Bundestagswahl 2021: das fordert die SPD
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Bundestagswahl 2021: das fordert die SPD

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Das Wahlprogramm der SPD zur Bundestagswahl

Mit den Schlagworten "Respekt" und "Zukunft" will die SPD Wählerinnen und Wähler dazu bringen, ihr die Stimme zu geben. Das Programm heißt daher auch etwas vollmundig "Zukunftsprogramm" und soll "Respekt in der Gesellschaft wiederherstellen".

Die SPD steht vor einem Dilemma: warum eine Wechselstimmung erzeugen, wenn man selbst jahrelang an der Regierung war? Und wenn Wechselstimmung, warum weiter mit der SPD? Das Wahlprogramm will Antworten geben.

Klima

Ein klimaneutrales Deutschland bis spätestens 2045 ist eine der Zukunftsmissionen, die sich die SPD gestellt hat. In der Großen Koalition wurde unter Mitwirkung von Sozialdemokraten ein Klimaschutzgesetz verabschiedet, in dem steht, dass Deutschland schrittweise die CO2-Emissionen herunterfahren soll, konkret soll bis zum Jahr 2040 88 Prozent weniger Treibhausgas ausgestoßen werden als noch im Jahr 1990.

Das klimaneutrale Deutschland soll dabei zum Jobmotor werden. Das Stichwort: Sozial-ökologischer Umbau der Wirtschaft. Denn die Zukunft gehöre den elektrischen Antrieben, auf der Straße und der Schiene. Wasserstoff, Batteriezellen, Erneuerbare Energien sollen weiter gefördert werden. Als klimapolitischer Eingriff in den Verkehr ist ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen vorgesehen.

Die SPD will dabei aufpassen, dass diejenigen, die weniger Geld zur Verfügung haben, nicht unter die Räder kommen, wenn Maßnahmen gegen den Klimawandel teurer werden. Daher soll ein "Pro-Kopf-Bonus" für Bürger mit niedrigen Einkommen geprüft werden. Das Stichwort lautet hier: sozial gerechte Finanzierung der Energiewende. Wie konkret aber die Entlastung der Bürgerinnnen und Bürger aussehen soll, bleibt die SPD schuldig.

Steuern und Wirtschaft

Auch wenn die Kassen im Zuge der Corona-Pandemie weitgehend leer geworden sind, hält die SPD an Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen fest. Eine Einkommensteuerreform ist geplant. Für Spitzenverdiener kommen dann Steuererhöhungen. Die greifen bei Ledigen ab 250.000 Euro Einkommen pro Jahr. Verheiratete müssen ab 500.000 Euro den Aufschlag von drei Prozentpunkten zur Einkommensteuer bezahlen.

Zur Finanzierung ihrer Ziele setzt die SPD auf Kredite. Auch der Kanzlerkandidat ist damit einverstanden, obwohl Olaf Scholz als Finanzminister lange eisern an der schwarzen Null festgehalten hatte. Was ebenfalls Geld in die Kassen spülen soll, ist eine Vermögensteuer von einem Prozent für sehr hohe Vermögen und der entschlossene Kampf gegen Steuerbetrug.

    Arbeit und Soziales

Respekt ist eines der Schlagworte im Wahlprogramm der SPD. Idealerweise schaut in einer Gesellschaft des Respekts niemand auf andere herab. Und weil es sich um die Sozialdemokraten handelt, ist Arbeit ein zentraler Baustein, genauer, das Recht auf Arbeit. Im Wahlprogramm ist neben vielen anderen Vorschlägen ein Rechtsanspruch auf mobile Arbeit festgeschrieben: Mindestens 24 Tage im Jahr bei einer 5-Tage-Woche soll jeder, der das möchte, mobil oder im Homeoffice arbeiten können. Den Mindestlohn will die SPD zunächst einmal auf mindestens 12 Euro erhöhen. Sie hofft damit, zehn Millionen Menschen zu erreichen. Hartz 4 wird mit keinem Wort erwähnt – stattdessen soll ein Bürgergeld die Grundsicherung ablösen.

Für Selbständige planen die Sozialdemokraten mehr Absicherung. Im Wahlprogramm steht daher: "Wir werden eine grundsätzliche Pflicht zur Altersvorsorge einführen und Selbständige schrittweise in die gesetzliche Rentenversicherung integrieren."

Digitalisierung

Digitalisierung ist eine weitere Zukunftsmission der SPD. 2030 soll das Land über eine digitale Infrastruktur auf Weltniveau verfügen, ein ambitioniertes Ziel, das die Sozialdemokraten in der Großen Koalition eher weniger im Auge hatten. Auch hier gilt: „Die Digitalisierung darf die Gesellschaft nicht spalten, der Zugang zum Netz muss bezahlbar sein.“ Daher soll ein Sozialtarif für Leute mit weniger Geld kommen. Große Konzerne wie Google, Facebook und andere Internet-Giganten sollen mehr an die Kandare genommen werden. Beim Datenschutz spricht sich die SPD deutlich gegen eine Klarnamenpflicht im Netz aus, und sie will die Strafverfolgungsbehörden besser mit Personal und Geld ausstatten, um Hasskriminalität und andere Straftaten im Netz konsequenter zu bekämpfen.

