Schwarzweiß-Foto des Sängers Dagobert
Bildrechte: Fritz Fechner

Der Schweizer Lukas Jäger alias "Dagobert"

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Stimmungsmusik der anderen Art: "Schwarz" von Dagobert

Schlager mit Anspruch: Mit diesem Versprechen ist der Schweizer Musiker Dagobert vor zehn Jahren angetreten. Schon damals trug er ausschließlich schwarze Klamotten. Jetzt ist Album Nummer sieben erschienen. Es heißt "Schwarz" – und klingt auch so.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

"Über mich wundert sich ja eigentlich schon lange niemand mehr," sagt Dagobert im Interview. "Es sind jetzt auch viele alte Songs, die ich lange nicht veröffentlicht habe, mit auf dem neuen Album dabei. Also eine finstere Kollektion von meinen Depressionen aus verschiedenen Zeiten."

Vom Schlager- zum Totensänger, wenn man es jetzt mal jetzt etwas zugespitzt formulieren will. Dagobert, der im echten Leben Lukas Jäger heißt und gern auch auf Fotos und in Videos als Jäger posiert. Im neuen Video zum Song "Todessehnsucht" ist er wieder im Wald unterwegs. Diesmal aber als Holzfäller, später als Schreiner und man wird neugierig, woran der Dagobert da so liebevoll hinschreinert und feilt und poliert? Es ist… ein Sarg! Ganz schön harter Stoff – ist das gerade auch in diesen chronisch betrüblichen Zeiten nicht ein bisschen zu krass als Album-Opener?

"Ja, vielleicht schon" gibt Dagobert zu. "Ich hab das geschrieben, kurz nachdem ein ganz enger Freund von mir gestorben ist. Dann wurde ich wieder in diese Stimmung hineingeworfen, die ich früher von mir kannte, wo man sich einfach wünscht, dass man nie geboren worden wäre, dass man den Schmerz nicht ertragen muss. Und in solchen Momenten kann es manchmal schon hilfreich sein, wenn man sich einfach vorstellt, es gäbe einen gar nicht. Sondern alle Sorgen sind weg und alles ist leicht."

Songtitel von "Todessehnsucht" bis "keine Gefühle"

Das Dagobert-Album "Schwarz" sind lyrische Meditationen über Tod, Verlust, die Liebe. Und über Blumensträuße, die es nicht schaffen, ihrer Bestimmungen nachzukommen. Und Dagoberts Bestimmung? Erst gar nicht in Versuchung zu geraten, seine Musik irgendeiner Popformatierung unterziehen zu wollen. Noch nie traf das mehr zu als bei den neuen Songs, die teilweise mit hyperleisen Vogelzwitscherlandschaften beginnen und nicht selten eine halbe Minute brauchen, bis es "so richtig losgeht". Und auf Schlagzeug und Beats wartet man außerdem vergeblich.

"Alle Songs, die ich je geschrieben habe, habe ich ohne Rhythmuselemente geschrieben", erzählt Dagobert. "Das kam dann immer erst bei der Produktion und ging immer von dem jeweiligen Produzenten aus. In dem Fall haben wir das komplett sein lassen einfach, weil es war nicht nötig, es geht nur um diese Stimmung, die sich da durchzieht in diesen finsteren und auch süßlichen, lieblichen Songs."

Die Orchestrierung entwickelte sich übrigens zur reinen Familienangelegenheit. Da gibt’s die Harfe spielende Schwester und den Bruder, ein Dorfpfarrer, der seine Kirchenorgel beisteuerte. Und dazu dieser chronisch unperfekte Gesang, der aber vielleicht genau deshalb so berührt und so authentisch und ehrlich wirkt, weil er nicht vom Drang nach Perfektion, sondern von einem unmittelbaren Gefühl für den Moment geleitet wird. Und dann ist Dagobert gestorben. Also zumindest im Traum. Ein intensiver Traum, der in den Titelsong Schwarz mündete.

Berührend: der chronisch unperfekte Gesang

"Ich war wirklich ein paar Tage lang benommen und ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt wirklich noch lebe. Das war auch einer Zeit, in der ich alleine war in den Bergen. Es war sehr merkwürdig. Dass ich daraus noch einen Song machen konnte, hat mich sehr glücklich gemacht."

Dieser Dagobert ist und bleibt faszinierend, trifft vielleicht nicht bei jedem mitten ins Herz oder ins Schwarze, aber dieses musikalische Anecken, das dann auch noch mit leichtem Schweizer Akzent daherkommt, das macht Dagobert besonders. Und die nächste Dagobert-Häutung zeichnet sich auch schon gerade ab. Irgendwer hat ihn dazu überredet, eine Platte in Panama aufzunehmen. Wird sehr fröhlich werden, verspricht Dagobert. Und was kommt danach?

"Ich bin überhaupt niemand, der ein Bedürfnis hat nach Sicherheit. Finanziell sowieso nicht. Ich bin offen und möchte gerne Abenteuer erleben, das ist wahrscheinlich charakteristisch. Ich hab schon auch Lust, sehr viele, sehr unterschiedliche Sachen noch zu machen. Ich hab jetzt auch nicht wirklich so einen Stil, den irgendwer jemals genau definiert hätte. Das ist marktwirtschaftlich bestimmt ein Nachteil, aber mir gibt das eine große Freiheit und ich werde in Zukunft weiter machen können, worauf ich Lust habe und was sich so ergibt."

"Schwarz" von Dagobert ist erschienen bei recordJet.

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