Für die Ukraine wird es ein schwieriger Winter mit eingeschränkter Energieversorgung.
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Nur wenige Häuser sind beleuchtet: Kiew kämpft mit Stromausfällen

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"Putin setzt Winter als Waffe gegen die Ukraine ein"

Für die Ukraine wird es ein schwieriger Winter mit eingeschränkter Energieversorgung. Das Land hofft deshalb auf Hilfe aus dem Westen. Moskau dementierte indes Gerüchte, wonach ein Abzug der Truppen aus dem AKW Saporischschja bevorstehe.

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Die Ukraine steht vor einem harten Kriegswinter mit eingeschränkter Energieversorgung. Angesichts der weiter heftigen russischen Angriffe auf die Energie-Infrastruktur wird die Sorge vor den kalten Monaten größer. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj stimmte seine Landsleute auf schwierige Zeiten ein. Die Nato wirft Russlands Präsident Wladimir Putin vor, den Winter als Waffe gegen die Ukraine einzusetzen. Derweil wies der Kreml Gerüchte über einen bevorstehenden Abzug russischer Truppen aus dem besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja zurück.

Deutsches Rotes Kreuz kündigt Winterhilfe an

Die Ukraine kämpft angesichts der gezielten russischen Angriffe auf die Infrastruktur zur Versorgung der Bevölkerung mit Engpässen bei Energie und Wasser. "Wir brauchen Generatoren und Auto-Transformatoren, die von russischen Raketenangriffen besonders betroffen sind", sagte etwa der neue ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, am Montag im ZDF-Morgenmagazin.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) teilte mit, für die Ukraine 7.000 Heizöfen zum Wärmen und Kochen, 100 Generatoren und mehr als 20 mobile Tankanlagen zu liefern. Damit reagiere man auf die massive Zerstörung der Wasser-, Energie- und Wärmeversorgung. Außerdem werde Material und Geld zur Verfügung gestellt, um Reparaturen und Hilfe an Unterkünften für Binnenvertriebene und für private Haushalte zu ermöglichen, teilte das DRK mit.

Selenskyj warnt vor harten Monaten

Präsident Selenskyj hatte die Ukrainer in einer Videobotschaft auf einen langen, harten Kriegswinter eingestimmt. Die Russen würden angreifen, "solange sie Raketen haben", sagte er.

Am Montag reisten sieben Außenminister nordischer und baltischer Staaten in die Ukraine. "Wir, die Außenminister von Estland, Finnland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen und Schweden, sind heute in Kiew in voller Solidarität mit der Ukraine. Trotz Russlands Bombenhagel und barbarischer Brutalität wird die Ukraine gewinnen", twitterten mehrere Diplomaten wortgleich zu einem Foto vom Bahnsteig.

Selenskyj begrüßte die Gruppenreise als Zeichen der Solidarität: "Ihr Besuch ist ein wichtiges Signal der Unterstützung und Solidarität von befreundeten Partnerländern der Ukraine, gerade in Zeiten der ernsthaftesten Herausforderungen", schrieb er bei Telegram.

Stoltenberg: Putin nutzt Winter als Waffe

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und die Außenminister der baltischen und skandinavischen Staaten warfen dem russischen Präsidenten Putin eine brutale Kriegsführung auf dem Rücken der Zivilbevölkerung vor. "Präsident Putin versucht jetzt, den Winter als Kriegswaffe gegen die Ukraine einzusetzen", sagte Stoltenberg.

Auch die Delegation von Außenministern verurteilte am Montag die russischen Angriffe auf die Energieinfrastruktur der Ukraine, die Strom, Wasserversorgung und Heizungen ausfallen ließen. Es sei schändlich, dass Russland die Energiesicherheit der Bevölkerung attackiere, sagte der estnische Außenminister Urmas Reinsalu. Seine norwegische Kollegin Anniken Huitfeldt sagte, die Lage in Kiew sei verzweifelt. "Viele hier stehen vor einer bitteren Entscheidung: Fliehen oder Erfrieren."

Klitschko ruft im Streit mit Selenskyj zur Einheit auf

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko rief indessen im Konflikt mit Präsident Selenskyj erneut zur Einheit auf. "Wenn der Krieg vorbei ist, dann kann man Innenpolitik spielen", sagte der 51-Jährige der Nachrichtenagentur RBK-Ukraine. Die Einigkeit aller sei für den ukrainischen Sieg nötig.

Vergangene Woche hatte Selenskyj die Kiewer Stadtverwaltung wegen angeblich nicht funktionierender Aufwärmpunkte kritisiert. Klitschko und Selenskyj gelten als mögliche Rivalen bei den nächsten Präsidentschaftswahlen.

Weiter Stromabschaltungen in Kiew

Fünf Tage nach massiven russischen Raketenangriffen hat die Hauptstadt Kiew weiter mit unangekündigten Notabschaltungen bei der Stromversorgung zu kämpfen. 55 Prozent der Haushalte seien davon betroffen, teilte die Militärverwaltung der Drei-Millionen-Stadt am Montag bei Telegram mit. Die Notabschaltungen sollten dabei nicht länger als fünf Stunden dauern.

Vorher hatte der örtliche Versorger angekündigt, jedem Kunden zumindest vier Stunden Strom täglich zu liefern. Die Reparaturen der Schäden dauerten an. Bürgermeister Klitschko erwartet, dass die Probleme noch bis zum Frühling anhalten.

Russland: Kein Abzug von AKW Saporischschja

Der Kreml hat derweil Gerüchte über einen bevorstehenden Abzug russischer Truppen aus dem besetzten ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja zurückgewiesen. "Es sollte nicht nach irgendwelchen Zeichen gesucht werden, wo keine sind und keine sein können", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut Nachrichtenagentur Interfax.

Auch die russische Besatzungsverwaltung des im September völkerrechtswidrig annektierten Gebiets Saporischschja sprach von Falschinformationen. Am Wochenende hatte der Chef des ukrainischen Atomkonzerns Enerhoatom, Petro Kotin, einen baldigen Abzug des russischen Militärs in Aussicht gestellt.

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

London: Russische Artillerie beschießt Cherson täglich

Nach dem Rückzug aus Cherson beschießen russische Truppen die südukrainische Großstadt nach britischen Angaben täglich mit Artillerie. Am Sonntag sei die Rekordzahl von 54 Angriffen gemeldet worden, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit.

Allein am vergangenen Donnerstag seien zehn Menschen getötet worden. Die Stadt sei verwundbar, weil sie in Reichweite der meisten russischen Artilleriesysteme liege, die nun vom Ostufer des Flusses Dnipro feuerten, hieß es in London.

Abrüstungsgespräche mit USA vertagt

Diplomatische Fortschritte konnten indessen nicht erzielt werden: Für diese Woche geplante Gespräche Russlands und der USA über weitere Abrüstungsschritte sind abgesagt worden. Das teilen das Außenministerium in Moskau und die US-Botschaft dort mit.

Sie würden nun zu einem "späteren Zeitpunkt" geführt, erklärte das Ministerium. Gründe wurden nicht genannt. Ursprünglich sollten beide Seiten vom 29. November bis zum 6. Dezember in Kairo unter anderem über den Start-Vertrag zur nuklearen Abrüstung beraten.

Mit Informationen von AFP, dpa und Reuters

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