Die App "KulturPass DE" auf einem Smartphone. Der Kulturpass für Jugendliche wird fortgeführt.
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Der Kulturpass wird verlängert, aber nun gibt es nur noch 100 Euro

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"Armutszeugnis" - Kürzung beim Kulturpass sorgt für Kritik

Es ist wie mit dem halb vollen oder halb leeren Glas: Den Kulturpass für 18-Jährige soll es zwar 2024 weiter geben, aber nur noch mit halbem Budget. Während sich die Staatsministerin über die Verlängerung freut, regt sich bei anderen Unmut.

Über dieses Thema berichtet: Die Kultur am .

Der Börsenverein des Buchhandels zeigt sich wenig erfreut angesichts der Einsparung beim sogenannten Kulturpass. In einer Pressemitteilung, die die Organisation am Montag verschickt hat, spricht Hauptgeschäftsführer Peter Kraus vom Cleff von Enttäuschung.

Für Kulturstaatsministerin Claudia Roth dagegen überwiegt das Positive. Sie verkündete Ende vergangener Woche, es sei doch eine "sehr erfreulichen Nachricht für die Kultur wie auch für die jungen Menschen", dass der Kulturpass für 18-Jährige, den die Bundesregierung im vergangenen Jahr erstmals aufgelegt hatte, 2024 in eine neue Runde geht. Auch wenn die Kulturpassnutzerinnen und -nutzer künftig nur noch 100 Euro zur Verfügung haben statt bisher 200 Euro, sieht Roth in der Verlängerung "ein sehr wichtiges Signal für die Stärkung der Kultur gerade in Krisenzeiten". Mit dem Geld können über eine App Eintrittskarten für Kinos, Konzerte, Theater oder Museen gekauft werden oder es kann für Bücher, Platten oder Musiknoten genutzt werden.

Sparen ausgerechnet bei Kultur und Bildung?

Nach Ansicht des Börsenvereins setzt die Bundesregierung ein vollkommen falsches Zeichen. "Der Kulturpass ist ein ausgezeichnetes Instrument, um junge Menschen an Kulturangebote heranzuführen und sie so bei der Entwicklung zu informierten, offenen und reflektierten Erwachsenen zu unterstützen", erklärt Peter Kraus vom Cleff. Daher sei es ein "Armutszeugnis", dass die Bundesregierung gerade bei Kultur und Bildung spare.

Ähnliches ist auch von einzelnen Buchhändlern zu hören. Katrin Schmidt zum Beispiel, Mitinhaberin des Germeringer Buchladens "Lesezeichen", war vom Kulturpass anfangs so begeistert, dass sie auf den Instagram- und TikTok-Kanälen ihres Geschäfts sogar mit einem Erklärvideo dafür warb. Um so größer fällt nun ihre Ernüchterung aus. Vor allem jetzt, da sich Menschen wieder auf der Straße zum gesellschaftlichen Protest sammeln würden, seien "Kultur und Bücher ein Schlüssel für das Miteinander und auch gegen rechts". Daher seien die Sparmaßnahmen "extrem bedauerlich".

Kaum bekannt, schon gekappt

Schmidt hat beobachtet, dass die Jugendlichen ihr Kulturpassgeld sehr bewusst eingesetzt hätten, zum Beispiel für Bücher, die sie sich sonst nicht hätten leisten können: "Das haben sie in Gesprächen immer wieder so erzählt, nach dem Motto: toll, dass ich mir das jetzt gönnen kann. Und wenn sie nun halt keine 200 Euro mehr haben, sondern nur noch die Hälfte, wird der Kuchen einfach kleiner."

Was für die Buchbranche erschwerend hinzukommt: Kein anderer Bereich hat so stark vom Kulturpass profitiert wie der Buchhandel. Denn in Lesestoff haben die 18-Jährigen die größten Anteile ihrer Budgets investiert. Deutlich mehr zum Beispiel als in Theaterkarten. "Wir sind nicht gerade überrannt worden von Kulturpassinhabern", berichtet etwa eine Sprecherin der Münchner Kammerspiele auf BR-Anfrage. Sie führt diese Zurückhaltung unter anderem darauf zurück, dass sich die Handhabung der App "recht kompliziert" gestaltet habe. Trotzdem sei es "wahnsinnig schade", dass das Budget bereits wieder gekappt werde, noch ehe der Kulturpass so richtig bekannt geworden sei.

Trotzt Kürzung sei die Verlängerung eine Kraftanstrengung, sagt Roth

Der Kulturpass war im Juni vergangenen Jahres an den Start gegangen. Bis Jahresende konnten rund 750.000 Berechtigte auf das Angebot zugreifen. Die Halbierung des Budgets für 2024 begründete Kulturstaatsministerin Roth nun mit der angespannten Finanzsituation. Dass die Fortsetzung des Kulturpasses dennoch beschlossen wurde, wenn auch in kleinerem Umfang, sei "angesichts der allgemeinen Haushaltslage eine große Kraftanstrengung" gewesen.

Zugleich setzt Roths Verwaltung darauf, dass Kulturanbietende verstärkt mit vergünstigten Angeboten Jugendliche mit Kulturpass ansprechen. Bei Buchhändlerin Katrin Schmidt sorgt diese Aussage für Kopfschütteln. Aufgrund der Buchpreisbindung in Deutschland könne Sie ohnehin keine Sonderangebote an 18-Jährige machen. Aber auch grundsätzlich hat sie wenig Verständnis für diese Anregung: "Ich weiß nicht, was das für ein Zeichen an die Kultur sein soll. Wenn man jetzt wieder sagt, dann müsst Ihr es halt billiger machen – das finde ich schwierig" – zumal in der Kulturbranche das Geld ja seit jeher ohnehin knapp sei.

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