Leere Krankenbetten stehen im Flur eines Krankenhauses
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Leere Krankenbetten stehen im Flur eines Krankenhauses (Symbolbild)

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Wie Karl Lauterbach das Gesundheitswesen verändern will

Die Liste der Gesetzesvorhaben, die bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf dem Schreibtisch liegt, ist lang. So lang, dass sich manche fragen: Nimmt sich der Minister zu viel vor? Eine Analyse.

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Zu Beginn der Befragung des Bundesgesundheitsministers im Bundestag versucht Karl Lauterbach den Abgeordneten drei der vielen Reformprojekte aus seinem Haus näher zu bringen. Doch schon mit der Erklärung zum ersten Vorhaben, der künftigen Finanzierung der Kliniken, sprengt der Minister seine Redezeit für die einleitenden Worte. Diese Situation beschreibt die allgemeine Lage der Gesundheitspolitik der Bundesregierung.

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15 große Gesetze und mehr

Lauterbachs To-do-Liste ist voll. An 15 großen und diversen kleinen Gesetzen werde derzeit oder demnächst gearbeitet, heißt es aus Lauterbachs Ministeriums. Wollte man alle erklären und diskutieren, müsste man wohl einen ganzen Tag im Bundestag einplanen.

Der Gesundheitsminister selbst lässt keinen Zweifel daran, dass jedes dieser neuen Gesetze und Vorhaben von großer Wichtigkeit ist. Es sei in den vergangenen Jahren zu viel liegen geblieben, betont der SPD-Minister bei jeder Gelegenheit. Laut Experten und Medizinern hat er recht. Vor allem wenn es um die Digitalisierung des Gesundheitswesens geht, hinkt Deutschland vielen Ländern weit hinterher. Hierzulande verschreiben Ärzte immer noch Medikamente auf Papierzetteln, werden Befunde von einem Ort zu einem anderen gefaxt, liegen Daten zum Teil vergessen an verschiedenen Stellen und müssen bei Bedarf mühsam zusammengetragen werden. Effektiv ist das gewiss nicht.

Gesundheitswesen soll digitaler werden

Lauterbach will das ändern. Vier Digitalisierungsgesetze - wie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz - sollen kommen. Im Kern geht es dabei darum, mehr Gesundheitsdaten für die medizinische Forschung bereitzustellen, um Diagnostik und Therapien und damit die Versorgung der Bevölkerung zu verbessern. Ein weiteres Ziel: Deutschland als Standort für Forschung und Pharmaindustrie interessanter zu machen, um vorhandene Unternehmen zu halten und neue anzulocken.

Bislang keine Einigung bei Krankenhausreform

Eine von Lauterbachs Großbaustellen ist die Krankenhausreform. Zwar haben sich Bund und Länder im Sommer auf Eckpunkte verständigt, aber seitdem hakt es. Der Bund wolle zu sehr in die Kompetenzen der Länder "reinregieren", kritisieren mehrere Landesgesundheitsminister. Und die Sorge, dass Kliniken schließen müssen, ist in den Ländern groß – obwohl es unter den Ministern kaum umstritten ist, dass Deutschland zu viele Kliniken mit einer zu geringen Bettenauslastung hat.

Lauterbach ist das klar. Er sagt: Es werden Kliniken schließen müssen. Mit der Krankenhausreform will er steuern, dass mittel- und langfristig die richtigen schließen – eben Häuser in überversorgten Ballungsräumen und nicht Krankenhäuser, die auf dem Land dringend gebraucht werden. Doch die Länder vertrauen ihm nicht und fordern mehr Geld vom Bund für die Kliniken, um ein unkontrolliertes Kliniksterben zu verhindern.

Bundesrat bremst Krankenhaus-Transparenz aus

Lauterbach unternimmt wenig, um die schlechte Stimmung zwischen ihm und den Kolleginnen und Kollegen in den Ländern zu verbessern. Stattdessen will er einen Klinik-Atlas über die Qualität der einzelnen Krankenhäuser im Netz quasi im Alleingang veröffentlichen, damit Patientinnen und Patienten künftig erfahren, welches Haus zur Behandlung ihrer Erkrankung am besten geeignet ist. Doch der Bundesrat bremste das sogenannte Krankenhaustransparenzgesetz vor wenigen Tagen aus. Im Vermittlungsausschuss versuchen die Länder, Änderungen zu erreichen.

Lauterbach: Gesundheitssystem ineffizient

Die aktuelle Haushaltskrise wird die Lage zuspitzen und die Stimmung zwischen Bund und Ländern noch mehr belasten. Denn die Länder bleiben dabei, dass Lauterbach mehr Geld locker machen müsste – für die Kliniken, zur Unterstützung der Apotheken, der Hausärzte, der Pharmaindustrie und mehr. Doch Lauterbach hält dagegen und sagt bei seiner Befragung im Bundestag, kein europäisches Land gebe so viel Geld pro Kopf für Gesundheit aus wie Deutschland. Doch trotz des vielen Geldes schneide Deutschland bei der Lebenserwartung schlecht ab und lande im Vergleich der westeuropäischen Länder auf den hinteren Plätzen.

"Die Lebenserwartung entwickelt sich nicht günstig. Wir haben ein Problem", sagt der SPD-Politiker. Deutschland gebe viel aus, aber das System sei nicht effizient. In dieses ineffiziente System floss in der Vergangenheit immer mehr Geld. "Diesen Weg können wir nicht mehr miteinander gehen", mahnt Lauterbach.

Probleme mit den Ländern

Genau deshalb ist seine To-do-Liste so voll. Er kann jedes seiner neuen Gesetze und Vorhaben ausführlich begründen. Doch erklärt er sie auch genug und hat er eine Strategie, sie durchgesetzt zu bekommen?

Im Umgang mit den Bundesländern scheint ihm das strategische Händchen jedenfalls zu fehlen. Auch wenn er bestimmte Vorhaben im Alleingang umsetzen kann, ist er bei der Mehrheit auf die Länder angewiesen. So könnten einige der in der Tat notwenigen Vorhaben auf Lauterbachs To-do-Liste am Ende nie zur Aufführung kommen, wenn die Länder im Bundesrat auf der Bremse bleiben.

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