Szene aus "Conversations with Friends"
Bildrechte: Enda Bowe / Element Pictures

Szene aus "Conversations with Friends"

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Serienadaption nach Sally-Rooney-Roman: Klischee im Kulturmilieu

"Normal People" war ein riesiger Erfolg – als Roman und als Fernsehserie. Jetzt wurde auch aus Sally Rooneys Romandebüt "Conversations with Friends" eine Serie. Die Erwartungen sind hoch - werden sie erfüllt? Eine Filmkritik.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Frage: Was ergibt eine Vierecksbeziehung aus zwei Studentinnen, einer erfolgreichen Schriftstellerin und deren Ehemann, einem Schauspieler? Antwort: viele manierierte Gespräche.

Schreibst du eigentlich auch noch andere Sachen, Francis? Prosa zum Beispiel? – Nein. – Warum nicht? – Ich schätze, dass mir gerade die Vergänglichkeit daran gefällt. Als Performance. Ich find's befremdlich, dass was von mir für immer existieren soll. – Das finde ich faszinierend, weil für mich das Schreiben immer eng verbunden war mit dem Wunsch etwas Unvergängliches zu schaffen.

Nervige Gespräche im Kultur-Milieu

Die Serie "Conversations with Friends" spielt in diesem kreativen Kultur-Milieu. Frances und Bobbi waren ein Paar und sind nun enge Freundinnen Anfang 20. Ihre beginnende Beziehung zu dem älteren Ehepaar wird ein lehrreicher Teil ihres Erwachsenwerdens sein. Die Ehefrau wird von Jemima Kirke gespielt, bekannt aus der US-Serie "Girls", die zu ihrer Zeit als pointierte Darstellung eines Milieus galt – so wie Romane von Sally Rooney heute.

Serien-Hauptfigur Francis ist das verträumte Klischee einer literaturinteressierten Studentin: introvertiert, intellektuell und attraktiv – auch wenn sie uns in der Serie als unscheinbar verkauft wird (nur weil sie nicht aussieht wie ein Instagram-Model). Fast entschuldigend maust Francis sich durch ihr Leben als Englischstudentin am Dubliner Trinity College, an dem Sally Rooney übrigens tatsächlich studiert hat. Auch Frances schreibt. Ihre Texte performt sie zusammen mit Freundin Bobbi an Poetry-Abenden. Frances ist das Gehirn, Bobbi die Performerin. Die Rollen in dieser Freundschaft sind klar verteilt.

Guter Blick für Gegenwartsphänomene

Als die vier Hauptfiguren zum ersten Mal aufeinandertreffen, entsteht sofort eine Verbindung zwischen den beiden eher explorativen Figuren – Melissa und Bobbi – einerseits und den beiden kompliziert denkenden und vor sich hin stöpselnden – Frances und Nick – andererseits, die sich schwer damit tun, ihre Gefühle auszudrücken.

Die Serie beschreibt toll einige sehr bemerkenswerte Kommunikationsphänomene unserer Gegenwart. Die wichtigsten Dinge werden selten von Angesicht zu Angesicht gesagt und stattdessen wird vieles schriftlich über Smartphones kommuniziert; gezeigt wird auch, wie bedeutend der Übergang ins Gesprochene für Beziehungen ist. "Conversations with Friends" ist außerdem eine ausgesprochen ästhetische Serie. Jedes Setting ist stimmig, die vier Hauptfiguren könnten einem Mode-Magazin entsprungen sein: So interessant sehen sie aus, so elegant sind sie gekleidet.

Optisch ist die Serie toll, inhaltlich aber unbefriedigend

Wenn die Kamera der Hauptfigur Frances im Alltag folgt, sie beim Eintreten in Räume begleitet, während Zugfahrten oder beim Spazieren über den Campus, dann hat es etwas Beobachtendes, fast Dokumentarisches. Vermutlich soll das Zuschauern Raum geben, die so nüchtern dargestellten Geschehnisse selbst einzuordnen. Das fühlt sich manchmal an, als würde man Insekten unter einer Lupe beobachten. Die Figuren verhalten sich zueinander – das kann man sehen. Was ihre Beweggründe sind, bleibt unklar – nachempfinden kann man wenig. Die Übertragung des minimalistischen Stils von Sally Rooneys Roman "Conversations with Friends" funktioniert zwar optisch – ist inhaltlich in dieser Serienform aber eher unbefriedigend.

Verpassen war gestern, der BR Kultur-Newsletter ist heute: Einmal die Woche mit Kultur-Sendungen und -Podcasts, aktuellen Debatten und großen Kulturdokumentationen. Hier geht's zur Anmeldung!