Taurus-Marschflugkörper an einem Eurofighter
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Taurus-Marschflugkörper an einem Eurofighter

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Taurus für die Ukraine: Keine baldige Entscheidung

Seit Monaten steht der Kanzler unter Druck, grünes Licht für die Lieferung deutscher Marschflugkörper an die Ukraine zu geben. Doch dazu wird es erst einmal nicht kommen, trotz drängender Stimmen aus Koalition und Opposition.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Offiziell hat sich nichts geändert. Die Bundesregierung hat keine formale Entscheidung über mögliche Taurus-Lieferungen gefällt. Es gebe keinen neuen Sachstand, erklärte eine Regierungssprecherin. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich aber offenbar entschieden, den Forderungen nach einer Taurus-Lieferung bis auf Weiteres nicht nachzukommen. Entsprechende Medienberichte wurden am Donnerstag aus Koalitionskreisen bestätigt.

Kritik aus Koalition und Opposition

Von einem verheerenden Signal sprach der bayerische Grünen-Politiker und Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter im Deutschlandfunk. Mangelnde Entschlossenheit bestärke Moskau nur darin, auf lange Sicht den Krieg gewinnen zu können, erklärte Hofreiter.

Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) kritisierte die Haltung der Bundesregierung ebenfalls: "Trotz gehört in den Kindergarten und nicht ins Kanzleramt", betonte Strack-Zimmermann. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter schloss sich der Kritik an und erklärte, Bundeskanzler Scholz wolle offenbar nicht, dass Russland verlieren lerne.

Scholz hat weiter Bedenken

Hintergrund der deutschen Liefer-Bedenken ist, dass die Ukraine mit den Marschflugkörpern ihre militärischen Fähigkeiten ausweiten und Ziele tief auf russischem Gebiet angreifen kann. Zur Programmierung und Nutzung des Waffensystems könnte zudem auch eine direkte Einbindung von Bundeswehrpersonal nötig sein. Dagegen gibt es große Bedenken innerhalb der Bundesregierung.

Beobachter vermuten auch, dass Bundeskanzler Scholz seine Haltung in der Taurus-Frage an eine mögliche Lieferung von ATACMS-Raketen durch die USA an die Ukraine knüpfen will. Auch bei der Unterstützung mit anderen Waffensystemen, wie dem Leopard-2-Panzer, hatte Scholz die Abstimmung mit Washington gesucht.

Marschflugkörper wie der Taurus und die ATACMS-Raketen sind teure Präzisionswaffen, die Armeen meist nicht in großer Stückzahl haben und die sie überwiegend gegen Ziele von großer Bedeutung einsetzen. Die ukrainischen Truppen könnten zum Beispiel weit entfernte russische Kommandozentralen oder militärische Logistikzentren mit diesen Waffen beschießen oder Nachschublinien wie die Kertsch-Brücke vom russischen Festland auf die Krim treffen.

Große Reichweite ist ein Vorteil - und ein Problem

Taurus Marschflugkörper werden von Kampfjets, wie dem Tornado oder dem schwedischen Gripen, in sicherer Entfernung ausgeklinkt und fliegen dann zu ihren Zielen. Auch russische Suchoi-Flugzeuge oder US-amerikanische F-16, wie die Ukraine sie bereits hat, beziehungsweise bekommen soll, können so umgerüstet werden, dass sie den Taurus transportieren können. Der Flugkörper verfügt über einen eigenen Antrieb und navigiert selbstständig. Er kann so auf Hindernisse am Boden reagieren und sehr niedrig fliegen.

Mit der 1,4 Tonnen schweren und rund fünf Meter langen Waffe können Ziele am Boden, wie zum Beispiel Bunker, präzise getroffen und zerstört werden. Mit rund 500 Kilometern ist die Reichweite des Taurus deutlich größer als die britischer und französischer Marschflugkörper, die die Ukraine bereits bekommt.

Hersteller sitzt in Bayern

Hergestellt wird der Taurus von einer Tochterfirma des Rüstungskonzerns MBDA aus dem oberbayerischen Schrobenhausen in Kooperation mit dem schwedischen Rüstungskonzern Saab. An die Bundeswehr wurden rund 600 Marschflugkörper dieses Typs geliefert.

Wie viele davon bereits bei Übungen verbraucht wurden, ist öffentlich nicht bekannt. Ein Teil der noch vorhandenen Marschflugkörper ist aus technischen Gründen aktuell aber nicht einsatzbereit. Außerdem muss die Bundeswehr in Rahmen von Nato-Verpflichtungen Taurus-Systeme vorhalten. Welche Stückzahl also an die Ukraine übergeben werden könnte, ist unklar.

Im Video: Scholz will keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern

Taurus-Marschflugkörper an einem Eurofighter
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Bundeskanzler Scholz lehnt weiterhin die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ab.

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