Kommissionspräsidentin von der Leyen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel (CDU) in Berlin.
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Kommissionspräsidentin von der Leyen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel (CDU) in Berlin.

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Jet-Set für den Klimaschutz? Kritik an Kommissionspräsidentin

Lange hat die EU um ihren Corona-Wiederaufbaufonds gerungen, bald sollen die ersten Milliarden fließen. Ein Erfolg für die Kommissionspräsidentin, die in ganz Europa für das Vorhaben wirbt – sehr zum Ärger von Klimaschützern.

Gute Nachrichten überbringt Ursula von der Leyen am liebsten persönlich. Besonders dann, wenn diese Nachrichten bares Geld bedeuten – so wie am Dienstag in Berlin. Hier sicherte die EU-Kommissionspräsidentin der Bundesregierung rund 25 Milliarden Euro aus dem europäischen Corona-Wiederaufbaufonds zu. Geld, das nicht zurückgezahlt werden muss, aber unter einigen Bedingungen steht.

Schließlich soll die Krise nicht einfach nur mit einer Finanzspritze für die am stärksten betroffenen Wirtschaftszweige überwunden werden. Nein, Deutschland war – wie alle anderen EU-Staaten auch – aufgefordert, einen nachhaltigen Plan für die Verwendung der Milliarden aus dem Hilfsfonds auszuarbeiten. Geld aus Brüssel fließt also im Gegenzug für Digitalisierungsstrategien und, viel wichtiger noch, Klimaschutz.

Klimaneutralität bis 2050: Von der Leyens wichtigstes Vorhaben

Der Weg aus der Krise soll zugleich Wegbereiter für den "Green Deal" sein, von der Leyens wichtigstes politisches Ziel, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Mindestens 37 Prozent der Corona-Hilfen müssen zum Kima- und Umweltschutz beitragen.

Von der Leyen ist auf gute PR angewiesen, nicht zuletzt wegen zahlreicher Versäumnisse bei der europäischen Impfstrategie. Das Projekt Klimaneutralität soll ihr Erfolg werden, auch deswegen nutzt die Kommissionspräsidentin die Überbringung der Geldmittel aus dem Corona-Fonds der EU dieser Tage für eine Marketing-Tour von einer europäischen Hauptstadt zur nächsten.

Kritiker sehen Widerspruch in von der Leyens Tour

Die "Good News Tour" – so beschreiben Brüsseler Journalisten den aktuellen Terminkalender der Kommissionspräsidentin, führte von der Leyen zuerst nach Lissabon, dann nach Madrid. Es folgten Dänemark, Griechenland, Luxemburg, zuletzt Berlin. Klimaschutz aus dem Flugzeug heraus, ein Widerspruch, der von der Leyens Kritiker auf den Plan ruft.

Satiriker Sonneborn mit deutlichen Worten

Die Wiederaufbaupläne der Mitgliedstaaten sollten die Wirtschaft grüner machen, das feiere die Kommissionspräsidentin mit einer Reise in die EU-Hauptstädte – mitsamt ihrem Stab, kritisiert der Europaabgeordnete Martin Sonneborn (PARTEI) auf Facebook und fügt ein fiktives Angebot seiner Satire-Partei hinzu: "Auf den Spuren von der Leyens, zum Start des sogenannten Green Deal. Mit dem Flieger in sechs Tagen durch zwölf EU-Metropolen. CO2? Scheißegal! Greener wird’s nicht!"

Klimaschützer halten von der Leyen außerdem vor, dass bei ihren Auftritten keine Zeit für die Diskussion der nationalen Aufbaupläne eingeplant wurde. Für das Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) waren gerade einmal 25 Minuten vorgesehen, dann ging es für von der Leyen weiter nach Riga und Rom.

Von der Leyen: Wichtigstes Investitions-Programm seit Marschall-Plan

Die EU-Kommission rechtfertigt den Aufwand mit dem Stellenwert des Wiederaufbaufonds. "Das ist das größte Investitions-Programm in Europa seit dem Marschall-Plan", erklärte von der Leyen bei ihren bisherigen Auftritten. Insgesamt fließen in den kommenden sechs Jahren 750 Milliarden Euro in die Kassen der 27 Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission hat dafür stellvertretend Schulden aufgenommen. Bis zum Jahresende sollen die ersten Milliardenpakete an die EU-Staaten ausgezahlt werden.

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