Raum im Wohnhaus "Wabe".
Bildrechte: Peter Haimerl

Die "Wabe" von innen.

Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Haus des Monats im Juli: Die "Wabe" – Leben im Hexagon!

Die Wabe ist ein experimentelles Wohnhaus für die Münchner Genossenschaft WOGENO, entworfen vom mehrfach preisgekrönten Architekten Peter Haimerl. Gerade ist die erste Musterwohnung fertig geworden. Zeit für einen Besuch.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Sieht so die Zukunft des Wohnens aus? Schon die Fassade auf dem kleinen Platz an der Den-Haag-Straße in München-Riem wirkt ganz anders als bei gewöhnlichen Häusern: Die Balkone erinnern mit ihrer wabenförmigen Struktur an einen Bienenstock. Kann das sein? Wer die Glasfronten und die dahinterliegenden Wohnungen von außen studiert, ist sich schnell sicher, dass alle hexagonal geschnitten sind, also sechseckig. So sitzt eine Wabe neben und über der anderen, ineinander verschachtelt, eben wie bei den Behausungen der Bienen.

Wabe als Wohnhaus

"Also, die Architektur ist durch den Herrn Haimerl zu uns gekommen, weil – eine Wabe hatten wir uns nicht gewünscht. Aber so ein bisschen ein Highlight an diesem kleinen öffentlichen Platz haben wir uns schon vorgestellt", sagt Yvonne Außmann, die Vorstandsvorsitzende der WOGENO. Sie hat zu einer Begehung der Wabe geladen, die im Moment innen aus- und fertiggebaut wird und im Herbst dieses Jahres bezogen werden soll.

"Wenn man drin ist, merkt man schon viele, viele Qualitäten, finde ich. Also, eine 2-Zimmer-Wohnung mit 50 qm ist eben eine 2-Zimmer-Wohnung mit 50 qm. Aber hier ist das schon eine ziemlich tolle 2-Zimmer-Wohnung mit 50 qm, eben mit einem Gefühl von viel mehr. Weil – man nimmt eben auch den seitlichen Raum wahr, diese Waben-Ecken, das nimmt man mit im Kopf", findet Außmann.

Leben im Sechseck

Man muss drinstehen in einer dieser wabenförmigen Röhren, die zu einem großen Wabenstock zusammenmontiert sind, um sich das wirklich vorstellen zu können. Hier also der Versuch einer Beschreibung: Alle Wabenräume haben eine Breite von rund sechs Metern. Befindet man sich etwa im Wohnzimmer und blickt nach draußen, tut man das durch eine sechs Meter breite Glasfront. Nur läuft die eben rechts und links jeweils spitz zu, weil sich dort die beiden mittigen, spitzwinkligen Innen-Ecken der Wabe befinden. Aber der Raum wirkt, wie Yvonne Außmann das beschrieben hat, tatsächlich größer, als er ist. Weit und luftig.

Möbel? Schwierig.

Und ja – die meisten Wände in der Wabe sind schräg. Noch anders als bei einer Mansarde. Ein Teil des Bodens ist eben und die Decke direkt darüber waagrecht dazu, aber anders als bei normalen Wohnungen beginnen seitlich irgendwann die Schrägen, die sich bei einem Sechseck eben nicht vermeiden lassen. In einem solchen muss man leben wollen.

Wohnen funktioniert dann anders. Mit Möbeln kann man hier nicht einziehen – also hat Architekt Peter Haimerl in Absprache mit der WOGENO spezielle Einbauten für die Wabe konstruiert: Tische, Bänke und Betten, die an die Schrägen angedockt werden können. "Also, wir haben wirklich lange getüftelt, wie man das mit den Möbeln macht, weil eine Grundausstattung ist einfach schon notwendig. Das war nicht ganz einfach", erinntert sich Außmann.

Bildrechte: Peter Haimerl
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Die "Wabe" in Riem

Luftig, aber schräg

Die Probleme sind inzwischen gelöst. Doch wo liegen neben dem großartigen Raumgefühl die Vorteile eines Lebens in der Wabe? Das in der Natur weit verbreitete Prinzip der Hexagonalstruktur erlaubt raffinierte Verschachtelungen und ermöglicht unzählige Kombinationsmöglichkeiten von leicht versetzten Raumeinheiten, auch innerhalb von Wohnungen – für eine Genossenschaft geradezu ideal mit den gewünschten Gemeinschaftsräumen und Cluster-Appartements. So können die Zimmer von Groß-WGs zusammengeschaltet werden, und liegen alle Einheiten an einem Strang, der sogenannten Himmelsleiter. Die führt als Treppe entlang der Waben unten von der einen Seite des Hauses hoch bis zur anderen Seite.

Architekt Peter Haimerl liebt diese Idee, dass Menschen statt nebeneinander in Schachteln zu wohnen, nun durch die Architektur genossenschaftlich viel direkter miteinander verbunden sind: "Normalerweise bräuchte man für ein Haus dieser Größe mindestens zwei bis drei Treppenhaustürme – wir schaffen es hier mit einem Treppenzug. Das ist auch wirtschaftlich sehr günstig", sagt Architekt Haimerl.

Die insgesamt 30 Wohnungen in der Wabe sind begehrt und schon seit einiger Zeit von der WOGENO vergeben worden. Peter Haimerl fühlt sich in seiner experimentellen Idee bestätigt: Ja, es gibt ein Bedürfnis nach anderen Wohnformen!

Immer jeden ersten Samstag im Monat gibt es in BR24 das Haus des Monats, unterstützt durch die Bayerische Architektenkammer.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!