Der Wohnungsbau in Bayern lahmt
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Der Wohnungsbau in Bayern lahmt

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Wohnungsbau lahmt: Initiative schlägt Alarm

In Deutschland fehlen Hunderttausende Wohnungen, gerade bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Bayern ist keine Ausnahme, auch im Freistaat kommt der Wohnungsbau nicht voran, wie eine übergreifende Initiative von Immobilienbranche und Mieterbund warnt.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Deutschlandweit fehlen zurzeit rund 700.000 Wohnungen. Jährlich sollten etwa 400.000 neue dazukommen, um den Bedarf decken zu können. 100.000 davon sollen laut Bundesregierung Sozialwohnungen sein. 2022 wurden in Deutschland aber lediglich rund 250.000 neue Wohnungen gebaut.

In Bayern hat die Staatsregierung das Ziel ausgerufen, jährlich 70.000 Wohnungen neu zu schaffen. Diese Zahl allerdings wurde bislang nie erreicht.

  • Zum Artikel "Söder verpasst Wohnbau-Ziel: 93 Prozent fehlen"

Baugenehmigungen in Bayern um fast ein Drittel gesunken

Die gemeinsame Wohnungsbauinitiative von Wirtschaft, Immobilien- und Wohnungsbranche, Gewerkschaft und Mieterbund in Bayern schlägt nun Alarm: Ohne eine Wiederankurbelung der Bautätigkeit prophezeit das Bündnis eine weitere Verschärfung des Wohnungsmangels und einen Stellenabbau in der Baubranche.

Anlass des neuen Positionspapiers der Initiative ist eine gerade dramatische Entwicklung: der Rückgang der Baugenehmigungen um ein knappes Drittel in den ersten vier Monaten dieses Jahres.

Ziele der Staatsregierung "weiter entfernt denn je"

"Von den 70.000 neuen Wohnungen, davon 20.000 im geförderten Bereich, die jährlich gebaut werden müssten, ist man auch in Bayern weiter entfernt denn je", warnen die beteiligten Verbände – mit dem "geförderten Bereich" sind Sozialwohnungen gemeint.

Zu den Mitgliedern zählen unter anderem die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, das bayerische Baugewerbe, der Mieterbund, der Verband der bayerischen Wohnungsunternehmen und die Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt.

Einbruch nicht nur bei geförderten Wohnungen

Eingebrochen ist in diesem Jahr aber nicht nur der Bau günstiger Wohnungen. So haben Zins- und Preisanstieg auch einen Rückgang beim Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern zur Folge. Im frei finanzierten Wohnungsbau stellen nach Angaben von Fachleuten ebenfalls viele Bauträger geplante neue Mehrfamilienhäuser zurück.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte kürzlich ein eigenes bayerisches Bauprogramm angekündigt, aber noch keine Einzelheiten genannt.

Verbände befürchten negative Auswirkungen

Der mit dem Nachfragerückgang drohende Kapazitätsabbau in der Bauwirtschaft könne zu einem Verlust an Fachkräften führen, erklärte Andreas Demharter, Hauptgeschäftsführer des Landesverbands Bayerischer Bauinnungen. "Wenn die Mitarbeiter einmal weg sind, dann ist es unheimlich schwierig, diese gut ausgebildeten Leute wieder zurückzuholen, wenn es wieder besser läuft."

Der Mieterbund fürchtet negative Folgen auch für diejenigen, die bereits eine Wohnung haben: "Die fehlende Bautätigkeit führt zu noch höheren Mieten und das in einer Zeit, in der viele Mieter bereits jetzt finanziell überlastet sind", sagte Geschäftsführerin Monika Schmid-Balzert.

Sieben Forderungen an die Politik

Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft ist ebenfalls besorgt: "Denn ohne ein adäquates Angebot an Wohnraum wird es immer schwerer, dringend notwendige Arbeits-­ und Fachkräfte für den Wirtschaftsstandort Bayern zu gewinnen", sagte Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Die Initiative fordert in einem Sieben-Punkte-Katalog unter anderem langfristige und transparente Förderung für den Wohnungsneubau, deutlich mehr Bundeszuschüsse für neue Sozialwohnungen, die Ausschreibung von mehr Bauland und eine Vereinfachung des Baurechts.

Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland weiter gesunken

In den Forderungen der bayerischen Wohnungsbau-Initiative klingt an, dass besonders im Bereich der Sozialwohnungen der Bund gefordert ist. Die Berliner Ampel-Koalition hat den Bau von 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr als Ziel ausgegeben. Doch auch im vergangenen Jahr waren es deutlich weniger. Neu gebaut wurden im vergangenen Jahr gerade einmal 22.545 Sozialwohnungen, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion hervorgeht.

Da zugleich rund 36.500 Preisbindungen ausliefen, ergab sich auch im Jahr 2022 erneut eine negative Entwicklung bei der Gesamtzahl der Sozialwohnungen in Deutschland. Zum Jahresende gab es bundesweit rund 1,088 Millionen solcher Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen, rund 14.000 weniger als ein Jahr zuvor.

Bayern mit den meisten Förder-Neubauten

Im Vergleich der Bundesländer ist die Entwicklung unterschiedlich – und in Bayern vergleichsweise nicht einmal schlecht: Im Freistaat gab es im vergangenen Jahr im Ländervergleich mit 4.056 bewilligten Baumaßnahmen den umfangreichsten Neubau im Bereich der Mietwohnungsförderung, gefolgt von Baden-Württemberg mit 3.898 solcher Maßnahmen.

Die meisten Sozialwohnungen insgesamt verzeichneten Nordrhein-Westfalen mit 435.025, Bayern mit 133.129 sowie Berlin. Spitzenreiter, gemessen an der Einwohnerzahl, waren Hamburg (4.281 pro 100.000 Einwohner), Berlin (2.790) und NRW (2.398).

Linke fordert Sondervermögen für Wohnungsbau

Die Bundesregierung hat in ihrem Haushaltsentwurf für 2024 zwar eine Erhöhung der Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau auf 3,15 Milliarden Euro angekündigt, von 2025 bis 2027 sollen es dann jährlich 3,5 Milliarden sein. Die Linken-Abgeordnete Lay warf der Ampel jedoch ein krachendes Scheitern ihrer Wohnungspolitik vor. "Der Tiefstand beim sozialen Wohnungsbau bei Neubau und Bestand ist angesichts ungebremst steigender Mieten und zunehmender Wohnungsnot höchst alarmierend", sagte sie der dpa.

Lay forderte unter anderem ein öffentliches Wohnungsbauprogramm und ein Sondervermögen für bezahlbares Wohnen. Mindestens 20 Milliarden Euro müssten pro Jahr in den Bereich fließen. Die IG BAU hatte zuletzt ein Sondervermögen von 50 Milliarden für den Bau von Sozialwohnungen gefordert.

Der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl forderte rasches Gegensteuern der Staatsregierung: "Gerade in den bayerischen Ballungszentren ist die Belastung für die Menschen immens, nicht selten müssen Mieterinnen und Mieter 40 bis 50 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden." Auch im Freistaat müssten die Menschen die Chance haben, "Wohnraum zu finden und sich diesen dann auch leisten können".

Mit Informationen von dpa

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