Ein Gedenktafel an einem Haus weist in roter Schrift daraufhin, dass hier am 4. September 1823 ein Feuer 262 Häuser, das Rathaus und die Michaeliskirche zerstörte.
Bildrechte: BR

Ein Brand hat vor 200 Jahren Hof fast ganz zerstört. Nach dem verheerenden Feuerentstand ein einzigartiges Biedermeierviertel.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Brandkatastrophe 1823: Die Geburt des Hofer Biedermeierviertels

Ein Brand hat vor 200 Jahren Hof fast ganz zerstört. Nach dem verheerenden Feuer errichteten die Bürger ihre neuen Häuser nach strengen Vorgaben. So ist ein Viertel entstanden, das zu den größten klassizistischen Ensembles in Deutschland zählt.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau am .

Im Jahr 1823 hat ein Feuer 90 Prozent der Häuser in der Stadt Hof vernichtet. Nach dem verheerenden Stadtbrand errichteten die Bürger ihre Häuser nach genauen Vorgaben. Entstanden ist ein Viertel, das heute zu den größten in sich geschlossenen klassizistischen Ensembles in ganz Deutschland zählt. Das Ensemble wäre ohne die große Katastrophe wohl nie entstanden.

Eine Gedenktafel ist am Montag an jenem Haus in der Ludwigstraße enthüllt worden, in dem am 4. September 1823 das Feuer ausgebrochen war. Dort wohnte der Türmer Christoph Klauß mit seiner Frau. Klauß warnte seine Mitbürger vor dem Feuer. Er und seine Frau konnten aber selbst nicht mehr gerettet werden.

Türmer Klauß schlägt Alarm und kommt mit seiner Frau ums Leben

Es ist der 4. September 1823. Der Hofer Türmer Christoph Klauß entdeckt in den frühen Abendstunden ein Feuer, das schnell um sich greift. Christoph Klauß und seine Frau schlagen von den Türmen der Michaeliskirche aus Alarm. Sie versuchen, die Hofer vor den schnell um sich greifenden Flammen zu warnen. Doch starke Winde fachen das Feuer immer mehr an. Binnen kürzester Zeit brennen ganze Häuserzüge. Auch die Michaeliskirche wird zum Raub der Flammen. Der Türmer und seine Frau kommen ums Leben.

Der Brand ist verheerender als alle Feuersbrünste, die die Stadt Hof in ihrer Jahrhunderte alten Geschichte erlebt hat. Drei Tage lang brennt es, 90 Prozent der Häuser innerhalb der Stadtmauer werden vernichtet, mehr als 3.000 Bürger verlieren ihr Hab und Gut.

Historische Löscheimer aus Leder im Museum Bayerisches Vogtland

Im Museum Bayerisches Vogtland in Hof ist die Katastrophe dokumentiert. Museumsleiterin Magdalena Bayreuther zeigt in der Dauerausstellung unter anderem einige der historischen Eimer aus Leder, die mit Löschwasser gefüllt wurden und mit denen die Hofer damals versucht hatten, gegen die Flammen anzukämpfen.

"Es gab ja damals noch keine Freiwillige Feuerwehr. Deswegen wurde vor allem mit solchen Löscheimern hier gelöscht. Und dann hatte man vier Feuerspritzen, die man an Brunnen auffüllte, mit Wasser. Man hatte noch Haken, mit denen man Gebäude eingerissen hat, dass es vorher nicht übergesprungen ist. Aber die Hofer haben mit Unterstützung auch anderer Städte zwei, drei Tage lang gegen diesen Brand gekämpft und dann versucht, noch ein Übergreifen zu vermeiden." Magdalena Bayreuther, Leiterin Museum Bayerisches Vogtland in Hof

Historische Unterlagen belegen, dass schon wenige Monate nach dem Brand begonnen wurde, die Stadt neu aufzubauen. Die Bürger errichteten neue Häuser: nach strengen Vorgaben der königlich-bayerischen Behörden und im Stil des damals gerade sehr angesagten Klassizismus. Die Hofer Neustadt gilt heute als eines der größten und am besten erhaltenen, in sich geschlossenen Klassizismus-Ensembles in Deutschland.

Museum plant Ausstellung über Biedermeierviertel

Sabine Schaller-John ist vor wenigen Jahren nach Hof gezogen. Das sogenannte Biedermeierviertel faszinierte die Hobbyfotografin vom ersten Moment an. Zum an sich traurigen Ursprung und 200-jährigen Bestehen des Viertels will sie gemeinsam mit dem Museum Bayerisches Vogtland im Herbst eine Ausstellung auf die Beine stellen. Sie fasziniert vor allem die Einheitlichkeit, auf die die Behörden beim Wiederaufbau damals bestanden hatten.

