Für geglückte Zufälle verwenden Experten gerne den Begriff "Serendipität". Das ist die Fähigkeit, Zufälle als Chancen zu nutzen und selbstverantwortlich zu handeln. Die Voraussetzung dafür sehen sie in der Freiheit des Menschen, Möglichkeiten als solche zu erkennen – oder vorbeiziehen zu lassen.
Ist das Leben eine einzige Kette von Zufällen?
Stefan Christner aus dem Landkreis Ebersberg weiß: Sein Lebensweg ist nicht gerade verlaufen, er hat einige Umwege in Kauf genommen. Der 55-Jährige hat viele verschiedene Berufe ausgeübt, war Judotrainer und Ingenieur. Denn sein größter Berufswunsch, Pilot zu werden, hat sich nicht erfüllt. Rückblickend haben sich die Umwege aber als Chancen herausgestellt - als glückliche Zufälle, die er genutzt hat. Heute leitet Stefan Christner eine Reisemobil-Firma mit 70 Mitarbeitern, der Job als Geschäftsführer erfüllt ihn.
"Als ich arbeitslos war, hat sich durch Zufall die Möglichkeit ergeben, in die Reisemobil-Firma meiner Tante hineinzuschnuppern. Und dann habe ich plötzlich gemerkt: Ich bin gut im Verkaufen." Stefan Christner, Geschäftsführer
Stefan Christner hat die Möglichkeiten genutzt, die sich ihm entlang des Weges geboten haben - für Coach Sabine Asgodom ein positives Beispiel für geglücktes Leben. "Unsere Karrieren verlaufen anders, als wir es uns vorstellen. Zickzack-Karrieren werden auch bei uns in Deutschland immer häufiger." Seit 30 Jahren hilft die Münchnerin Menschen dabei, ihre Talente und Leidenschaften herauszufinden – und sie zu verwirklichen. Von festgelegten Zehn-Jahres-Plänen hält sie wenig, vielmehr setzt sie auf die Macht des Zufalls. Das Leben versteht sie als eine einzige Kette von Zufällen.
Nur wer ein Ziel hat, erkennt im Zufall eine Chance
"Die wichtigste Voraussetzung, um aus einem Zufall eine Chance zu machen, ist nach meiner Erfahrung: Du brauchst eine Absicht, wenn du dich beruflich verbessern willst, eine Arbeit finden willst oder eine neue Bekanntschaft schließen möchtest. Du musst es wollen, und dann die Zufälle nutzen." Denn nur wer überhaupt weiß, was er im Leben will, kann Zufälle auch nutzen.
Wissen, was man im Leben will
Stefan Christner hat immer gewusst, dass sein Beruf etwas mit seinen Leidenschaften zu tun haben muss. Bevor er in die Reisemobil-Firma eingestiegen ist, hat er schon viele Jahre selbst Urlaube in der Wildnis mit einem Pick-up-Auto unternommen. Und ihm war immer klar: Er muss ausreichend Geld verdienen, um seine Familie zu versorgen. "Ich bin immer den nächsten Schritt gegangen, nie stehengeblieben. Ich mache immer weiter, war mein Credo." Sich selbst bezeichnet er als Pragmatiker, der vieles gut kann, aber nichts herausragend.
Wissen, was man will im Leben – das können viele Menschen nicht, sagt Sabine Asgodom. Nur die wenigsten hätten klare Ziele.
Tipps, wie wir Zufälle als Chancen erkennen können
Wie das geht? Dafür haben Expertinnen wie Sabine Asgodom ein paar Tricks. "Wer offen und neugierig ist, auf andere zugeht, mit vielen Menschen ins Gespräch kommt, dem öffnen sich auch wieder neue Türen." Außerdem blockieren oft Zweifel und Ängste oder auch falsche Glaubenssätze aus der Kindheit. Sabine Asgodom nennt das die "Aber-Falle". "Aber das kann ich doch nicht, aber wie soll ich neue Kunden finden - das sind Sätze, die ich sehr häufig höre." Wer die Aber-Falle überwindet, offen ist, an die Macht des Zufalls glaubt und Chancen nutzt, dessen Leben könne sich besser entwickeln und gelingen.
Übrigens: Der Traumberuf von Stefan Christner war eigentlich Test-Pilot. Doch als junger Mann ist er durch den Pilotentest bei der Lufthansa gefallen. Heute ist er froh, dass es so gekommen ist. "Als Familienvater ist es doch viel sicherer, Reisemobile zu verkaufen, als Flugzeuge zu testen."
Übrigens: Wer an die Macht des Zufalls glaubt, der kann etwas entspannter durchs Leben gehen. Geduld, Gelassenheit und Humor helfen dabei.
Mehr zum Thema "Göttlicher Plan oder Zufall" in STATIONEN, am Mittwoch, 31. Mai 2023 um 19 Uhr im BR Fernsehen und in der ARD Mediathek.
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