Das US-Kapitol in Washington, D.C. ist abends beleuchtet.
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Der US-Kongress hat einen befürchteten Stillstand der Regierungsgeschäfte nur kurz vor Ablauf der Frist abgewendet.

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Shutdown verhindert – US-Übergangshaushalt ohne Ukraine-Hilfe

Shutdown verhindert, Ukraine-Hilfen blockiert: Nur Stunden vor einer drohenden Haushaltssperre beschließt der US-Kongress einen Übergangshaushalt. Bis zum 17. November ist die Finanzierung der Bundesbehörden gesichert, doch die Ukraine geht leer aus.

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Knapp ist es immer wieder – dieses Mal blieben dem US-Kongress nur wenige Stunden, um eine Haushaltssperre zu verhindern. Die Erleichterung am Ende war groß. Doch die Ukraine wiederum dürfte wenig zufrieden sein: Der am Samstagabend (Ortszeit) verabschiedete Übergangshaushalt in den USA enthält keine weitere Unterstützung für Kiew.

Nur wenige Stunden vor Ablauf der Frist stimmte nach dem Repräsentantenhaus auch der Senat mit überparteilicher Mehrheit für den Gesetzesentwurf und wendete damit einen sogenannten Shutdown ab. US-Präsident Joe Biden unterzeichnete das Gesetz nur kurz nach der Abstimmung und fand dabei mahnende Worte: "Wir können unter keinen Umständen zulassen, dass die amerikanische Unterstützung für die Ukraine unterbrochen wird."

Von Sicherheitskontrollen bis Milchpulver

Die Laufzeit des im vergangenen Jahr vom US-Kongress beschlossenen Haushalts endete planmäßig mit Ablauf dieses Monats, also in der vergangenen Nacht zum Sonntag. Bis dahin musste ein neuer Bundeshaushalt beschlossen werden, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Ein Shutdown hätte bedeutet, dass die USA auf Bundesebene ohne Verwaltung und öffentliche Einrichtungen wie Flughafenkontrollen und Katastrophenhelfer dastehen. Die Angestellten der Regierung hätten kein Gehalt mehr bekommen, viele von ihnen hätten Zwangsurlaub nehmen müssen. Dabei leben etliche von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck und haben keine großen Rücklagen.

Auch ein staatliches Ernährungsprogramm für die Ärmsten wäre buchstäblich ausgehungert worden. Für mindestens sieben Millionen Familien mit kleinen Kindern hätte ein Shutdown besonders dramatisch werden können, weil sie Milchpulver von der Regierung bekommen - ein Programm, das keine Reserven hat.

Selbe Prozedur wie jedes Jahr

Das politische Gezerre wiederholt sich jedes Jahr. In der Regel behilft sich der Kongress mit der Verabschiedung eines Übergangshaushalts. Doch nicht immer gelingt eine Einigung. Die letzte Haushaltssperre zettelte im Dezember 2018 und Januar 2019 der damalige Präsident Donald Trump an; sie war mit 35 Tagen die längste der US-Geschichte. Hintergrund war damals der Streit um den von Trump gewollten Bau einer Grenzmauer zu Mexiko.

In diesem Jahr hatten sich die tief gespaltenen Republikaner im Repräsentantenhaus gegenseitig geradezu "zerlegt" und dabei den Vorsitzenden der Kammer, Kevin McCarthy, bloßgestellt. Sie haben im Repräsentantenhaus eine knappe Mehrheit, im Senat haben Bidens Demokraten eine Mehrheit.

Die Nein-Sager der radikalen Rechten

Im Verlauf der Woche legten zunächst Senatoren von Republikanern und Demokraten einen Kompromissvorschlag für einen Übergangshaushalt vor, der rund sechs Milliarden Dollar an neuen Ukraine-Hilfen umfasst hätte. Der vom Rechtsaußen-Flügel seiner Fraktion unter Druck gesetzte McCarthy lehnte den Text ab und legte einen eigenen Vorschlag vor. Dieser scheiterte aber am Freitag im Repräsentantenhaus am Widerstand der ultrarechten Hardliner. Die Zeichen standen damit auf Shutdown.

Am Samstagmorgen zog McCarthy plötzlich den Entwurf für den Übergangshaushalt aus dem Ärmel. Während dieser im Kongress verhandelt wurde, kam es zu turbulenten Szenen, zu denen auch ein offenbar versehentlich ausgelöster Feueralarm beitrug.

Am Ende ging McCarthys Entwurf durch. Dieser muss nun allerdings damit rechnen, dass seine radikalen Gegner ihn aus dem Amt jagen wollen. Sie hatten ohnehin eher den Eindruck erweckt, dass sie einen Shutdown wollen – um des Chaos Willens.

Die Demokraten – überrumpelt

Die Demokraten feiern den Übergangshaushalt als Beispiel für Kompromissfähigkeit im Kongress. Fakt ist aber auch, dass sie vom Republikaner McCarthy überrumpelt wurden. Dieser hätte ihnen den schwarzen Peter für einen Shutdown zugeschoben, wenn sie sich gegen den Gesetzesentwurf gestellt hätten.

Bidens Demokraten wollten auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass ihnen Hilfe für die Ukraine wichtiger sei als der Gehaltszettel von Millionen Menschen in den USA. Am Ende waren es die Demokraten, die mit ihren Stimmen einen Stillstand der Regierung verhindert haben - allerdings zu einem hohen Preis. Auch wenn die USA ihre Ukraine-Hilfe nicht von heute auf morgen stoppen, sendet der Beschluss ein fatales Signal an Russland.

Militärexperte: "Ein Signal der Schwäche"

Es handle sich um ein Signal der Schwäche, der mangelnden Entschlossenheit seitens der USA, warnte der Militäranalyst des US-Senders CNN, Cedric Leighton. In den USA fürchtet man auch, dass die Europäer ihre Unterstützung herunterfahren könnten, wenn die USA nur zögerlich handeln. Gut ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl zeigt sich, wie kontrovers das Thema Ukraine mittlerweile in den USA diskutiert wird - und dass die bedingungslose Unterstützung der Amerikaner keineswegs selbstverständlich ist.

Republikaner McCarthy hatte zuletzt in mehreren Statements vermieden, sich zu weiteren US-Hilfen für das Land zu bekennen. Als Wolodymyr Selenskyj vergangene Woche im US-Kongress für weitere Unterstützung warb, verhinderte McCarthy, dass der ukrainische Präsident vor beiden Kammern des Kongresses sprechen konnte.

Der US-Kongress hat im letzten Moment einen drohenden Stillstand der Regierung verhindert.
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Der US-Kongress hat im letzten Moment einen drohenden Stillstand der Regierung verhindert.

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