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Viel Ablehnung zu Gas-Solidaritätsabkommen mit Deutschland

Um die Gasversorgung für besonders sensible Gruppen in der EU zu gewährleisten, sollen die Mitgliedstaaten seit 2018 sogenannte Solidaritätsabkommen zur Gaslieferung im Notfall abschließen. Doch bei einigen Verträgen mit Deutschland gibt es Probleme.

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Mehrere Nachbarländer wollen derzeit keine Abkommen mit Deutschland über gegenseitige Gaslieferungen in Notsituationen abschließen. Das geht aus einem aktuellen schriftlichen Bericht des Wirtschaftsministeriums für den Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie hervor, das unterschiedlichen Medien vorliegt.

Laut Schreiben gestaltet es sich mit einigen EU-Ländern gegenwärtig schwierig, diese Notfall-Gaslieferverträge abzuschließen. Deutschland habe bis dato mit Dänemark und Österreich ein Solidaritätsabkommen dieser Art abgeschlossen, heißt es. "Demgegenüber entziehen sich Belgien, Luxemburg, Niederlande sowie Polen den konstruktiven Verhandlungen und Abschlüssen der bilateralen Solidaritätsverträge mit uns."

Pläne scheitern offenbar an Entschädigungsregeln

In den Solidaritätsverträgen sollen Prozesse und gegenseitige Verpflichtungen über Lieferungen von Erdgas geregelt werden, die "zur Gewährleistung der lebenswichtigen Erdgasversorgung geschützter Kunden (Haushaltskunden, soziale Dienste, im weiteren Sinn: Netzstabilität gewährleistende Gaskraftwerke)" gebraucht würden, heißt es in dem Papier.

Auch in den derzeit laufenden Verhandlungen mit Tschechien und Italien gibt es Hürden. "Die italienische Seite kann aber erst wieder nach den Parlamentswahlen aktiv werden", heißt es. Insgesamt würden die Gespräche dem Bericht zufolge häufig an den geplanten Entschädigungsregeln scheitern: "Sollte Gas in Deutschland enteignet werden müssen, um es den Nachbarländern zur Verfügung zu stellen, so müsste Deutschland den enteigneten Unternehmen u.a. Entschädigung für das Gas und ausgefallene Produktion zahlen; insbesondere die genannten Staaten lehnen diese auf Reziprozität basierende Regelung ab." Aktuell seien deshalb "kaum Fortschritte bei einer Verhandlungsaufnahme für bilaterale Solidaritätsabkommen zu erwarten".

Kritik für die Situation kam aus der Opposition. Gegenüber der "Welt" erklärte Unionsfraktionsvize Jens Spahn: "Die Zurückhaltung der EU-Partner bei den Solidaritätsabkommen zeigt, wie sehr die Bundesregierung schon Vertrauen in Europa verspielt hat." Spahn warf der Regierung einen "nationalen Alleingang" in der Energiepolitik vor, weil die Ampel-Koalition weiter am Abschalten der Atomkraftwerke festhalten wolle. Das sorge für Unverständnis bei den europäischen Partnern.

Wirtschaftsministerium: EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur verwies das Wirtschaftsministerium am Freitag auf die sogenannte Gesversorgungssicherheitsverordnung, die bereits Ende 2018 in Kraft getreten war. Danach seien über Leitungen miteinander verbundene EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, bilaterale Solidaritätsabkommen zur Versorgung besonders geschützter Kundengruppen abzuschließen.

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Das Wirtschaftsministerium habe sich im Juli mit Tschechien darauf verständigt, bis zum Beginn des Winters einen Vertrag abzuschließen. Die Niederlande habe öffentlich erklärt, "dass es im Fall einer schweren Gasmangellage Deutschland in jedem Fall beistehen würde". Mit anderen Ländern liefen die Verhandlungen.

EU-Länder unterstützen Brüssels Strom-Notfallplan

Bei einem Krisentreffen haben sich die für Energie zuständigen EU-Minister indes für drastische Notfallmaßnahmen gegen die gestiegenen Strompreise ausgesprochen, darunter die Abschöpfung von Übergewinnen der Erzeuger. Viele Details blieben nach den Beratungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seinen Kollegen am Freitag in Brüssel offen. Nun soll die EU-Kommission bis Mitte des Monats einen konkreten Gesetzesvorschlag vorlegen.

"Ich bin sehr froh, dass sich die Minister darauf geeinigt haben, dass wir eine dringende und robuste EU-Lösung brauchen", sagte der tschechische Industrieminister Jozef Sikela, der das Treffen leitete. Energiekommissarin Kadri Simson kündigte an: "Wir werden nächste Woche beispiellose Maßnahmen für eine beispiellose Situation vorschlagen." Die EU-Länder beauftragen die Behörde unter anderem damit, die Möglichkeiten zur Abschöpfung von Übergewinnen auszuloten und gegebenenfalls den Gaspreis zu deckeln.

Übermäßige Gewinne der Stromproduzenten verteilen

Einig waren sich die Minister darin, dass die Maßnahmen befristet sein und Verbraucher entlastet werden sollten, wie aus einer Zusammenfassung des tschechischen Ratsvorsitzes hervorgeht. Zudem sollten die Grundlagen des Energiemarktes erhalten bleiben. Wie genau dies erreicht werden soll, ist offen - zumal nicht alle Unstimmigkeiten ausgeräumt wurden.

Helfen soll nach Ansicht der EU-Staaten unter anderem, übermäßige Gewinne der Stromproduzenten an Verbraucher zu verteilen und die Haushalte so zu entlasten. Da der Gaspreis vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine stark gestiegen ist, ist auch Strom teurer geworden. Das liegt daran, dass der Strompreis durch das teuerste Kraftwerk bestimmt wird, das zur Produktion eingeschaltet wird - derzeit sind das Gaskraftwerke.

Bundesregierung macht sich für Abschöpfung von "Zufallsgewinnen" stark

Andere Energieproduzenten, die billiger Strom erzeugen - etwa aus Wind, Sonne oder Atomkraft - machen derzeit große Gewinne, weil sie ihren Strom auch zu dem höheren Preis verkaufen können. Ab einem gewissen Preis sollen diese Erlöse eingesammelt und zur Entlastung von Verbrauchern und Firmen genutzt werden. Auch eine Solidaritätsabgabe für andere Unternehmen, die mit fossiler Energie Geschäfte machen, wurde im Grundsatz unterstützt.

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Insbesondere die Bundesregierung hatte sich für so eine Maßnahme zur Abschöpfung von "Zufallsgewinnen" starkgemacht, aber auch andere Staaten wie Irland hatten den Vorschlag unterstützt. Der litauische Ressortchef Dainius Kreivys sagte dagegen, das sei für ihn eine "rote Linie". Unklar war, ob ein solcher Schritt für alle Länder verpflichtend wäre und wie hoch die Erlösgrenze für Stromproduzenten wäre.

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