"Das wurde wirklich konsequent durchgezogen. Und das erzeugt natürlich diese Heimeligkeit, die sehr elegant wirkt, nach meinem Dafürhalten. Manche sagen, sieht ja langweilig aus – finde ich aber überhaupt nicht, sondern ich finde, es hat einen sehr schönen Charme und schafft auch eine gewisse heimelige Atmosphäre." Sabine Schaller-John, Hobbyfotografin

In einigen Häusern findet Sabine Schaller-John noch eine wahre Besonderheit. Im Gebäude der Volkshochschule zum Beispiel. Hier kann sie noch Mauerreste aus der Zeit vor dem Brand erkennen. Auf die Mauerreste wurde einfach ein neues Haus drauf gebaut.

Steinerne Gewölbe haben Stadtbrand überstanden

Ein typisches Merkmal für viele Häuser des Hofer Biedermeierviertels sind steinerne Gewölbe, die häufig noch aus dem 17. Jahrhundert stammen und den Stadtbrand überstanden hatten. Hannelore Ströbel besitzt im Biedermeierviertel ein Haus mit so einem typischen Gewölbe.

"Man hat mir mal erzählt, dass damals, nach dem Brand, ein Baumeister aus Bayreuth entschieden hatte: Wir reißen das Gewölbe nicht ab, sondern wir bauen auf das Gewölbe auf. Und deshalb war es Gottseidank eine sehr glückliche Fügung, denn sonst wären diese Schätze mehr oder weniger alle verloren." Hannelore Ströbel, Hausbesitzerin in Hof.

Die zunehmende Industrialisierung im 19. Jahrhundert sorgte auch in Hof für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Das neue, klassizistisches Stadtbild entspricht Ende der 1820er-Jahre wohl auch dem Selbstverständnis der Hofer Bürgerschaft: schlicht, zurückhaltend und trotzdem durch dezenten Schmuck durchaus ein wenig elegant.

Biedermeierviertel soll Hof bekannter machen

Oberbürgermeisterin Eva Döhla (SPD) erkennt im Biedermeierviertel viel Potenzial, um Hof bekannter zu machen.

"Wir wollen wirklich diesen Stadtplan und diese 200 Jahre nutzen, um das auch ins Bewusstsein zu bringen, bei unseren eigenen Bürgerinnen und Bürgern, aber auch so in der interessierten, größeren Öffentlichkeit. Und wir denken, dass wir mit diesem wirklich einzigartigen Ensemble, mit den Straßenzügen, die wir hier haben, wenn auch noch etwas investiert würde, dass wir da wirklich ein Alleinstellungsmerkmal haben". Eva Döhla, Oberbürgermeisterin von Hof

Dabei soll auch die geplante Ausstellung im Herbst helfen. Die Fotografin Sabine Schaller-John sucht dafür historische Unterlagen im Stadtarchiv. Die sollen Aufschluss darüber geben, wie die Menschen den Brand im Jahr 1823 erlebt haben.

Gedenktafel wird enthüllt und Glocken läuten

Neben der Gedenktafel haben am Montag zwischen 9.00 und 10.00 Uhr die Glocken der drei Innenstadt-Kirchen St. Michaelis, St. Lorenz und der Hospitalkirche an den Stadtbrand von 1823 erinnert. Die Glocken waren im Viertelstunden-Takt jeweils fünf Minuten lang zu hören.

Außerdem bietet die Stadt Hof noch bis Jahresende spezielle Stadtspaziergänge und Häuser-Besichtigungen an. Einen Gedenkgottesdienst gibt es am Sonntag, den 10. September, in der Michaeliskirche, einen Tag der offenen Tür bei der Freiwilligen Feuerwehr am 16. September und eine große Ausstellung im Hofer Stadtmuseum ab dem 21. Oktober. Damit sollen nicht nur die Ursachen des verheerenden Feuers beleuchtet, sondern vor allem der Wiederaufbau der Stadt in den Blickpunkt gerückt werden.

Ein Mann und eine Frau stehen in luftiger Höhe auf dem Verbindungsbau zwischen zwei Kirchtürmen.
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Die Stadt Hof wurde 1823 durch ein Feuer fast vernichtet. Danach errichteten die Bürger ihre Häuser nach genau festgelegten Vorgaben.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!