Computerspiel (Symbolbild): Ein Messebesucher spielt am 23.08.2023 auf der Computerspielemesse Gamescom in Köln.
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Computerspiel (Symbolbild): Ein Messebesucher spielt am 23.08.2023 auf der Computerspielemesse Gamescom in Köln.

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Games-Förderung: Branchenverband fordert Verlässlichkeit

Der Branchenverband game hat eine Studie vorgelegt, in der die Games-Förderung in unterschiedlichen Ländern verglichen wird. Danach ist Deutschland bei den Rahmenbedingungen auf den hinteren Plätzen und uninteressant für große Studios.

Die Bundesregierung hatte die Förderung der Spielebranche im Koalitionsvertrag festgeschrieben und als Ziel ausgegeben, bei der Games-Entwicklung zur internationalen Spitze aufzuschließen. Doch Ziel und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Das belegt jetzt eine Studie zu internationalen Games-Fördermodellen, die der Branchenverband game in Auftrag gegeben hat.

Deutschland für große Studios nicht interessant genug

Danach ist Deutschland trotz 70 Millionen Euro Fördermittel im Vergleich zu Ländern wie Kanada, Frankreich, Großbritannien, Irland oder den USA nicht interessant genug, als dass sich mittlere oder große Games-Studios hier ansiedelten.

Schon zum zweiten Mal war der Fördertopf leer

Die Fördermittel werden laut Studie in erster Linie von kleineren Indie-Studios abgerufen – solange überhaupt Geld da ist. Denn nachdem die Fördermittel gedeckelt sind, gilt das "Windhundprinzip": Nur wer schnell genug ist, bekommt Geld. Wenn der Fördertopf leer ist, gibt es kein Geld mehr. Dass der Fördertop leer ist, ist jetzt bereits zweimal passiert: Ende vergangenes Jahr und dieses Jahr bereits im Mai. Zudem wurden die Förderung für 2024 ganz ausgesetzt. Damit würden Studios, die sich auf die Mittel verlassen haben, mindestens 18 Monate überbrücken müssen, bis sie wieder Geld beantragen könnten.

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Vergleich der Fördermodelle - Ausschnitt aus der Studie des game

Unsicherheit über verlässliche Förderung Gift für die Branche

Diese Unsicherheit trifft eine Branche wie die Games-Industrie gewaltig. Denn, so erklärt Felix Falk vom Branchenverband game, rund 80 Prozent der Kosten bei der Spieleentwicklung sind Personalkosten. Was aber soll ein Games-Studio machen, das gerade ein Spiel entwickelt und auf die Fördermittel gesetzt hat: Die Entwicklung und damit die Entwickler eineinhalb Jahre ruhen lassen und pausieren? So lange würden heiß begehrte Fachkräfte wohl kaum abwarten, sondern in andere Branchen oder ins Ausland abwandern.

Risikobranche Games-Industrie

Auch die Möglichkeit Investoren zu finden ist in einer Zeit, in der Investorengeld nicht mehr so locker sitzt, eine schwere Aufgabe - noch dazu in der Games-Branche. Denn je teurer das Spiel, desto größer das Risiko: Wenn es dem Publikum nicht gefällt, sind die Investitionen verloren. Deswegen können ganz große und teure Spiele, sogenannte Triple-A-Spiele, heute in der Regel nur noch von ganz großen Studios gestemmt werden, die im Fall eines Flops den Verlust durch andere Spiele in ihrem Portfolio einigermaßen abfedern können.

game-Geschäftsführer Felix Falk
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game-Geschäftsführer Felix Falk

Nach Flop: Daedalic stellt Games-Entwicklung ein

Erst im Juli dieses Jahres hatte das renommierte Games-Studio Daedalic Entertainment unter anderem deswegen, weil das bislang teuerste Spiel des Studios, "The Lord of the Rings: Gollum" floppte, sein Entwicklungsstudio in Hamburg geschlossen und fungiert seitdem nur noch als Spiele-Publisher.

