Münster: Polizeibeamter vor der Gartenlaube, die als mutmaßlicher Tatort gilt.
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Münster: Polizeibeamter vor der Gartenlaube, die als mutmaßlicher Tatort gilt.

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Missbrauch von Münster: 14 Jahre Haft für Hauptangeklagten

Im Missbrauchsfall Münster ist das Urteil gegen den mutmaßlichen Haupttäter gefallen: Er muss 14 Jahre in Haft - mit anschließender Sicherungsverwahrung. Auch gegen die Mitangeklagten wurden lange Haftstrafen verhängt.

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Im Hauptprozess um den Missbrauchskomplex in Münster hat das Gericht eine lange Haftstrafe gegen den Hauptangeklagten verhängt. Der 28 Jahre alte IT-Techniker muss wegen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern für 14 Jahre ins Gefängnis.

Anschließende Sicherungsverwahrung wegen Wiederholungsgefahr

Für die Zeit danach ordnete das Landgericht Münster für den IT-Techniker wegen Wiederholungsgefahr Sicherungsverwahrung an. Er gilt als Schlüsselfigur in dem Prozess. Die Urteile für die anderen Angeklagten lauten: Zehn Jahre Haft für einen Mann aus Hannover (36) für vier Fälle, elf Jahre und sechs Monate für einen 43-Jährigen aus Schorfheide in Brandenburg für fünf Fälle und 12 Jahre für einen 31-jähriger aus dem hessischen Staufenberg für sechs Fälle. Auch für diese Männer ordnete das Gericht Sicherungsverwahrung an. Damit folgte es weitestgehend der Forderung der Staatsanwaltschaft.

Mitangeklagt war zudem die 46-jährige Mutter des Hauptbeschuldigten, die von den Verbrechen gewusst haben soll. Sie wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Opfer mit KO-Tropfen gefügig gemacht

Die Richter sahen es nach der Beweisaufnahme als erwiesen an, dass die vier angeklagten Männer Kinder schwerst sexuell missbraucht hatten. Der Hauptbeschuldigte hatte sich laut Anklage gemeinsam mit weiteren Tätern teils über Tage in einer Gartenlaube an den Opfern vergangen und Aufnahmen davon im Darknet verbreitet. Die Männer sollen ihre Opfer bei den Taten mit KO-Tropfen gefügig gemacht haben.

Reul rechnet mit Aufdeckung weiterer Missbrauchtaten

Münster ist neben Lügde und Bergisch Gladbach einer von drei großen Missbrauchsfällen der vergangenen Jahre in Nordrhein-Westfalen. Der Fall kam im Juni 2020 nach Ermittlungen in einer Gartenlaube ans Licht. Im Zuge dessen hatte es in mehreren Bundesländern und im Ausland Festnahmen gegeben. In dem Komplex wurden bereits fünf Männer zu Freiheitsstrafen verurteilt. Insgesamt wurden durch die Ermittler mehr als 50 Tatverdächtige identifiziert, von denen derzeit etwa 30 in U-Haft sitzen.

Ein Ende der Ermittlungen in den Kindesmissbrauchskomplexen ist nach Einschätzung von Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) nicht absehbar. "Und ich befürchte, irgendwann gibt es dann wieder einen neuen Tatkomplex", sagte Reul im Rundfunksender WDR 5. Die Ermittler hätten inzwischen vier Petabyte an Daten gesammelt. Diese Menge entspreche etwa einem 8.000 Meter hohen Turm mit CDs.

ZKI-Leiter zu Missbrauchsfall Münster: Missbrauch häufig im "sozialen Nahraum"

Der Leiter des Zentrums zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch in Bayern (ZKI), Thomas Goger, hat mit Blick auf den Missbrauchskomplex Münster darauf hingewiesen, dass Missbrauch von Kindern sehr häufig im familiären Umfeld anzutreffen sei. "Die Masse der Taten spielt sich im sozialen Nahraum im Bereich von Familie, Freunden und Bekannten ab", sagte Goger im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk.

Missbrauch von Kindern setze voraus, dass der Zugriff auf Kinder vorhanden sei, so Goger. Neben dem erwähnten "sozialen Nahraum" spiele dabei das Internet eine große Rolle. Deshalb seien Cybercrime-Spezialisten im Kampf gegen Kinderpornographie "ganz enorm wichtig. Es hat sich dieses Deliktfeld im Grunde vollständig ins Netz und auf elektronische Speichermedien verlagert."

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