Kinder mit Mandelerkrankungen könnten künftig länger auf einen Operationstermin warten.
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Eine Ärztin untersucht den Rachenraum eines Kindes.

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Protestaktion: Verbände fordern Stopp von Mandel-OPs bei Kindern

HNO-Ärzte sollen vorerst keine Mandeloperationen bei Kindern mehr durchführen. Das fordern zumindest einige Ärzteverbände - als Protest. Sie wollen damit eine bessere Bezahlung durch die Krankenkassen erreichen.

Kinder mit Mandelerkrankungen müssen künftig möglicherweise länger auf einen Operationstermin warten: HNO-Ärzte sollen ab sofort bundesweit keine neuen Termine für Mandeloperationen bei Kindern vergeben.

Das forderten zumindest der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte (BVHNO) und die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO) am Montag in Berlin. Sie begründeten dies mit einer Kürzung der Erstattungsbeträge zu Jahresbeginn und forderten eine deutlich verbesserte Bezahlung des Eingriffs durch die Krankenkassen.

    Mandeloperationen verhindern bleibende gesundheitliche Schäden

Konkret geht es vor allem um die sogenannte Adenotomie mit Paukenröhrchen, bei der die Rachenmandeln, umgangssprachlich Polypen, entfernt und die Belüftung des Mittelohrs verbessert werden, sowie um die Tonsillotomie, die operative Teilentfernung der Gaumenmandel. Beide Eingriffe werden in der Regel bei Kindern zwischen dem zweiten und achten Lebensjahr vorgenommen.

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Operiert werden Kinder mit vergrößerter Rachenmandel beziehungsweise Gaumenmandel. Diese Vergrößerung führt zu Atemstörungen oder Atemaussetzern, Schlafstörungen, erschwerter Nasenatmung und verschlechterter Belüftung der Mittelohren. Das kann wiederum zu Hörminderung oder Mittelohrentzündungen führen . "Je länger eine Mittelohrerkrankung bestehen bleibt, umso mehr steigt die Gefahr, dass sich eine bleibende Hörstörung ergibt", warnte DGHNO-Präsident Orlando Guntinas-Lichius. Bei kleinen Kindern könne sich dadurch sogar die Sprachentwicklung verzögern.

Verbände rechnen mit hoher Beteiligung an Protestaktion

Die Verbände begründen ihren Aufruf mit der jahrelangen Unterfinanzierung des ambulanten Operierens. Dadurch sei es bundesweit "zu einem eklatanten Versorgungsnotstand mit monatelangen Wartezeiten auf dringend benötigte Operationen bei kleinen Kindern gekommen".

Vor diesem Hintergrund rechnen sie mit einer hohen Beteiligung der Ärzteschaft an der Protestaktion, die nach eigenen Angaben auch vom Deutschen Berufsverband der Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie unterstützt wird. Der Aufruf gilt den Verbänden zufolge so lange, bis eine gesicherte Zusage für eine deutliche Anhebung der Bezahlung komme.

Gesetzliche Krankenkassen weisen Verantwortung von sich

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) verwies hingegen darauf, dass die Entscheidung zur Änderung bei der Vergütung der HNO-Ärzte unter aktiver Beteiligung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zustande gekommen sei. Demnach handle es sich eher "um ein innerärztliches Thema".

Kritik: Honorar-Streit "auf dem Rücken kranker Kinder"

Der Verband hat kein Verständnis für den Protest: "Wir erwarten, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen ihrem gesetzlichen Sicherstellungsauftrag nachkommen und der Kampf ums Honorar nicht auf dem Rücken von kranken Kindern ausgetragen wird", sagte Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbands, der Nachrichtenagentur AFP.

3.000 HNO-Ärzte dürfen in Deutschland ambulant operieren

In Deutschland gab es im Jahr 2021 laut Bundesärztekammer rund 6.500 berufstätige HNO-Fachärztinnen und -Fachärzte. Über eine Genehmigung zum ambulanten Operieren verfügen schätzungsweise 3.000 HNO-Ärzte.

Mit Informationen der AFP.

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