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Macron und Kurz im Gespräch auf dem EU-Gipfel

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Reaktionen auf EU-Beschlüsse zur Flüchtlingspolitik

Nach hartem Ringen und einer stundenlangen Blockade durch Italien hat sich der EU-Gipfel auf eine Verschärfung des Kurses in der Flüchtlingspolitik geeinigt. Die Reaktionen der Politiker fallen zum größten Teil zufrieden aus.

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"Heute ist Italien nicht länger allein", sagte der italienische Regierungschef Giuseppe Conte heute Morgen in Brüssel. "Wir sind zufrieden." Der erst um 4.30 Uhr morgens gefundene Kompromiss sieht "eine neue Herangehensweise" durch die Schaffung von Auffanglagern für Flüchtlinge auch außerhalb der EU vor - obgleich die EU dafür noch kein Land gefunden hat. Zudem soll die Zahl der Beamten der Grenzschutzbehörde Frontex erhöht und ihr Mandat "verbessert" werden. Italiens Innenminister Matteo Salvini sagt, er begrüße die EU-Vereinbarung. Allerdings warte er auf "konkrete Zusagen".

Merkel: "Noch viel zu tun"

"Die europäische Zusammenarbeit hat obsiegt", sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der mit Conte die Kompromissvereinbarung ausgearbeitet hatte. Die Einigung sei eine "gute Botschaft", sagte Merkel. Sie sei nun optimistisch, dass die EU an Themen wie der europäischen Asylreform weiterarbeiten könne. Hier sei aber "noch viel zu tun", um "die verschiedenen Sichtweisen auch zu überbrücken".

Denn die Reform ist seit Jahren durch mehrere osteuropäische Staaten blockiert. Sie wollen sich keinesfalls an der Aufnahme von Flüchtlingen aus den Hauptankunftsländern im Süden beteiligen.

Kurz für "Anlandezentren" außerhalb der EU

Österreichs Ministerpräsident Sebastian Kurz begrüßt im ORF Radio, dass "'Anlandezentren' außerhalb der Europäische Union vorgesehen sind". Entscheidend sei, ob aus dem Mittelmeer gerettete Menschen nach Europa gebracht würden oder außerhalb blieben. "Wir sind für die zweite Variante. Und das wird mit diesem Text zumindest erstmals in der Theorie möglich."

Polens Ministerpräsident mit Einigung bei EU-Asylpolitik zufrieden

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hat die Einigung der EU-Staaten bei der Migrationspolitik begrüßt. "Wir haben eine Einigung erreicht, die gut für Polen und die ganze Gemeinschaft ist", schrieb der nationalkonservative Politiker der Partei Recht und Gerechtigkeit PiS am Freitag auf Twitter. Polen hatte sich wie seine Visegrad-Partner (V4) Ungarn, Tschechien und die Slowakei strikt gegen die Umverteilung von Flüchtlingen gewehrt.

Kritik von Grünen und Linken

Die Grünen-Europapolitikerin Ska Keller urteilte: "Dieser Gipfel beerdigt das Recht auf Asyl in Europa. Flüchtlinge sollen in Zukunft kaum mehr eine Chance haben, auf europäischem Boden Asyl zu beantragen." Linken-Parteichef Bernd Riexinger hat die Beschlüsse des EU-Gipfels zur Migrationspolitik als "Bankrotterklärung der Menschenrechte" kritisiert. "Die Doppelmoral von Angela Merkel und den EU-Staatschefs ist wirklich eine Schande", sagte Riexinger.

SPD: "Abschottungspolitik"

Evelyne Gebhardt (SPD), Vizepräsidentin des EU-Parlaments, zeigt sich sehr unzufrieden über die Einigung, die beim EU-Gipfel beschlossen wurde. Sie kritisiert vor allem, dass kein gemeinsames europäisches Vorgehen vereinbart wurde, da der Kompromiss auf Freiwilligkeit beruhe. Sie spricht von Abschottungspolitik und hinterfragt Merkels Position in der EU. Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) nennt hingegen im Bundestag die EU-Gipfelbeschlüsse zur Migration einen "großen Fortschritt und einen guten Erfolg für uns alle".

"EU-Gipfel hat einen großen Schritt hin zu einer besseren Migrationspolitik gemacht. Europa steht für Humanität gegenüber Menschen in Not, Entschiedenheit im Außengrenzenschutz und bei Bekämpfung illegaler Migration sowie für Solidarität untereinander." Manfred Weber, CSU-Parteivorsitzender

FDP-Chef Lindner: Gipfelergebnisse nicht konkret genug

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat die Beschlüsse des EU-Gipfels zur Asylpolitik als "vage und unkonkret" kritisiert. "Dieser Gipfel ist für uns leider kein Durchbruch, sondern nur ein Schritt auf dem Weg hin zu einem europäischen Asylsystem", sagte er heute in Berlin. Nach wie vor fehle es an konkreten Vorgaben, beklagte Lindner.

Weidel nennt Ergebnisse des EU-Gipfels "halbgar"

Die AfD hat die Beschlüsse des EU-Gipfels zur Flüchtlingspolitik als ungenügend kritisiert. Die Ergebnisse seien "so halbgar, wie das erwartet werden konnte", erklärte Fraktionschefin Alice Weidel in Berlin. "Ein echter Grenzschutz soll bis 2020 durch Frontex geleistet werden, sodass die EU weitere zwei Jahre wie ein Scheunentor offen steht." 

CSU: Gipfelergebnis ist "positives Signal"

Der Vize-Chef der CSU-Landesgruppe Hans Michelbach hat die auf dem EU-Gipfel erzielten Vereinbarungen zur Migrationspolitik als ein positives Signal bezeichnet. "Es ist ein positives Signal, dass sich in Europa etwas bewegt in die richtige Richtung", sagte er in der ARD. Man müsse sehen, dass "unsere Position auch etwas bewirkt hat", sagte er zur Haltung seiner Partei im Asylstreit. Allerdings sprach er von einem Formelkompromiss, "der natürlich auch umgesetzt werden muss" und dauern werde. Die geplanten Aufnahmezentren seien schwer umzusetzen.

Oettinger: "Echter Durchbruch"

EU-Kommissar Günther Oettinger spricht mit Blick auf die Einigung in der Migrationspolitik von einem "echten Durchbruch". Zwar sei noch viel im Detail abzuarbeiten, sagt er dem Deutschlandfunk. Der Gipfel habe jedoch gezeigt, dass europäische Lösungen möglich seien.