Zwei Frauen stehen in einem gefliesten Badezimmer, die eine schminkt sich, während die andere an der Kamera vorbei blickt
Bildrechte: Aus dem Dokumentarfilm All The Beauty And The Bloodshed

Ungeschützte Einblicke in höchst private Räume und Momente haben die Fotografin Nan Glodin bekannt gemacht.

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Die Künstlerin als Kämpferin - Dokumentarfilm über Nan Goldin

Bekannt wurde die Fotografin Nan Goldin als Vorkämpferin der LGBTQ-Bewegung. Die Doku "All the Beauty and the Bloodshed" zeigt jetzt ihr Engagement gegen den Oxycontin-Hersteller Sackler, der sich mit Kultur-Spenden reinwaschen will.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

"Meine Wut auf die Familie Sackler ist etwas ganz Persönliches", sagt Nan Goldin in dem Film. "Wenn man an den Profit denkt, den sie aus den Schmerzen von Menschen ziehen, kann man nur wütend sein." "Die Sacklers lügen" rufen Demonstranten vor einem New Yorker Museum.

Die Sacklers – das ist eine US-amerikanische Unternehmerfamilie, die nicht nur Millionenspenden an große Museen in aller Welt gibt, sondern auch Firmen besitzt, die gefährliche Medikamente herstellen.

Die Fotografin Nan Goldin nahm 2014 das Schmerzmittel Oxycontin, das ihr nach einer Operation verschrieben wurde. Es ist ein Medikament, das süchtig macht. Goldin verschaffte es sich nach dem Ende der Verschreibung, wie viele andere auch, weiter illegal. Sie wäre fast daran gestorben, wie bisher schon fast eine halbe Million Menschen in den USA.

Nach ihrem Entzug fing Goldin an, sich bei der Initiative gegen Oxycontin mit dem Namen P.A.I.N. zu engagieren – und initiierte Protestaktionen vor und in Museen. Sie machte außerdem klar: Kulturinstitutionen, die Geld von den Sacklers nehmen, dürfen ihre Fotos nicht mehr ausstellen.

Kampf gegen Bigotterie und Heuchelei

Davon erzählt der Film "All The Beauty And The Bloodshed". Museen wie das New Yorker Guggenheim oder die National Gallery in London oder der Louvre in Paris lehnen es inzwischen ab, noch Geld von den Sacklers zu nehmen – und waren dann sogar bereit, Teile der Gebäude, die nach den Sacklers benannt sind, etwa den Sackler Wing im Metropolitan Museum of Art, umzubenennen. Nan Goldin konnte mit ihrem Protest wirklich etwas verändern.

Regisseurin Laura Poitras verwebt in "All the Beauty and the Bloodshed" die US-Opioidkrise mir der Lebensgeschichte und künstlerischen Arbeit der großen amerikanischen Fotografin.

Nan Goldin, geboren 1953, begleitet mit ihren Bildern seit den siebziger Jahren den amerikanischen Underground und das Leben von Menschen, mit denen sie in Berührung kam. Ihre Fotografien sind von einer schonungslosen Direktheit in der Abbildung von Leid, Gewalt, Sex, Armut und Unterdrückung. Ihre berühmteste Arbeit ist die Tonbildschau "Die Ballade der sexuellen Abhängigkeit". Die kannte auch Laura Poitras schon, bevor sie selbst Goldin begegnete und anfing, mit ihr über einen Film nachzudenken.

Offen und ehrlich

Laura Poitras gibt Nan Goldin auf sehr intime Art und Weise eine Bühne für ihren Blick auf die Welt. Die Fotografin spricht berührend ehrlich und offen über sich selbst, über eigene Krisen, das Patriarchat, das nach wie vor über die Frauen und die Welt herrsche, über Kunst und die Verlogenheit von gesellschaftliche Dialogen. Viele Themen würden nach wie vor tabuisiert und ausgeblendet. Mit ihrer Arbeit und ihren Aktionen wolle sie das ändern, und deshalb sei es wichtig gewesen, in dem Film nichts zu verheimlichen oder zu bagatellisieren.

Mit Laura Poitras zu sprechen, habe sie sehr inspiriert, sagt Nan Goldin. Die Regisseurin habe sehr persönliche und auch unangenehme Fragen gestellt. Es sei wie eine Therapie ohne Therapeutin gewesen. Öffentlichkeit sei sie zwar als Künstlerin schon lange gewöhnt, aber das sei jetzt eine andere Sache: Es gehe weit über die hermetische Kunstwelt hinaus, im Kino erreiche man ein sehr viel breiteres Publikum – und einen Film könne man irgendwann auch im Fernsehen sehen oder streamen.

All The Beauty And The Bloodshed - Dokumentarfilm, USA 2022, 117 Minuten. Regie: Laura Poitras.

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