Facebook-Chef Mark Zuckerberg
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Andrew Harnik

Facebook-Chef Mark Zuckerberg sieht sich einmal mehr mit Forderungen konfrontiert, seinen Konzern stärker zu regulieren

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Wie kann Facebooks Macht beschränkt werden?

Die jüngsten Facebook-Skandale fachen die Debatte um eine schärfere Regulierung des Netzwerks an, manche fordern gar eine Zerschlagung. Welche Ideen und Vorschläge es gibt - und warum große Hoffnungen auf der EU ruhen.

Über dieses Thema berichtet: Infoblock am .

Facebook ist zwar krisenerprobt, dennoch war die Frequenz der Negativnachrichten in den letzten Wochen außergewöhnlich hoch. Erst publizierte das Wall Street Journal eine Enthüllung nach der anderen. Dann ging die Whistleblowerin Frances Haugen, die dem Wall Street Journal die brisanten Dokumente zugespielt hatte, an die Öffentlichkeit und erhob weitere Vorwürfe gegen Facebook, vor allem, dass der Algorithmus Wut und Hass befördere und die Demokratie gefährde. Einen Tag später fielen dann Facebook, Whatsapp und Instagram wegen einer technischen Panne stundenlang aus, wodurch die Kommunikation von Milliarden Menschen beeinträchtigt war, in manchen Ländern Südamerikas, Afrikas und Asiens, wo der Facebook-Konzern eine sehr viel größere Rolle im Alltag und Geschäftsleben der Menschen spielt als in Deutschland, war das besonders hart zu spüren.

Die Debatte, ob Facebook stärker reguliert oder sogar zerschlagen werden muss, gibt es schon seit Jahren. Durch die jüngsten Ereignisse hat sie aber eine neue Qualität bekommen. Ein Überblick, welche Vorschläge auf dem Tisch liegen.

Mehr Datenschutz: kein Datenaustausch zwischen Facebook-Diensten

Facebook gilt als galt schon immer als besonders datenhungrig, die Kritik an dem Unternehmen hat aber noch zugenommen seit WhatsApp immer mehr Daten mit dem Mutterkonzern teilt. Hamburgs Datenschutzbeauftragter Ulrich Kühn kritisiert die "fortwährenden Bestrebungen, die Dienste auch inhaltlich zu verzahnen und Daten aus einem Dienst für den anderen zu nutzen". Hier habe sich seine Behörde auf europäischer Ebene nicht durchsetzen können, die Benutzung personenbezogener WhatsApp-Daten für Facebook-Zwecke zu untersagen. Das hatte Kühns Vorgänger Johannes Caspar im Frühjahr versucht, als WhatsApp seine Nutzungsbedigungen änderte.

Mehr Transparenz bei den Algorithmen

Die zentrale Forderung von Whistleblowerin Frances Haugen lautet: Facebook soll die Funktionsweise seines Newsfeed-Algorithmus transparent machen, speziell Wissenschaftler und Politikern sollten einen Einblick bekommen.

Im August sah sich die NGO Algorithm Watch gezwungen, ein auf freiwillig gespendeten Nutzerdaten basierendes Forschungsprojekt zum Instagram-Algorithmus einzustellen, um nicht von Facebook verklagt zu werden. Damals forderten Algorithm Watch, 36 zivilgesellschaftliche und wissenschaftliche Organisationen sowie mehr als 6000 Privatpersonen die EU auf, eine Gesetzesgrundlage zu schaffen, die Wissenschaftlern, Zivilgesellschaft und Journalisten den Zugang zu Daten von Online-Plattformen rechtlich garantiert.

Gesetze sollen Vorrang vor Facebook-Richtlinien bekommen

Immer wieder steht Facebook auch in der Kritik dafür, dass zu viele Hassrede-Inhalte auf der Plattform stehen, etwa Anstachelung zur Gewalt, Verunglimpfung von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen oder Volksverhetzung. In Deutschland muss Facebook wegen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) eine Reihe von strafbaren Inhalten löschen. Die Praxis zeigt, dass Facebook zwar viele solcher Inhalte löscht, aber nicht wegen eines Verstoßes gegen das NetzDG, sondern wegen eines Verstoßes gegen die eigenen Richtlinien. Die NGO Hate Aid, eine Beratungsstelle für Betroffene von digitaler Gewalt, fordert daher: "Der Gesetzgeber sollte unmissverständlich regeln, dass die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften auf gemeldete Inhalte stets Vorrang vor den extrem weit gefassten und juristisch kaum überprüfbaren internen Richtlinien haben muss."

