Ein Polizeiauto sichert den Eingang zu einer Synagoge.
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Symbolbild: Die Polizei sichert eine Synagoge.

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Politisch motivierte Straftaten gegen Religionen verdoppeln sich

Religionsgemeinschaften waren 2023 mehr als doppelt so oft Ziel von politisch motivierten Straftaten wie im Vorjahr. 6.122 Mal wurden Repräsentanten angegriffen, ein Plus von 118 Prozent. Auch Synagogen und Moscheen waren häufiger Ziel von Angriffen.

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Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist im Jahr 2023 um 1,89 Prozent auf insgesamt 60.028 Delikte angestiegen. Damit befindet sich die politisch motivierte Kriminalität auf dem höchsten Stand seit Einführung des Meldedienstes 2001. Enorm zugenommen haben die politisch motivierten Straftaten gegenüber Religionsgemeinschaften. "Sie haben sich mehr als verdoppelt", heißt es in der Auswertung von Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesinnenministerium.

Bei den begangenen Straftaten handelt es sich vor allem um Volksverhetzungen (3.769), Sachbeschädigungen (727), Beleidigungen (537) und Propagandadelikte (723). Unter einem Propagandadelikt versteht man, wenn zum Beispiel ein Hakenkreuz an eine Kirchenwand gesprüht wird.

Straftaten seit 7. Oktober gestiegen

Sowohl insgesamt als auch bei den Angriffen auf Religionsgemeinschaften sind die Gewalttaten vor allem rechts motiviert. "Wir sehen einen neuen Höchststand von Straftaten, die sich gegen unsere offene und freiheitliche Gesellschaft richten", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei der Vorstellung. "Rechtsextremistische Taten haben weiter stark zugenommen. Und seit dem Terrorangriff der Hamas gegen Israel und dem Gaza-Krieg sind antisemitische Taten drastisch angestiegen."

Von den 7.029 Delikten in diesem Bereich, verzeichnet das BKA in 6.122 Fällen Angriffe auf Repräsentanten von Religionsgemeinschaften - eine Zunahme im Vergleich zum Vorjahr um 118 Prozent. Darunter befinden sich 3.555 Volksverhetzungen, 618 Beleidigungen, 444 Sachbeschädigungen und 239 Gewaltdelikte.

65 Prozent der politisch motivierten Straftaten gegen Religionsgemeinschaften sind rechts motiviert, 16 Prozent wurden "ausländischen Ideologien" zugeordnet. Straftaten in diesem Bereich sind 2023 insgesamt um 33 Prozent angestiegen. Darunter fallen Straftaten, die durch eine im Ausland vorherrschende Ideologie motiviert sind, beispielsweise Straftaten mit einem Türkei- oder einem Kurden-Bezug.

Straftaten, die durch eine religiöse Ideologie motiviert waren, stiegen im Vergleich zum Vorjahr um rund 200 Prozent. "In beiden Bereichen haben Gewalttaten deutlich zugenommen. Hier ist festzustellen, dass die Entwicklungen im Nahen Osten nach den Anschlägen der Terrororganisation Hamas gegen den Staat Israel vom 7. Oktober 2023 erhebliche Auswirkungen auf die Straftatenentwicklung in Deutschland haben", heißt es in der Auswertung von BKA und Bundesinnenministerium.

Weniger Angriffe auf Kirchen, mehr auf Moscheen und Synagogen

Religionsgemeinschaften wurden 2023 rund 717 Mal angegriffen, was laut der Statistik einer Zunahme um 207 Prozent entspricht. 2023 verzeichnete das Bundeskriminalamt 92 Angriffe auf Kirchen, 70 auf Moscheen, 42 auf Synagogen und 17 auf weitere Religionsstätten. Während die Angriffe auf Kirchen um 22 Prozent zurückgingen, stiegen die Angriffe auf Synagogen um 50 Prozent.

Insgesamt wurden in Bezug auf Synagogen 42 Straftaten gemeldet, darunter sind zehn Sachbeschädigungen, Androhungen von Straftaten und neun Propagandadelikte. Von den 42 Delikten auf Synagogen kamen 22 aus dem rechten Bereich, eine aus dem linken und sieben wurden ausländischen Ideologien zugeordnet.

Auch antisemitische Straftaten erreichten 2023 mit 5.164 Delikten einen neuen Höchststand. Einen massiven Anstieg verzeichnen die Behörden seit dem 7. Oktober 2023. Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, spricht angesichts der hohen Zahlen politisch motivierter Straftaten gegen Religionsgemeinschaften von einem "Angriff auf die demokratischen Werte unseres Landes". Jüdinnen und Juden würden "aus allen Richtungen bedroht". "In einer offenen und freien Gesellschaft sind Religionsgemeinschaften besonders schützenswert, denn sie geben vielen Menschen Orientierungen und Geborgenheit", so Schuster.

Viele Angriffe sind rechts motiviert

Moscheen waren 2023 70 Mal Ziel von politisch motivierten Straftaten. Das ist eine Steigerung von 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 40 Delikte sind auf das rechte Spektrum zurückführbar, 14 werden ausländischen Ideologien und sieben religiösen Ideologien zugeordnet. Aus dem linken Spektrum wurde kein Angriff verzeichnet. Unter den Delikten waren 17 Sachbeschädigungen und 17 Volksverhetzungen. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland spricht von einem "fürchterlichen Anstieg" und stellt konkrete Forderungen, was man dagegen tun könnte: "Wir brauche ein Umdenken in der Politik weg von der AfD-Rhetorik, endlich einen Beauftragten für muslimisches Leben und gegen Muslimfeindlichkeit und ein Ende medialer und behördlicher Pauschalisierungen von muslimischen Bürgerinnen und Bürgern als Extremisten in unserem Land."

Von den 92 Straftaten im Bereich der Kirchen stammen 31 von rechts, 14 von links, 16 von religiösen Ideologien und vier von ausländischen Ideologien. Darunter sind 43 Sachbeschädigungen und 23 Propagandadelikte.

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