Gesundheit / Pflege

In der Gesundheitspolitik will die SPD einen neuen Anlauf starten, ihre Bürgerversicherung durchzubekommen. Das eint sie mit Grünen und Linken. Bei der Bürgerversicherung gibt es grob gesagt keine Unterschiede mehr zwischen privat und gesetzlich Versicherten. Jeder bekommt die ärztlichen Leistungen, die er braucht. Alle werden zu einheitlichen Bedingungen gesetzlich versichert. Die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung hängt vom Einkommen ab. Und Einkommen kann auch Einkünfte aus Zinsen oder Vermietung bedeuten.

"Gesundheit ist keine Ware" hat die SPD in ihr Programm geschrieben. Daher will sie die Kommerzialisierung im Gesundheitswesen beenden, Rendite-orientierte Krankenhäuser dürfen zittern, denn Gewinne, die von den Beiträgen der gesetzlich Versicherten kommen, sollen über das Gesundheitssystem an diese zurückfließen.

Bei der Pflege gilt das Gleiche: Hier spricht sich die SPD zudem für gute Arbeitsbedingungen und vernünftige Löhne aus.

Wohnen

Wie alle anderen Parteien auch hat die SPD das Thema Wohnen neu entdeckt, genauer, das Thema bezahlbarer Wohnraum. Jährlich sollen 100.000 Sozialwohnungen entstehen, das Vorbild dabei: Hamburg, wo Kanzlerkandidat Scholz in seiner Zeit als Bürgermeister nach eigener Aussage viel dafür getan hat, die Wohnungssituation zu verbessern.

Was helfen soll, Mieterinnen und Mieter in angespannten Wohnlagen zu entlasten: ein zeitlich befristetes Mietenmoratorium. Das heißt, Mieten könnten nur für eine bestimmte Zeit im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden. Beim Mietspiegel sollen künftig die Mieten der vergangenen acht Jahre hinzugezogen werden können, bisher sind es vier.

Kommunale Wohnbauflächen sollen künftig nicht mehr veräußert werden dürfen, ein zentrales Immobilienregister soll die Eigentümerstrukturen transparent machen. Die Kosten für Klima-Modernisierungen (wie etwa der CO2-Preis) sieht die SPD alleine bei den Vermietern – das war ein großer Streitpunkt innerhalb der Großen Koalition.

Bildung

Das Gerechtigkeitsthema ist ein klassisches sozialdemokratisches Thema: Gerechte Bildung und Teilhabe für alle Kinder sind daher keine neue Forderung. Die Kindergrundsicherung soll Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer Herkunft gleiche Chancen ermöglichen. Ein neues Kindergeld soll nach dem Einkommen der Familie gestaffelt sein und mindestens 250 Euro pro Monat betragen – es ersetzt den Kinderfreibetrag. Auch hier wiederum unterscheidet sich das Wahlprogramm der SPD nicht sehr von Grünen und Linken, beide haben ebenfalls eine Kindergrundsicherung im Angebot. Ein teures Angebot auf jeden Fall: Die Kosten für diese Maßnahme liegen bei etwa 20 Mrd. Euro.

Bei den Schulen will die SPD die Digitalisierung vorantreiben, jedem Kind ein digitales Endgerät und Zugang zum Internet zur Verfügung stellen. Der milliardenschwere DigitalPakt Schule soll weiter ausgebaut werden, auch wenn die vom Bund bereitgestellten Mittel bislang nur sehr zögerlich von den einzelnen Bundesländern abgerufen werden. Bildung ist nach wie vor nämlich Ländersache.

Migration

Das Wort Migration kommt im Zukunftsprogramm genau zweimal vor. Und zwar im Kontext von Zusammenleben. Wichtiger ist der SPD Integration: und zwar als permanente gesellschaftliche und staatliche Aufgabe. Integrations- und Sprachkurse für alle zugewanderten Menschen sollen die Integration erleichtern, und zwar vom Tag eins ihrer Zuwanderung, ungeachtet dessen, ob der Aufenthalt legal oder illegal ist. Gut integrierten Menschen ohne gesicherten Aufenthalt will die SPD ein dauerhaftes Bleiberecht ermöglichen, Familien nicht auseinanderreißen.

Bei Einbürgerungen spricht sich die SPD dafür aus, die bisher geltende Regelaufenthaltsdauer von acht Jahren zu verkürzen und die Mehrstaatigkeit, also die Möglichkeit von mehreren Staatsbürgerschaften, in ein Gesetz zu schreiben.

Außenpolitik

Hier finden sich einige interessante Punkte. Zum Beispiel über den künftigen Umgang mit Russland: Auch wenn die SPD Russland scharf kritisiert, unter anderem wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim, bleibt sie dabei, dass es ohne Bereitschaft zum Dialog und zur Zusammenarbeit nicht geht.

Eine europäische Armee und ein EU-Außenminister sind die Projekte der Zukunft. Außerdem will die SPD darauf hinwirken, dass künftig nicht mehr Einstimmigkeit, sondern das Mehrheitsprinzip zum Tragen kommt, wenn es um wichtige Fragen der EU-Außenpolitik geht.

Als Partei, zu deren DNA seit jeher Friedenspolitik gehört, legt die SPD großen Wert auf eine Welt ohne Atomwaffen und auf Abrüstung. Sie bleibt aber in der strittigen Frage „bewaffnete Drohnen“ vage: "Die Entscheidung, […] kann verantwortbar erst nach einer umfassenden politischen und gesellschaftlichen Debatte und sorgfältigen Würdigung aller Aspekte getroffen werden."

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