Silvesterraketen sind für die einen Ausdruck von Spaß und Neubeginn, für die anderen Ärgernis und Gefahr.
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Silvesterraketen sind für die einen Ausdruck von Spaß und Neubeginn, für die anderen Ärgernis und Gefahr.

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Silvester 2023: Regelungen und Diskussionen zum Böllern

Randale, Brände, Verletzungen: Der Jahreswechsel 2022/23 ist manchen in unguter Erinnerung. Bayerns Kommunen arbeiten daran, Silvester-Exzesse lokal einzudämmen. Einem neuen Bündnis geht das nicht weit genug. Maßnahmen und Argumente im Überblick.

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Die Diskussion kommt so regelmäßig wie der Jahreswechsel: Manche lieben das lautstarke Farbspektakel am Himmel, andere würden das gefährliche Geböller an Silvester gern verbieten. 2022/23 sorgte das Thema auch in der Politik für Krach, und das gleich doppelt.

Ein Silvestervideo, in dem sich die damalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht vor Berliner Feuerwerkskulisse zum Ukraine-Krieg äußerte, führte zum Rücktritt der ohnehin angeschlagenen SPD-Politikerin; bei der Wiederholungswahl zum Berliner Senat entwickelte sich die Debatte um die dortigen Böller-Gewaltexzesse zum "Wahlkampfknaller".

Doch auch jenseits der Bundeshauptstadt markierte die vergangene Silvesternacht eine unerfreuliche Tendenz. In mehreren Städten - etwa in Würzburg und Kitzingen - wurden Polizei, Feuerwehr oder medizinische Einsatzkräfte mit Feuerwerkskörpern attackiert, Tausende Menschen erlitten Verletzungen, Hunderte Brände wurden gemeldet.

Auch der 31.12.2023 dürfte laut werden

Auch heuer wird wohl wieder kräftig geböllert werden. Die Pyrotechnik-Branche erwartet einen Rekordumsatz. Bundespolizei und Zoll registrieren schon das ganze Jahr über eine Zunahme illegaler Feuerwerks-Importe und warnen besonders vor den in Bayern verbreiteten Feuerwerkskörpern aus Tschechien: Die günstige Pyrotechnik von den Asiamärkten sei nicht kontrolliert und damit unberechenbar. Sie könne vorzeitig – auch schon beim Transport - detonieren und beim Abbrennen schwerste Verletzungen verursachen.

Manche bayerischen Kommunen setzen auch in diesem Jahr wieder auf örtliche Verbote. Den Regierungen der drei deutschen Stadtstaaten geht das nicht weit genug, ein Bündnis von über 20 Organisationen fordert ein bundesweites Böllerverbot.

München: Ruhezone im Herzen der Stadt, Beschränkungen in der Umweltzone

Wie in der Vergangenheit sind in der Landeshauptstadt Feuerwerkskörper in der gesamten Fußgängerzone vom Marienplatz am Rathaus bis zum Stachus verboten, ebenso am Viktualienmarkt. "Auch zum kommenden Jahreswechsel setzt München - wie schon in den vergangenen Jahren - auf den Schutz von Mensch, Tier und Umwelt vor Feuerwerkskörpern", heißt es in einer Pressemitteilung. Am Viktualienmarkt soll das Verbot insbesondere Brände an den Marktständen verhindern, im Stadtzentrum geht es um die Sicherheit der Feiernden.

Das Verbot beruht auf einer Gefahrenprognose des Polizeipräsidiums und gilt nach Angaben der Stadt von Silvester 21.00 Uhr bis Neujahr um 2.00 Uhr. Ergänzend gibt es auch ein Böllerverbot im Bereich der Umweltzone des Mittleren Rings in München. Dort geht es aber nur um Knaller, andere Feuerwerkskörper wie Fontänen sind erlaubt. "Wer sich nicht an die Verbote hält, muss mit einem Bußgeld rechnen", warnt die Verwaltung.

Augsburg: Auch das Mitführen von Raketen ist verboten

Die Stadt Augsburg hat bereits seit etlichen Jahren ein generelles Feuerwerksverbot im Zentrum. Dabei ist nicht nur das Zünden von Böllern und Raketen verboten: "Wer in der Innenstadt unterwegs ist, darf auch keine pyrotechnischen Gegenstände bei sich tragen", betont die Stadt. Auch Glasflaschen und Dosen seien an Silvester dort nicht erlaubt.

Nürnberger "Burgfrieden"

In Nürnberg gibt es rund um die Burg ein strenges Verbot. Dort wird ein Sicherheitsdienst an Silvester auch Taschen kontrollieren, damit kein Feuerwerk mitgenommen wird. In weiteren Gegenden der Altstadt ist zwar nicht verboten, wenn man Pyrotechnik dabei hat, die Nutzung ist aber untersagt. "Schilder kennzeichnen alle Verbotsbereiche, die Polizei kontrolliert", betont die Stadtverwaltung.

