Protestierende Frauengruppen beim katholischen Reformdialog Synodaler Weg im März in Frankfurt am Main.
Bildrechte: picture alliance / epd-bild | Tim Wegner

Protestierende Frauengruppen beim katholischen Reformdialog Synodaler Weg im März in Frankfurt am Main.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Katholische Frauen: Wer Reformen will, erfährt Hass und Hetze

Katholische Frauen, die sich für Reformen einsetzen, erfahren Hass und Hetze. Das berichten Theologinnen. Dies liege auch daran, dass in der katholischen Kirche eine "große Frauenfeindlichkeit" herrsche. Eine Anzeige erstatten jedoch nur wenige.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio.

Hassnachrichten per E-Mail, als Brief oder in Kommentarspalten der Sozialen Medien: Agnes Wuckelt kennt sie nur zu gut. "Es wird auch Fotze oder Hure gesagt", erzählt die Theologieprofessorin und stellvertretende Bundesvorsitzende der katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd). Drohungen, "dass man mich anzeigen werde in Rom, um mir meine Existenz letztendlich zu nehmen", seien auch immer wieder dabei.

Agnes Wuckelt setzt sich für eine Reform der katholischen Kirche ein, geht damit in die Öffentlichkeit – und wird dafür beleidigt oder bedroht, manchmal mehrmals täglich. "Ich muss einfach sagen, ich klickte in letzter Zeit meistens weg, weil ich es gar nicht lesen will."

Besonders viel Hass, wenn man gegen Bischöfe argumentiere

Aus ihrer Beobachtung gebe es vor allem drei Anlässe oder Themen, bei denen der Hass besonders hochkoche. Dies sei erstens, wenn von Seiten ihrer Kritiker geglaubt werde, dass sie Bischöfe kritisiere. Der zweite Punkt sei die Frauenfrage: "Hier steht ein altes und angepasstes Frauenbild gegen das, was wir als Frauen uns wünschen, also alle Dienste und Ämter in der Kirche." Zum dritten Punkt gehöre alles rund um Fragen der Sexualität.

Agnes Wuckelt ist nicht die Einzige, die Hass und Hetze ertragen muss: Sie erzählt davon, dass es viele Frauen gebe, die betroffen seien. Auch Viola Kohlberger musste ähnliche Erfahrungen machen. Die 31-Jährige promoviert in katholischer Theologie und war beim Reformprozess Synodaler Weg eine der 15 Delegierten unter 30 Jahren. Sie ist viel auf Social Media unterwegs und bekommt nicht selten Hassnachrichten.

Theologin: "In katholischer Kirche große Frauenfeindlichkeit"

Viola Kohlberger sagt, das Problem habe mit der Haltung der katholischen Kirche zu Frauen generell zu tun. Es sei so, "dass in der katholischen Kirche sowieso eine ganz große Frauenfeindlichkeit herrscht. Also es ist völlig normal, dass Frauen nicht die gleichen Rechte haben." Dadurch würden sich Leute, die frauenfeindliche Äußerungen abgäben, "sogar auf sozusagen lehramtlichen Terrain" bewegen. "Also auch wenn frauenfeindliche Sachen gesagt werden, ist es trotzdem katholisch. Legitim sozusagen."

Hasskriminalität gegen Frauen - Zahl der Anzeigen extrem gering

Michael Weinzierl ist Beauftragter der Bayerischen Polizei gegen Hasskriminalität. Dazu gehört auch der Hass auf Frauen. Seit 2022 gehört Frauenfeindlichkeit zu den Kategorien von Hasskriminalität, die die bayerische Polizei verfolgt.

Besonders deutlich würde die Dimension der Hasskriminalität bei einem Vergleich von Frauen und Männern, die sich in der katholischen Kirche für Reformen für zukunftsorientiertes Handeln stark machten, sagt der Polizeibeamte. "Wenn es Männer wären, wir hätten andere Zahlen."

Trotzdem ist die Zahl der Anzeigen extrem gering. Das hänge einerseits damit zusammen, dass viele Straftaten gegen Frauen in andere Bereiche wie zum Beispiel Sexualdelikte fielen. Aber auch damit, dass viele zögerten, sich an die Polizei zu wenden, so Weinzierl. Er betont: Sobald man das Gefühl habe, eine Grenze sei klar überschritten, solle man sich bei der Polizei melden.

Führt der Hass dazu, dass sich einzelne Frauen aus der öffentlichen Debatte um die Zukunft der Kirche zurückziehen? Das könne sicher passieren, sagen beide, Agnes Wuckelt und Viola Kohlberger. Doch erstmal wollen beide weitermachen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

Sie interessieren sich für Themen rund um Religion, Kirche, Spiritualität und ethische Fragestellungen? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Jeden Freitag die wichtigsten Meldungen der Woche direkt in Ihr Postfach. Hier geht's zur Anmeldung.