Schnittstellen zu anderen Messengern schaffen

Facebook verknüpft zwar Schritt für Schritt die Messenger-Funktionen von Facebook, Instagram und später vermutlich auch WhatsApp. Dennoch hängen alle Dienste an der Facebook-Infrastruktur und wenn diese - wie jetzt geschehen - ausfällt, ist damit keine Kommunikation mehr möglich. Und selbst wenn es keine technischen Probleme gibt, ist das Messenger-Universum aus dem Hause Facebook ein sehr großer "walled garden", das heißt: Nachrichten zu anderen Messengern wie Signal oder Threema kann man nicht schreiben.

Deswegen gibt es nun wieder die Forderung nach Interoperabilität bzw. nach einer Schnittstellenpflicht. Denn dann - so die Idee - könnte man über Messengergrenzen hinweg kommunizieren. Eine WhatsApp-Nutzerin könnte dann zum Beispiel einem Telegram-Nutzer schreiben - das gleiche Prinzip wie bei E-Mails. Der Vorsitzende der Verbraucherzentrale Bundesverband, Klaus Müller, glaubt, dass eine Schnittstellenpflicht den Wechsel zu datenschutzfreundlicheren Diensten erleichtern und den Wettbewerb unter Messengern anregen würde.

Instagram und WhatsApp abspalten

Am weitesten geht der Vorschlag, Facebook zu zerschlagen. Genau das hat die amerikanische Handelsbehörde FTC im vergangenen Jahr mit einer Monopol-Klage versucht. Facebook habe Apps wie Instagram oder Whatsapp aufgekauft, damit sie nicht zur Konkurrenz werden können und so de facto ein Monopol geschaffen, lautet der Vorwurf. Deshalb müssten die Übernahmen rückgängig gemacht werden.

Zwar wies ein US-Bundesgericht die Klage im Juni 2020 ab, weil die Frage, wie viel Macht Facebook tatsächlich hat, nicht ausreichend belegt gewesen sei, daraufhin überarbeitete die FTC ihre Klage und reichte sie erneut ein. Sollte das Verfahren Erfolg haben, könnte Facebook zur einer Abspaltung von Instagram und WhatsApp gezwungen sein.

Auch die einflussreiche demokratische US-Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez verwies darauf, dass Instagram und WhatsApp nicht betroffen gewesen wären, wenn man ihre Übernahme durch Facebook verhindert hätte und forderte auf Twitter die Abspaltung der beiden Dienste von Facebook.

EU-Digital-Gesetze sollen es richten

Die meisten dieser Vorschläge - etwa Transparenz der Algorithmen, Interoperabilität, Zerschlagung - sind in zwei großen Gesetzesvorhaben der Europäischen Kommission enthalten: Dem Gesetz über digitale Dienste und dem Gesetz über digitale Märkte. Im Dezember 2020 hat die EU-Kommission Entwürfe zu diesen zweiteiligen Digital-Paket vorgestellt, das vom Fachblog netzpolitik.org als “Plattformgrundgesetz” bezeichnet wurde. Im Gesetz über digitale Dienste (digital services act, DSA) geht es vor allem darum, nach welchen Regeln Inhalte auf den Plattformen in Zukunft moderiert werden sollen und wie dabei die Meinungsfreiheit im Internet gewahrt bleiben kann.

Das Gesetz über digitale Märkte ( digital markets act, DMA) zielt darauf ab, Unternehmen mit besonders großer Marktmacht und vielen Zugängen zu Verbrauchern mit Wettbewerbsvorgaben zu belegen.

Die Verhandlungen darüber laufen allerdings noch und dürften frühestens 2022 abgeschlossen sein. Gut möglich, dass Facebook - und andere große Plattformen - bis dahin weiteren Diskussionsstoff für eine Regulierung liefern.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!