Der Eibsee mit der Zugspitze im Hintergrund.
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Steht bald das erste Tiroler Windrad an Bayerns Grenze?

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Steht bald das erste Tiroler Windrad an Bayerns Grenze?

Es wären die ersten Windräder in Tirol, auf dem Gebiet der Gemeinde Ehrwald, im Schatten der Zugspitze. Elf Windräder könnten hier stehen, bis zu 130 Meter hoch. Und Strom erzeugen, in zehn Jahren. Aber noch ist das Projekt heftig umstritten.

"Scheiße hoch drei", sagt eine Ehrwalderin in die ORF-Kamera und zählt auf: von der Optik, für den Tourismus, für den Naturschutz. Aus ihrer Sicht drei triftige Gründe gegen das Projekt, im Naherholungsgebiet "Auf den Thörlen" elf Windräder zu bauen. Im Schatten der Zugspitze, nahe der Grenze zu Bayern, auf der anderen Seite: der Eibsee.

Es gibt auch andere Stimmen: Jeder will Strom, "keiner weiß, wo er herkommt, Atomkraft wollen wir nicht – irgendwas werden wir schon brauchen", sagt ein Ehrwalder. Es steht, gefühlt, 60 zu 40 gegen das Windparkprojekt bei Ehrwald, auf der ersten Bürgerversammlung, auf der über das Windparkprojekt bei Ehrwald informiert wird. 250 sind gekommen. Neugierig. Besorgt.

100.000 Euro Prämie für das erste Windrad

Es wäre eine Premiere für Tirol, die ersten Windräder in dem österreichischen Bundesland, das erneuerbare Energie vor allem aus Stauseen zieht. Die ÖVP-SPÖ-Landesregierung fördert das, 100.000 Euro Prämie für das erste in Tirol aufgestellte Windrad, das Windstrom erzeugt.

Die Gemeinde Gerlos in der Zillertal-Skiarena wollte sich die Prämie schon holen. Aber das "ging sich nicht aus". Vielleicht doch etwas zu wenig Wind rund um die Bergstation Steinmandl. Aber vor allem: Sie hätten die großen Windradflügel nicht auf den Berg bekommen. Das ist das größte Problem bei der auch vom mächtigen ÖVP-Nationalratsabgeordneten und obersten Seilbahn-Lobbyisten Franz Hörl gepushten Idee: Windräder in die Skigebiete, Skilifte mit erneuerbarer Energie antreiben.

Ehrwald wäre nur der Anfang

Das Naherholungsgebiet "Auf den Thörlen" bei Ehrwald wäre leichter erreichbar, direkt an der deutschen Grenze, zu Bayern, in der Nähe des Eibsees. Gut geeignet für den Bau von elf Windrädern, heißt es. Elf von 160, die insgesamt in Tirol möglich wären, laut einer "Windkraftpotenzial"-Studie für Tirol, aus dem letzten Jahr. 20 Windparks könnten - theoretisch - in Skigebieten stehen, knapp fünf Prozent der Energie, die Tirol braucht, könnte Windenergie sein. Im Endausbau.

400 Euro weniger auf der Stromrechnung

Für die Gemeinde Ehrwald wäre die Rechnung so: Eines der elf Windräder würde sich nur für Ehrwald drehen, Strom exklusiv für eine noch zu gründende "Energiegemeinschaft", ungefähr 400 Euro Ersparnis für jeden Haushalt in Ehrwald, im Schnitt, pro Jahr - rechnet Bürgermeister Markus Köck vor.

Er steht dem Projekt wohlwollend gegenüber, sagt aber auch deutlich: "Ich möchte die Bürgerinnen und Bürger entscheiden lassen". Demnächst soll es eine Bürgerbefragung geben. Die für die Gemeinde nicht verbindlich wäre, aber der Bürgermeister steht im Wort: "Mir ist wichtig, zu wissen, ob die Leute das wollen oder nicht wollen."

In zehn Jahren dreht sich was - frühestens

Bis dahin wirbt Windparkprojektleiter Christoph Bruny für das Projekt - und gibt sich zuversichtlich. Der Weg, bis Windräder bei Ehrwald an die Steckdose gehen könnten, ist allerdings ein sehr langer, zehn Jahre mindestens, mit vielen Hürden - auch wenn die Tiroler Landesregierung das Ganze unterstützt, mit Geld und mit beschleunigten Baubewilligungsverfahren. Es geht jetzt erst mal darum, die Weichen zu stellen, für oder gegen das Projekt.

Ein 110-Millionen-Euro-Projekt

Fällt die Entscheidung dafür, dann müssten zunächst zwei Millionen Euro in die Vorplanung investiert werden: zwei Jahre lang Windmessungen und eine Kartierung von Pflanzen- und Tierwelt. Die Umweltverträglichkeitsprüfung.

Gerodet werden müsste wenig, heißt es. Grundstücksgeschäfte wären auch nicht nötig, das Gelände gehört der Gemeinde und der Agrargemeinschaft. Die Gesamtkosten des Projekts: 110 Millionen Euro, so die Schätzung heute.

Österreichs Ziel: Mehr erneuerbare Energie

Windkraft irgendwann auch in Tirol: für Österreich wäre das ein weiterer Schritt, unabhängiger von Energie-Importen zu werden. Das sind vor allem - durch sehr langfristige Verträge fixierte - Gaslieferungen aus Russland, von denen sich die aktuelle ÖVP/Grünen-Regierung zunehmend befreien möchte. Auch, um nicht indirekt den Krieg gegen die Ukraine mitzufinanzieren, wie der Regierung vorgeworfen wird.

Video: Schafft Bayern den Windausbau?

Pia Zordick, im Hintergrund Windräder. Windenergie: Schafft Bayern den Ausbau?
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Windenergie: Schafft Bayern den Ausbau?

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