Zwei Frauen in Kostümen auf einer Bühne.
Bildrechte: Ludwig Olah

Festivalleiterin Susanna Curtis (li.) und Neele Buchholz nähern sich tänzerisch der Frage an, was eine Frau zur Frau macht.

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Wer ist schon perfekt? Inklusives Tanzfestival in Nürnberg

In der Kultur haben Menschen mit Behinderung oft keinen festen Platz. Anders beim "EveryBody-Festival": Eine Tänzerin mit Down-Syndrom ist hier selbstverständlich. Das Festival ist ein Beitrag für mehr Inklusion in der Metropolregion Nürnberg.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das Tanztheater "The woman in me" ist eine Art grelle Gameshow: Zwei Künstlerinnen posen auf der Bühne der Nürnberger Tafelhalle. Mal zeigen sie ihre Muckis wie Bodybuilderinnen, mal lächeln sie verzückt und wirken wie kleine unschuldige Prinzessinnen. Wie sollte sich die perfekte Frau präsentieren?

Auf der Bühne stehen Festivalleiterin und Choreografin Susanna Curtis und Neele Buchholz – die 32-Jährige aus Bremen hat das Down-Syndrom und tanzt seit vielen Jahren professionell. Beide erforschen mit viel Witz die Weiblichkeit. In ihrem Stück geht es vor allem darum, sich von den oberflächlichen Erwartungen ihrer Umwelt zu befreien. "Es zählen die inneren Werte", findet Tänzerin Neele Buchholz, die auch als Schauspielerin arbeitet. "Da kommt auch die Schönheit raus."

"Wir feiern die Vielfalt des Körpers"

Für Festivalleiterin Susanne Curtis ist Inklusion auf der Bühne wichtige Kulturarbeit: Das "EveryBody"-Festival soll zeigen, dass auch Künstlerinnen und Künstler mit Behinderung selbstverständlich auftreten können. "Wir feiern die Vielfalt des menschlichen Körpers", heißt es dazu auf der Internetseite des Festivals [externer Link].

Für Curtis, die das Festival zum zweiten Mal seit 2021 organisiert, geht inklusive Kulturarbeit noch weiter: Barrierefreiheit insgesamt ist ihr ein großes Anliegen. Audiodeskription bei den Vorstellungen, Gebärdensprache und Diskussionsrunden werden zu vielen Vorstellungen angeboten.

Künstlerische Auseinandersetzung mit Behinderung

Live-Audiodeskription in englischer Sprache gibt es zum Beispiel bei dem Stück "Soiled". Auf der Bühne der Tafelhalle steht eine Art flaches Schwimmbassin im Durchmesser von acht Metern. Hier agieren zwei Frauen und ein Mann: Sie kriechen über die Bühne, statt aufrecht zu spielen, und beschreiben damit eine urzeitliche Utopie.

Die drei sind nicht behindert – Regisseur und Choreograf Michael Turinsky schon. Er setzt sich in seiner Performance mit seiner eigenen körperlichen Behinderung auseinander und mit den damit verbundenen Erfahrungen. Aus Sicht des vielfach ausgezeichneten Choreografen gibt es für Künstler mit Behinderung bislang zu wenige Auftrittsmöglichkeiten. "Insofern ist das Festival eine sehr schöne Sache, die auch die Diversität in der Landschaft des zeitgenössischen Tanzes gut abbildet", meint Turinsky.

Festival braucht Publikum

Der einzige wunde Punkt beim Festival "EveryBody": Die Akzeptanz für inklusive Kunst ist beim Publikum noch nicht so groß. Viele Vorstellungen in der Nürnberger Tafelhalle sind nicht ausgebucht. Jede Besucherin und jeder Besucher darf sich daher angesprochen fühlen, einen Beitrag dazu zu leisten, dass inklusive Kultur künftig eine Selbstverständlichkeit wird. Wer kommt, auf den warten spannende Einsichten, was inklusive Kunst bieten kann. Zum Beispiel das Tanztheater "The woman in me", das noch am Samstag und Sonntag in der Nürnberger Tafelhalle gezeigt wird.

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