Keine Knallerei an Kulturschätzen und im Nationalpark

In Regensburg wird heuer wieder die historische Steinerne Brücke über der Donau für alle Fahrzeuge und auch Fußgänger gesperrt. Zudem gilt in der Altstadt ein weiträumiges Feuerwerksverbot, das Mitnehmen von Böllern und Raketen ist untersagt.

Wie in der Oberpfälzer Welterbe-Stadt dürfen im gesamten Freistaat rund um die staatlichen Schlösser und Burgen am 31. Dezember und 1. Januar keine Raketen gezündet werden. Dazu zählen auch die Walhalla bei Regensburg und die Befreiungshalle bei Kelheim.

Auch in Passau, Landshut und Straubing sind Silvesterraketen und Knallkörper im Bereich der historischen Innenstädte tabu.

Die Verwaltung des Nationalparks Bayerischer Wald bittet "eindringlich darum", auf Feuerwerk komplett zu verzichten. Viele Wildtier-Arten seien sehr störungsempfindlich - zum Beispiel das gefährdete Auerhuhn: Es flüchtet bei einem lauten Knall oder gleißendem Licht panikartig und kann in der nahrungsarmen Winterzeit an diesem Energieverlust sterben.

Bundesweites Bündnis für "Böller-Notbremse"

Neu ist in diesem Jahr ein breites Bündnis, das das Klein-Klein kommunaler Verbote durch eine bundesweite Regelung ersetzen will. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Bundesärztekammer, die Gewerkschaft der Polizei sowie 20 weitere Verbände, Umwelt- und Tierschutzorganisationen fordern von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) eine "Böller-Notbremse", also ein kurzfristiges, sofort gültiges Anwendungsverbot für Böller und Raketen. Den offenen Brief haben online mittlerweile mehr als 180.000 Personen unterzeichnet.

Böller-Gegner fürchten Überlastung der Kliniken

Die Initiatoren argumentieren, dass Ärzte und insbesondere Kinderkliniken bereits jetzt wegen RS-Virus, Corona und Grippe vielerorts an der Belastungsgrenze seien und nicht noch zusätzlich mit "Tausenden Augen-, Ohren-, Atemwegs- und Verbrennungsverletzungen" belastet werden sollten. Zu Corona-Hochzeiten hatte die Regierung deswegen bereits ein Böllerverbot ausgesprochen. Doch das Aktionsbündnis führt noch andere Gründe an.

Umwelt und Tiere leiden unter Knallerei

Insbesondere Tierschützer appellieren schon seit vielen Jahren an alle Feiernden, an Silvester generell auf Pyrotechnik zu verzichten. Denn viele Haustiere müssen sogar mit Medikamenten ruhiggestellt werden, weil sie sonst panisch werden. Auch Wildtiere leiden unter dem Spektakel. "Für viele Menschen bedeutet das Feuerwerk zu Silvester Spaß, für Tiere dagegen oft Stress", betont der Deutsche Tierschutzbund.

Die Deutsche Umwelthilfe betont, die Böller und Raketen seien nicht nur gefährlich, sie sorgten auch für Umweltverschmutzung. "Am 1. Januar ist die Luft vielerorts mit Feinstaubwerten belastet, die die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Grenzwerte deutlich überschreiten", heißt es in einem Schreiben an Bundesinnenministerin Faeser. In München etwa sei die Feinstaubbelastung zum Jahreswechsel 2022/23 neunmal höher gewesen als im Corona-gedämpften Vorjahr.

Bundesweite Regelung: Antrag von Hamburg, Bremen und Berlin scheiterte

Die Innensenatoren der Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin haben einem Medienbericht zufolge bei der letzten Innenministerkonferenz Anfang Dezember vergeblich für ein Böllerverbot an Silvester plädiert. Der Vorschlag habe sich bei den Innenministern der 13 Flächenländer nicht durchsetzen können, sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND).

Der SPD-Politiker warnte zugleich angesichts des Gazakriegs vor Anschlägen zum Jahreswechsel in Deutschland. "Gerade an Silvester kann etwas passieren", sagte Maier. "Das wird sehr herausfordernd."

Mit Material von BR-Korrespondenten und der dpa

Im Video: Trotz Preiserhöhung - Böllern boomt

Violette Sterne am Himmel: Probe-Feuerwerk in Gerolzhofen im Dezember 2023
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Probe-Feuerwerk in Gerolzhofen im Dezember 2023

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