Ein Mann sitzt auf einer Treppe
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Max Rieger, der Sänger von Die Nerven, bringt mit "Alles ist nur Übergang" ein neues Soloalbum raus.

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Ein großer Wurf: "Alles ist Übergang" von All Diese Gewalt

Max Rieger, bekannt als Stimme der Stuttgarter Indie-Rock-Band "Die Nerven", hat mit seinem Solo-Projekt "All Diese Gewalt" ein exzellentes neues Album veröffentlicht.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Als hätte Max Rieger zu viele Gedichte von Ingeborg Bachmann gelesen, dazu ein bisschen expressionistische Lyrik zitiert, so wirken die Lied-Texte von Max Rieger, der bekannt ist als Sänger und Gitarrist der Stuttgarter Band Die Nerven.

Rieger, der auch andere Künstler produziert wie Hiphop-Star Casper, betreibt sein Solo-Projekt, das den eigenwilligen Namen "All Diese Gewalt" trägt, bereits seit gut zehn Jahren. "Alles ist Übergang" ist bereits das vierte Studio-Album von All Diese Gewalt. Es ist, um es kurz zu machen, die bisher beste, dichteste Produktion Riegers.

Rieger rezitiert mehr als er singt

Das Schlagzeug in wattigen Hall gepackt, die Sounds von Keyboards und E-Gitarren klingen exzellent, sind aber nur höchst sparsam eingesetzt. Dazwischen rezitiert Rieger mehr als er singt seine Verse über existenzielle, künstlerische und spirituelle Defizite. Es sind verschlüsselte, aber stimmige Texte eines lyrischen Ichs, das während der ersten Album-Hälfte in der Krise ist.

In der zweiten Hälfte klingen dann Hoffnung und Aufbruch an. Rieger formuliert ein tiefes Unbehagen. Dass er alte Motive aus der Barocklyrik wie das vom "Gast auf Erden" benutzt, um moderne Verlorenheitsgefühle auszudrücken und durch einen Songtitel auf Platons Höhlengleichnis verweist, zeigt, dass hier ein belesener Songschreiber am Werk ist. Dazu passen bestens die mollgetränkten Klänge zwischen Gothic und melancholischem Post Punk.

Einziges Manko: die stets gleich klingende Stimme von Rieger

Schön produziert, mit viele Liebe für's Klangdetail jedenfalls ist dieses vierte Album von All diese Gewalt zweifellos, ungewöhnlich fein jedenfalls für deutschsprachigen Pop, und sehr hörenswert.

Einziges Manko: die stets gleich klingende, jungenhafte Stimme von Rieger, der immer mit ein und demselben Ausdruck des Erstaunens auf die Welt zu blicken scheint und sich stets vornehm-leise zu Wort meldet, die Varianz der Stimmgestaltung kommt wahrscheinlich noch mit zunehmender Erfahrung. Nichts desto weniger ein großer Wurf, was Produktion und Songwriting angeht.

"Alles ist Übergang" von All diese Gewalt ist bei Glitterhouse erschienen.

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