An einem Haus hängt ein Schild mit der Aufschrift "Stadtbibliothek".
Bildrechte: Moritz Holfelder

Seit 2011 beheimatet das Gebäude die Stadtbibliothek, die Volkshochschule und die Kinder- und Jugendbibliothek.

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Beispielgebende Umnutzung: Die Bayreuther Stadtbibliothek

In Zeiten der Kaufhauspleiten und innerstädtischen Verödung müssen sich Städte zunehmend Gedanken darüber machen, wie sie ihre Innenstädte beleben. In Bayreuth ist das mit der Stadtbibliothek RW21 gelungen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Nur ein paar Gehminuten vom Haus Wahnfried entfernt, der Villa Richard Wagners, beginnt die Bayreuther Fußgängerzone. Früher verlief dort der sogenannte Rennweg als überregionale Verbindung für den schnellen Verkehr. Der berühmte Komponist wohnte dort. Nach ihm heißt die Chaussee seit 1885.

Im Dezember 1890 erwarb der Bayreuther Fotopionier und Ansichtskartenverleger Rudolf Bechthold das Grundstück Richard-Wagner-Straße 21 und ließ 1891 vom nicht weiter bekannten Baumeister Friedrich Weiß das Gebäude mit seiner gründerzeitlichen Fassade errichten. Eine Druckerei wurde dort bis 1986 betrieben – dann übernahm die Landshuter Modekette Oberpaur das denkmalgeschützte Objekt als Bayreuther Filiale. Doch Ende 2002 wurde das Modehaus wieder geschlossen.

Die Renovierungsarbeiten kosteten 3,5 Millionen Euro

Sechs Jahre lang herrschte Unklarheit über die Zukunft, dann kaufte die Stadt das Gebäude und machte ein "Haus des lebenslangen Lernens" daraus, das nun seit 2011 die Stadtbibliothek, die Volkshochschule und die Kinder- und Jugendbibliothek beheimatet.

Architektonisch ist das als Umnutzung beispielgebend in Zeiten der Kaufhauspleiten und der innerstädtischen Verödung: Die Renovierungs- und Umbauarbeiten kosteten nur 3,5 Millionen Euro. Erhalten blieb die historisierende Fassade sowie im Inneren der weite offene Raum samt den Rolltreppen, die an die frühere Nutzung als Textilkaufhaus erinnern.

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Die Bayreuther Stadtbibliothek erstreckt sich über 4.000 Quadratmeter.

"Wir haben hier rund 4.000 Quadratmeter auf vier Stockwerken. Das ist auch ein barrierefreies Haus im Sinne der Niederschwelligkeit und Zugänglichkeit", sagt Monika Pellkofer. Sie macht die Öffentlichkeitsarbeit und Programmplanung für die Bayreuther Stadtbibliothek RW21.

Die Bibliothek als zweites Wohnzimmer

Es gibt ein frei zugängliches Lesecafé samt Dachterrasse, eine Laptop-Lounge, eine zusätzliche Bibliothek der Dinge samt Artothek sowie Flächen für Ausstellungen, Veranstaltungen, soziale Angebote und interkulturelle Begegnungen. Beim Bibliothekenindex, einem bundesweiten Leistungsvergleich, erhält die Bayreuther RW21 stets Bestnoten. Was den Besuch betrifft, liegt das Haus oft auf dem Spitzenplatz. Teilweise kommen bis zu 150 Besucher stündlich. "Für viele ist das hier das zweite Wohnzimmer – und wir haben eine relativ lange Verweildauer in der Bibliothek. Das ist schon beachtlich. Und wir hoffen auch, dass das so bleibt", sagt Pellkofer.

Die Chancen dafür stehen gut, denn Bibliotheken boomen. Als "Dritter Ort", wie ihn der US-amerikanische Raumsoziologe Ray Oldenburg neben Wohnen und Arbeiten definiert hat, als eben das zweite Wohnzimmer mit gemütlichen Sitzgelegenheiten und verschiedensten Angeboten für die Besucher. Ein Platz sozialer, kultureller und digitaler Teilhabe mit hoher Aufenthaltsqualität. Architektonisch geht es darum, die Bibliothek als Teil des öffentlichen Raums zu verstehen. Angesichts durchkommerzialisierter Innenstädte beziehungsweise ihrer zunehmenden Verödung ein geradezu utopischer Ort.

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