpfwörter wie 'A…' und solche Sachen. Gegenüber Kindern!"

Jugendtrainer: "... oder sie heulen und gehen vom Platz"

Wie Geyer betonen zwar alle anderen Befragten in Köditz, dass Zuschauer und Fans ihre Emotionen meistens im Griff haben. Dennoch macht sich der E-Jugend-Trainer Sorgen. Die Kinder und Jugendlichen würden von den Eltern unter Druck gesetzt. "Man sieht häufig, dass die Spieler rausrufen 'lass mich in Ruhe, sei leise' – oder sie heulen und gehen vom Platz und wollen nicht mehr weiterspielen", sagt Geyer. Nach solchen Vorfällen gebe es in der Regel klärende Gespräche. Die Lage beruhige sich dann wieder, so der E-Jugend-Trainer.

Gewalt oder Diskriminierung: 476 Fälle in Bayern

Die neue Werbebande beim TSV Köditz soll solche Vorfälle gar nicht erst entstehen lassen. Dass Gewalt und Diskriminierung auf Fußballplätzen ein Dauerthema ist, zeigt das aktuellste Lagebild des Amateurfußballs. Der Bayerische Fußballverband (BFV) betont zwar, dass in der abgelaufenen Saison 99,74 Prozent aller Spiele störungsfrei verlaufen seien – aber: Auf bayerischen Fußballplätzen wurden in der vergangenen Spielzeit auch 476 Fälle von Gewalt oder Diskriminierung gemeldet.

"Auch wenn die Zahlen weitestgehend stagnieren, so merken wir auf unseren Fußball-Plätzen eine zunehmende Verrohung der Gesellschaft, die guten Manieren werden zu oft vergessen. Die Zahlen zeigen, dass einige wenige glauben, sich auf unseren Plätzen danebenbenehmen zu können." BFV-Präsident Christoph Kern

Respekt beim Fußball? Unterschied in den Altersklassen

Die Leidtragenden des Danebenbenehmens sind neben Spielern und Trainer auch die Schiedsrichter. Robin Günther pfeift Spiele in sämtlichen unterklassigen Ligen und Altersklassen und stellt unterschiedliche Problemquellen fest. Im Herrenbereich agierten Spieler und Trainer mit dem Unparteiischen eher auf dem Feld. Im Jugendbereich sei das anders, erklärt Günther. "Wenn ein erwachsener Schiedsrichter dasteht, glaube ich, dass die Kinder und Jugendlichen noch größeren Respekt haben." Abgesehen davon: Wenn von draußen die Stimmung durch die Eltern angeheizt werde, dann übertrage sich das auch auf das Spielfeld.

Von solch überkochenden Emotionen ist bei einem Ortsbesuch in Köditz allerdings nichts zu spüren. Wer sich bei einem E-Jugend-Spiel unter Zuschauern umhört, der trifft auf Eltern, die wollen, dass ihr Kind Spaß hat. "Sicherlich feuert man es auch an oder ist richtig emotional dabei", erklärt beispielsweise Simone Preußner. "Aber alles andere sollte zu Hause bleiben."

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Schon bei Fußballspielen im Kinder- und Jugendbereich geht's mitunter heftig zur Sache. Ein Verein setzt jetzt auf mehr Fairness ein.
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Schon bei Fußballspielen im Kinder- und Jugendbereich geht's mitunter heftig zur Sache. Ein Verein setzt jetzt auf mehr Fairness ein.

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