Tausende bei umstrittener Wagenknecht-Schwarzer-Demo in Berlin
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Tausende bei umstrittener Wagenknecht-Schwarzer-Demo in Berlin

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Tausende bei umstrittener Wagenknecht-Schwarzer-Demo in Berlin

In Berlin sind Tausende Menschen dem Aufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer zu einer umstrittenen Demonstration gefolgt. Sie forderten, im Ukraine-Krieg auf Friedensverhandlungen mit Russland statt auf Waffenlieferungen zu setzen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Am Brandenburger Tor in Berlin haben sich am Samstag mehrere Tausend Menschen zu einer Kundgebung versammelt, die Friedensverhandlungen mit Russland und einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine fordert. Zu der Demonstration hatten die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer aufgerufen.

Polizei spricht von etwa 13.000 Teilnehmern

Laut einer Polizeisprecherin waren 10.000 Menschen angemeldet, gezählt wurden etwa 13.000. Eine Sprecherin der Veranstalter sprach dagegen von rund 50.000 Teilnehmern, es seien sehr viele Menschen gekommen. Der Polizei zufolge verlief die zweistündige Kundgebung weitgehend ruhig: Bis auf kleinere Wortgefechte und Handgreiflichkeiten kam es demnach zu keinen größeren Vorkommnissen.

Um die Sicherheit zu gewährleisten, waren rund 1.400 Polizisten aus Berlin und anderen Bundesländern im Einsatz. Neben der Großkundgebung gab es einige weitere Demonstrationen mit ähnlichem Fokus, gleichzeitig ähnlich viele Gegenproteste.

Kritik an Demo: Wagenknecht sieht "Kampagnen"

Schwarzer sprach bei der Kundgebung am Brandenburger Tor vom Beginn einer Bürgerbewegung, "die bitter nötig ist". Wagenknecht rief den Teilnehmern zu: "Lasst uns heute den Startschuss für eine neue, starke Friedensbewegung in Deutschland geben." Zugleich übte Wagenknecht Kritik an der Diskussionskultur in Deutschland und beklagte "Kampagnen gegen uns". Schwarzer sprach von einem "Tsunami an Verdrehungen". Im Vorfeld hatten Kritiker Wagenknecht und Schwarzer unter anderem eine mangelnde Abgrenzung nach rechts vorgeworfen.

Wagenknecht sagte weiter: "Wir sind auch hier, weil wir uns von der deutschen Regierung nicht vertreten fühlen." Unter lauten Buhrufen aus dem Publikum nannte sie konkret Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP.

Nach dem Ende der Kundgebung sprach Schwarzer von einem "gewaltigen Erfolg". Der Deutschen Presse-Agentur sagte sie: "Es war eine so friedliche und fröhliche Stimmung."

Streit auf Versammlung: Dagdelen gegen Elsässer

Auf der Webseite zur Kundgebung "Aufstand für Frieden" wurden Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Verzicht auf Partei- und Nationalfahnen aufgerufen. "Rechtsextreme Flaggen, Embleme und Symbole haben auf unserer Kundgebung keinen Platz", hieß es weiter.

Wie der RND-Reporter Felix Huesmann in einem Video auf Twitter zeigte, meinen es die Versammlungsleiter mit ihrer Abgrenzung gegenüber Rechts teils ernst. Dem Chefredakteur des rechtsextremen Magazins "Compact", Jürgen Elsässer, versuchten Versammlungsleiterin Sevim Dagdelen (Bundestagsabgeordnete der Linken) sowie einige Demonstranten den Zugang zur Demo zu versperren.

Allerdings zeigen Videos auf Twitter auch mehrere Demonstrations-Teilnehmer aus dem rechten Milieu, wie den AfD-Politiker Gunnar Lindemann und den Holocaust-Leugner Nikolai Nerling.

Linkspartei über Wagenknecht-Vorstoß zerstritten

Innerhalb von Wagenknechts Linkspartei gehen die Meinungen über den Aufruf zur Demonstration auseinander. Die Parteichefin der Linken, Janine Wissler, übte Kritik: "Ich bedauere, dass die Partei weder angefragt noch informiert war über diesen Aufruf", sagte Wissler den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie selbst werde an der Demonstration nicht teilnehmen.

Linken-Politiker Gregor Gysi unterstützt hingegen die Ziele der Demonstration. Gysi warnte jedoch, man müsse darauf achten, dass die AfD das Ganze nicht zu ihrer Kundgebung mache. AfD-Chef Tino Chrupalla hatte das Manifest von Wagenknecht und Schwarzer nach eigenen Angaben unterzeichnet. Den beiden wurde vorgehalten, sich nicht eindeutig gegen rechts und die AfD abzugrenzen. Deswegen hatte auch die Parteispitze der Linken den Aufruf zur Demonstration kritisiert.

640.000 unterzeichnen "Manifest für den Frieden"

Mit der Kundgebung wollen Wagenknecht und Schwarzer ihre Forderungen zum Umgang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine untermauern. Sie hatten vor zwei Wochen ein "Manifest für Frieden" veröffentlicht, indem sie Bundeskanzler Scholz auffordern, "die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen". Die Frauenrechtlerin und die Linken-Politikerin rufen darin zu einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen mit Russland auf. Kritiker hatten Wagenknecht und Schwarzer vorgeworfen, ihr Text sei "naiv". Im Internet erklärten bis Samstagmittag mehr als 640.000 Menschen ihre Zustimmung zum "Manifest".

Habeck wirft Wagenknecht "Irreführung der Bevölkerung" vor

Bundeskanzler Scholz sowie Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) machten deutlich, dass sie die Überzeugung des "Manifests für den Frieden" nicht teilten. Man müsse verstehen, "dass der russische Präsident gegenwärtig nur eine Form von Verhandlungen akzeptiert, nämlich dass irgendjemand bedingungslos kapituliert und er alle seine Ziele durchsetzt", sagte Scholz.

Habeck sagte im ARD-"Brennpunkt" am Freitagabend, dass es nachvollziehbar sei, dass man sich Frieden wünsche. Wagenknecht und ihre Unterstützer wollten jedoch etwas als Frieden verkaufen, was "ein Diktator, ein imperialistischer Diktator, Europa aufzwingt". Wagenknecht und ihre Unterstützer betrieben eine "Irreführung der Bevölkerung".

Mit Informationen von dpa und epd

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