Keine Triple-A-Spiele aus Deutschland

So fehlen Entwicklungsstudios, die große AAA-Games mit international klangvollen Namen wie "Assassins Creed", "The Legend of Zelda", "Call of Duty", "Halo" oder "Final Fantasy" entwickeln könnten, in Deutschland völlig. Die Studie zeigt auf, dass nahezu 100 Prozent der Fördermittel in kleine Spiele mit einem Budget bis zu einer Million Euro fließen. Nur etwas weniger als zwei Prozent kommen AA-Spielen mit einem Budget bis zu 10 Millionen Euro zugute. AAA-Spiele fehlen auf der Förderliste. Dabei haben große, international erfolgreiche Games inzwischen Budgets von mehreren Hunderten Millionen Euro.

game fordert Aus- und Umbau des Förder-Systems

Vor diesem Hintergrund und nach den Ergebnissen der Studie fordert der game einen Aus- und Umbau der bisherigen Förderung: Zum einen kurzfristig die Erhöhung der Fördermittel auf 125 Millionen Euro, um den Förderstopp von 18 Monaten aufzuheben. Aber vor allem die gedeckelte Fonds-Förderung auf eine steuerliche Förderung umzustellen. Dies sei laut der vorliegenden Studie an nahezu allen erfolgreichen Games-Standorten längst Standard, so Falk. "Nur die steuerliche Förderung schafft die Planungssicherheit und Zuverlässigkeit, die Deutschland dauerhaft zu einem der international erfolgreichsten Games-Standorte machen kann.“

Umfeld für Studios jeder Größe in Deutschland schaffen

Wichtig sei es, damit ein Umfeld zu schaffen, in der sich Studios von unterschiedlicher Größe in Deutschland ansiedelten. Das schaffe eine gesunde Grundlage, auf der sich die Games-Branche stabil entwickeln könnte. Es sei, so Falk, fahrlässig, anderen die Potenziale, die die Games-Branche sowohl kulturell, technisch aber auch finanziell mit sich bringe, anderen zu überlassen.

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Welche Spiele werden gefördert - Ausschnitt aus der Studie des game

Warum überhaupt Förderung?

Die Games-Industrie, die in Deutschland ein Umsatzvolumen von 4,7 Milliarden Euro hatte – vier Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2022, erscheint auf den ersten Blick nicht förderungsbedürftig. Allerdings geht der Umsatz zu größten Teilen an Firmen im Ausland, die dadurch indirekt sehr erfolgreich ihre eigenen Kultur- und Wertvorstellungen international transportieren.

Innovationskraft für die Gesamtwirtschaft

Vor allem aber bildet die Innovationskraft der Games-Industrie die Grundlage für technische Entwicklungen und die entsprechenden Fachleute für andere Teile der Wirtschaft von Augmented Reality und 3D-Technologie über Künstliche Intelligenz bis Gamifikation. Bei einer starken Games-Branche profitieren also auch andere Wirtschaftszweige. Und auch finanziell rechnet sich die Förderung, wie ein Blick ins Nachbarland Frankreich zeigt: Dort fließen auf jeden Euro Fördergeld etwa 8 Euro Investitionen und dadurch rund 1,80 Euro an Steuermitteln zurück, sodass unter dem Strich ein Plus entsteht.

Verlässlichkeit wichtiger als die Höhe der Förderung

Das gehe nicht von heute auf morgen, erklärt Falk. Aber es rechne sich langfristig sehr wohl: "Nicht umsonst fördern Länder wie Kanada, die schon in den 90er-Jahren mit der Games-Förderung begonnen haben, die Games-Industrie in ihrem Land weiter", so Falk. Letztlich sei die genaue Höhe der Fördermittel dabei gar nicht so ausschlaggebend. Wesentlich wichtiger sei die Verlässlichkeit der Förderung und die sei mit dem derzeitigen Fondsmodell nicht zu erreichen, sondern nur durch eine steuerliche Förderung. Allerdings würde mit einer steuerlichen Förderung der bisherige Rahmen zunächst sicher stark überschritten - mit finanziellem Risiko. Denn ob es künftig unter dem Strich für den Staat ein lohnendes Invest wie in Frankreich würde, lässt sich frühestens in einigen Jahren sagen.

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