Ernst von Siemens Kunststiftung kaufte die Statue für das Museum an
Bildrechte: Bayerisches Nationalmuseum

Merkur-Plastik von Hubert Gerhard aus der Zeit vor 1600 im Bayerischen Nationalmuseum

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Nach Skandal in London: Wie sicher sind Bayerns Museen?

Aus dem Britischen Museum wurden offenbar "über einen langen Zeitraum" rund 2.000 Objekte entwendet, der deutsche Direktor trat zurück. Im Bayerischen Nationalmuseum in München wähnt man sich auf der sicheren Seite: "Die Museumswelt ist erschüttert."

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Da würde mir das Herz stehen bleiben, wenn das bei uns passieren würde", so der Generaldirektor des Bayerischen Nationalmuseums in München, Frank Matthias Kammel, im Gespräch mit dem BR zum offenbar systematischen Kunstdiebstahl im Britischen Museum in London: "Das finde ich schon sehr bedenklich." In London nahm der deutsche Direktor Hartwig Fischer seinen Hut, nachdem sich herausgestellt hatte, dass über einen längeren Zeitraum offenbar rund 2.000 Pretiosen abhanden kamen, teilweise nicht katalogisierte Objekte. Vor allem auf Edelsteine und Goldschmuck sollen es die Täter abgesehen haben. Aufsichtsratsvorsitzender George Osborne schimpfte, "ehrlich gesagt" hätte "deutlich mehr getan" werden können, um den Skandal zu verhindern. Hartwig Fischer selbst räumte ein, auf eine "Warnung" im Jahr 2021 nicht umfassend genug reagiert zu haben.

Früher wurden "ganz legal" Objekte verkauft

Frank Matthias Kammel, der die Leitung des Bayerischen Nationalmuseums im Juli 2018 übernahm, verwies darauf, dass dort alle Gegenstände zumindest innerhalb des Hauses erfasst seien. Allerdings sei der Online-Katalog noch im Aufbau, dort seien derzeit Informationen über rund 25.000 Objekte abrufbar. Mit seinem Amtsantritt habe er die Digitalisierung sofort auf den Weg gebracht, andere Häuser seien damals schon weiter gewesen. Tatsächlich werde das Museum gelegentlich vom Kunsthandel angerufen, weil dort Stücke mit einer Inventarnummer des Bayerischen Nationalmuseums auftauchten: "Das hat damit zu tun, dass bei uns im Haus zwischen den Kriegen und bis in die Nachkriegszeit hinein ganz legal Objekte verkauft wurden, um mit dem Erlös andere Objekte zu erwerben."

"Das kann ich mir nicht vorstellen"

Professionelle Kunsthändler seien in der Lage, Inventarnummern zurückzuverfolgen und Recherchen anzustellen, wenn versucht wurde, sie zu entfernen: "Diese Nummern sind eigentlich irreversibel. Die können nur entfernt werden, wenn Sie Substanz wegnehmen." Manche Käufer ließen die Nummer allerdings gleichwohl wegfeilen oder weghobeln. Der Schwarzhandel sei sowieso unkontrolliert. Das Bayerische Nationalmuseum gehört mit 13.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche zu den größten Häusern für Kunst- und Kulturgeschichte und präsentiert Kostbarkeiten seit der Spätantike, darunter Schmuck, Uhren, Elfenbein und Waffen.

"Man darf nie nie sagen, aber wir tun natürlich alles, dass so etwas nicht passieren kann. Wenn das stimmt, was den Medien über den Vorfall im Britischen Museum zu entnehmen ist, dann ist es schon erstaunlich, dass so etwas hinsichtlich der Masse der entwendeten Dinge vorkommen kann", so Kammel. "Dass kann ich mir nicht vorstellen, dass das in unserem Haus in dem Ausmaß passieren könnte, weil wir Mechanismen wie die Revision oder die Inventur haben. Das hat manchmal pragmatische Gründe, wenn Depots saniert werden oder Objekte umziehen müssen, spätestens dann würde das auffallen."

"Da rückt jemand zwei Vasen zusammen"

Es komme durchaus vor, dass ein Gegenstand nicht am angestammten Platz sei, so Kammel, dann werde im Haus eine "Suchaktion" gestartet: "Deswegen gibt es bei uns Standortverzeichnisse und 'Stellvertreter'. Wenn man sich landläufig vorstellt, da rückt jemand einfach zwei Vasen näher zusammen, damit nicht auffällt, dass da in der Mitte im Regal eine fehlt, das geht bei uns nicht, weil die Verzeichnisse auch regelmäßig kontrolliert werden." Leider sei es allerdings eine "menschliche Konstante", dass es immer wieder Versuche gebe, Kunstgegenstände zu stehlen oder zu beschädigen. So sei es vorgekommen, dass in Lesesälen von Bibliotheken selbst unter Aufsicht Kupferstiche aus kostbaren historischen Bildbänden herausgeschnitten worden seien.

"Die Museumswelt ist immer erschüttert, wenn so was vorkommt. Wir sind durch den Vorfall im Grünen Gewölbe in Dresden erschüttert gewesen, weil das eine Art von Kriminalität gewesen ist, die wir bisher so nicht kannten. Dasselbe galt für den Fall im Kelten- und Römermuseum in Manching [wo ein Goldschatz gestohlen wurde]. Aber wenn die Täter jetzt anfangen, weit, weit vor dem Museum Sicherheits-Infrastrukturen lahmzulegen, müssen wir natürlich vollkommen neu nachdenken", so Kammel.

Vom Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg hieß es von der dortigen Pressestelle gegenüber dem BR, das Haus wolle sich zum Geschehen im Britischen Museum aktuell nicht äußern. Was in London geschehen sei, sei eine "zumindest bislang einmalige und wirklich extreme Situation", die aus der Ferne schwierig zu beurteilen sei, da nichts über die "genauen internen Abläufe" bekannt sei.

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