Die 41. Panzergrenadierbrigade der Bundeswehr bei einem Manöver in Litauen (Archiv)
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Die 41. Panzergrenadierbrigade der Bundeswehr bei einem Manöver in Litauen (Archiv)

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Litauen-Brigade: Oberpfälzer Panzergrenadiere bereiten sich vor

Litauen ist seit 20 Jahren Mitglied der Nato. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine setzt das baltische Land mehr denn je auf den Schutz der Verbündeten. Eine Bundeswehr-Einheit aus der Oberpfalz soll dabei eine wichtige Rolle spielen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

In einer langen Reihe liegen die Soldaten am Boden. Vor ihnen sind Maschinengewehre aufgestellt. Immer wieder fallen Schüsse. Eine Übung nur, aber eine mit prominentem Zuschauer. Boris Pistorius (SPD) ist an diesem Spätwintertag zu Besuch bei den Panzergrenadieren in Oberviechtach. An dem Bundeswehrstandort in der Oberpfalz wird die sicherheitspolitische Zeitenwende besonders sichtbar, wie der Verteidigungsminister feststellt: Hier wisse man aus eigener Erfahrung, was es bedeute, an der Ostflanke der Nato zu sein.

Von Oberviechtach aus sind es nur wenige Kilometer bis zur tschechischen Grenze, wo früher der Eiserne Vorhang West- und Osteuropa trennte. Damals sei es in erster Linie die Aufgabe der US-Amerikaner gewesen, die Nato-Ostgrenze zu schützen. Und heute? "Wir werden quasi in Litauen die Amerikaner sein", sagt Pistorius.

Litauen-Brigade soll fast 5.000 Soldaten umfassen

Damit vermisst der SPD-Politiker zugleich die Größe der Herausforderung. Fast 5.000 Soldaten will die Bundeswehr für den Einsatz zusammenbekommen. Eine komplette Brigade, voll ausgestattet und einsatzbereit. Das Besondere: Die Soldaten sollen auf Dauer in dem baltischen Land stationiert sein. Normalerweise werden Bundeswehrkräfte im Ausland nach einigen Monaten abgelöst.

Rund 600 Männer und Frauen leisten in Oberviechtach ihren Dienst. Wie viele am Ende bereit sind, ins Baltikum zu ziehen, ist noch offen. "Sehr viele Soldaten warten einfach noch ab, welche Rahmenbedingungen geschaffen werden", erläutert Ralf Georgi, der Kommandeur des Bataillons. Noch sind viele Fragen ungeklärt – zum Beispiel diese: Wird es in Litauen ausreichend Wohnungen, Kita-Plätze und Schulklassen für die Bundeswehrkräfte und ihre Familien geben? Und wenn die Familie hierbleibt: Sind dann regelmäßige Heimfahrten möglich?

Bisher geteilte Reaktionen der Soldaten auf Litauen-Pläne

Trotz der offenen Punkte rechnet man in der Truppe damit, dass genügend Soldaten freiwillig ins Baltikum gehen werden. Nach den Worten des Kommandeurs hat die Hälfte der Soldaten seines Bataillons bereits die Bereitschaft erklärt, der künftigen Litauen-Brigade anzugehören. Einer von ihnen ist Alexander K. Die Stimmung sei gemischt, sagt der Hauptfeldwebel. Die einen wollten nach Litauen, die anderen nicht.

Für ihn aber habe sich die Frage gar nicht gestellt: "Letztendlich diene ich meinem Land und somit diene ich auch Europa", so der Vater von zwei Söhnen. Und Litauen sei eben ein Teil Europas. Seine Familie werde wohl nicht mitkommen. Umso wichtiger wird für ihn die Frage sein, wie oft er nach Hause fliegen kann.

Die Rahmenbedingungen stehen zwar noch nicht fest, aber er sieht sich gut auf seinen künftigen Einsatz im Baltikum vorbereitet – auch im Hinblick auf die neue sicherheitspolitische Realität infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. "Ich war in Afghanistan", erklärt der Hauptfeldwebel, "und realer geht’s nicht".

Pistorius: Litauen-Brigade auf sehr gutem Weg

Bis zum Sommer soll klar sein, was die Soldaten erwartet, die sich für die neue Brigade entscheiden. Die Gespräche in der Oberpfalz seien sehr offen gewesen, sagt Pistorius. Und: Was er hier gehört habe, bestärke ihn in dem Eindruck, "dass die Brigade Litauen auf einem sehr, sehr guten Weg ist".

Der Zeitplan steht jedenfalls: In rund einer Woche soll ein kleines Vorkommando mit der Arbeit in Litauen beginnen, gefolgt von einem Aufstellungsstab noch in diesem Jahr. Nächstes Jahr beginnt voraussichtlich die eigentliche Verlegung. Ende 2027 soll die Brigade voll einsatzbereit sein – mit den Panzergrenadieren aus Oberviechtach und einem Panzerbataillon aus Augustdorf in Nordrhein-Westfalen als festem Bestandteil.

Litauen-Brigade: CSU kritisiert ausstehende Finanzierung

Die Oberpfälzer steuern den Schützenpanzer Puma bei. Aus Augustdorf kommen Kampfpanzer vom Typ Leopard 2. Mit dem schweren Gerät will die Nato Russland abschrecken. Und so einen etwaigen Angriff des Moskauer Regimes aufs Baltikum unwahrscheinlicher machen.

Außenpolitisch sei die geplante Brigade ein "gutes Signal", findet Florian Hahn, der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Die Frage sei aber, "ob die Bundeswehr wirklich in der Lage ist, das tatsächlich auch umzusetzen", so der Abgeordnete aus Oberbayern im BR24-Interview. Nach seiner Einschätzung wird die Brigade alles in allem sechs Milliarden Euro kosten. Und es sei ihm "schleierhaft", woher das Geld kommen soll.

Pistorius: Litauen-Brigade nicht umsonst

Das Verteidigungsministerium nennt auf BR24-Anfrage keine genaue Summe. Der Finanzbedarf werde zurzeit ermittelt: "Dabei wird mit unseren litauischen Partnern geklärt, wie sich die Finanzierung aufteilt." Klar ist: Für Ausstattung und Personal werden umfangreiche Mittel benötigt. "Das ist nicht umsonst", sagt Pistorius bei seinem Besuch in der Oberpfalz. "Das weiß auch jeder."

Dem Vernehmen nach laufen dazu Gespräche innerhalb der Regierung – bisher ohne konkretes Ergebnis.

Im Video: Wichtige Rolle für Bundeswehr-Einheit aus der Oberpfalz bei Litauen-Schutz

Bundeswehr-Einheit aus der Oberpfalz
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Bundeswehr-Einheit aus der Oberpfalz

Dieser Artikel ist erstmals am 29.03.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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