Jens Spahn (CDU), Mitglied des Bundestags
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Spahn: Habeck geht mit Gas-Plänen nur halben Weg

Für CDU-Politiker Spahn kommen Wirtschaftsminister Habecks Pläne zur Einsparung von Gas zu spät. Doch der Minister verteidigt sein Vorhaben, die Lage sei ernst. Unterstützung kommt aus der Industrie.

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Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) lobt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zwar für dessen Kommunikation, doch die Pläne des Grünen-Ministers zur Reduktion des Gasverbrauchs hält er für unzureichend. "Es ist richtig, dass Robert Habeck diesen Schritt geht, über seinen Schatten springt", sagte Spahn am Montag im ARD-"Morgenmagazin". "Nur - er geht ihn zu spät."

Habeck will Gas einsparen und mehr Kohlekraftwerke nutzen

Habeck will zusätzliche Maßnahmen ergreifen, um Gas einzusparen und die Vorsorge zu erhöhen. So soll etwa mithilfe eines Kredits mehr Gas eingekauft werden. Der Einsatz von Gas für die Stromerzeugung und Industrie soll gesenkt werden. Es sollen mehr Kohlekraftwerke genutzt werden, um die Stromerzeugung durch mit Erdgas befeuerten Kraftwerken soweit wie möglich zu ersetzen. Österreich will dazu ein abgeschaltetes Kohlekraftwerk reaktivieren. Der russische Staatskonzern Gazprom hatte den Gasfluss durch die Ostseepipeline Nord Stream in den vergangenen Tagen deutlich verringert.

  • Zum Artikel: "Gaskrise: Habeck setzt beim Strom auf Kohlekraftwerke"

Spahn kritisiert Habecks Vorbereitung

"Hätten wir im März schon begonnen, mehr Kohlekraftwerke, weniger Gaskraftwerke laufen zu lassen, dann wären die Speicher jetzt vielleicht schon zehn Prozent voller", monierte der frühere Gesundheitsminister Spahn, der nun in seiner Fraktion auch die Themen Wirtschaft und Energie betreut, eine fehlende Vorbereitung.

Außerdem gehe Habeck nur den halben Weg: Spahn versteht nach eigener Aussage nicht, dass der grüne Klimaminister lieber Kohlekraftwerke länger und mehr laufen lasse als CO2-neutrale Kernkraftwerke. "Wir sind in einer echten Notlage", sagte Spahn. Zudem gehe es bei der Prüfung von Alternativen nicht darum, den Ausstieg aus der Kernenergie infrage zu stellen.

Grünen-Minister Habeck spricht von "ernster Lage"

Doch Habeck stellte schon am Sonntag im ZDF-"heute journal" klar, dass er die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke nicht als gangbaren Weg sieht. Nötige Brennelemente seien erst Mitte oder Ende nächsten Jahres verfügbar gewesen, "das hätte uns im Winter nicht geholfen", so Habeck. Spahn wiederum bemängelte auch hierzu eine zu späte Organisation durch den Minister.

Habeck machte im "heute journal" außerdem deutlich: "Es ist eine angespannte, ernste Lage." Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass Russland Präsident Wladimir Putin scheibchenweise die Gaszufuhr nach Europa reduziere. "Entscheidend ist, dass die Gasspeicher zum Winter hin gefüllt sind, und zwar bei 90 Prozent liegen, wie es das Gesetz vorschreibt." Aktuell stehen sie bei 57 Prozent. Das ist laut Habeck "nicht so schlecht für die Jahreszeit, aber es fehlen eben noch einige". Durch Gas-Einkäufe und Sparsamkeit müsse es gelingen, die Differenz auszugleichen. "Wir arbeiten fieberhaft daran, weitere Zufuhrmöglichkeiten zu bekommen."

Industrie begrüßt Habecks Pläne

Die Industrie unterstützt derweil Habecks Pläne. "Wir müssen den Verbrauch von Gas so stark wie möglich reduzieren, jede Kilowattstunde zählt", sagte Industriepräsident Siegfried Russwurm der Deutschen Presse-Agentur. Er sagte weiter, Deutschland müsse möglichst viele andere Quellen auftun. Unternehmen müssten umstellen zum Beispiel auf Öl, wo das gehe. "Aber eine Reihe industrieller Prozesse funktioniert nur mit Gas. Ein Gasmangel droht zum Stillstand von Produktion zu führen."

  • Zum Artikel: "Gasmangel: BDI fordert übergangsweise mehr Kohleverstromung"

Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, sagte dem "Tagesspiegel" zum Plan, übergangsweise verstärkt auf Kohlekraftwerke zu setzen: Dies sei zwar klimapolitisch keine leichte Entscheidung - "um den Gasverbrauch bei der Stromerzeugung zu reduzieren, ist das aber notwendig".

Verband der Chemischen Industrie dringt auf Gaseinsparungen

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup, sagte, "Deutschland muss jetzt zügig und pragmatisch alle Möglichkeiten nutzen, Gas da einzusparen, wo es ersetzbar ist". Vor allem beim Umstieg der Stromgewinnung von Gas auf Kohle müssten umgehend alle Kapazitäten unterschiedslos genutzt werden können.

Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Stadtwerkeverbands VKU, nannte es richtig, zügig zu reagieren und wenn nötig auch Notfallmaßnahmen zu ergreifen. "Vor allem eine Rückkehr von Kohlekraftwerken an den Strommarkt ist zielführend." Der VKU warne aber vor einer "pauschalen Untersagung" von Gasverstromung oder Strafzahlungen.

In Verdichterstation Waidhaus kommt wenig russisches Gas an

Der Gasdurchfluss an der Verdichterstation Waidhaus ist derweil seit Freitag auf niedrigem Niveau. Ein Gasnetzbetreiber leitet von hier gar kein Gas mehr an Kunden weiter. Das zeigen Daten der Transparenzplattform des Verbands Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas. Die Gasmenge an dem Übergabepunkt in der nördlichen Oberpfalz war in der vergangenen Woche stetig zurückgegangen, nachdem Russland die Gasflüsse über die Ostseepipeline Nord Stream 1 gedrosselt hatte.

(Mit Material von dpa)

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