Kanzlerin Angela Merkel sagte nach Ende der Gespräche nur: "Guten Morgen. Heute geht's weiter." Aus Verhandlungskreisen wurde berichtet, dass sich die Verhandler vor allem beim Thema Flüchtlingspolitik festgebissen hätten. Besonders die CSU wollte von der Unionsforderung, den bis März 2018 befristeten Stopp des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus zu verlängern, nicht abrücken. Speziell zwischen den Grünen und den Bayern kam es nach Angaben von Verhandlungsteilnehmern daher immer wieder zu Spannungen.
"Es geht weiter. Das ganze Wochenende, davon gehen wir mal aus." Volker Kauder (CDU), Unions-Fraktionschef
"Nichts vereinbart, nichts beschlossen"
CDU-Generalsekretär Peter Tauber kündigte an, die für heute geplante Bundesvorstandsklausur werde abgesagt. Ursprünglich sollte dort eine erste Bewertung des Sondierungsergebnisses erfolgen. FDP-Chef Christian Lindner verteidigte die Vertagung. Eine Einigung sei weiter möglich, die Sondierung dürfe nicht an ein paar Stunden scheitern. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner betonte, es sei "nichts vereinbart, es ist nichts beschlossen". Es gehe im Laufe des Tages mit frischem Schwung weiter. Gründlichkeit gehe vor Eile. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte, man müsse jede Chance nützen, zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen. Das gebiete die Verantwortung für das Land.
"Es gab bei vielen Themen ein Verstehen, aber keine Kompromisse. Das ist das Traurige." Armin Laschet (CDU)
Frustriert zeigte sich auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki:
"Mich frustriert das hier extrem. Wir sind, was ich wirklich faszinierend finde, nach vier Wochen im Prinzip in den wesentlichen Punkten nicht weiter. Und das ist bedauerlich." Wolfgang Kubicki (FDP)
Umstrittener Spielraum
Kontroversen gab es den Angaben zufolge auch über den Umfang des finanziellen Spielraums, der der künftigen Bundesregierung zur Verfügung steht. Die Parteivorsitzenden und Chefunterhändler hatten bereits am Donnerstagnachmittag über mögliche Annäherungen in den entscheidenden Knackpunkten beraten. Zuvor hatte Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel an die Kompromissbereitschaft aller appelliert: "Wenn das gelingt, (...) kann daraus etwas sehr Wichtiges für unser Land entstehen in einer Zeit großer Polarisierung."
Union, FDP und Grüne wollten eigentlich in der Nacht zum Freitag die Sondierungen abschließen und entscheiden, ob sie ihren Parteien Koalitionsverhandlungen empfehlen. Danach sollten die Parteigremien um Zustimmung für formelle Koalitionsverhandlungen gebeten werden. Die Generalsekretäre hatten sich bereits auf eine Präambel eines möglichen Sondierungspapiers geeinigt.
Zahlreiche Konflikte
Obwohl es einen ersten gemeinsamen Gesamtentwurf eines Sondierungspapiers gab, hakte es an vielen Stellen. So waren sich die Sondierer zwar einig, dass der Soli in verschiedenen Schritten abgebaut werden sollte. Aber das Datum des völligen Ausstiegs sowie der Umfang des schrittweisen Abbaus bleiben in dem Papier offen. Einvernehmen bestand jedoch in der Frage, dass sowohl der Soli-Abbau als auch die Entlastung für Familien Priorität haben sollten.
Feilschen um Gigawatt
Beim Thema Klima bot die Union den Grünen an, bis 2020 mehr als die bisher offerierten drei bis fünf Gigawatt Leistung an Kohlestrom aus dem Netz zu nehmen. Dem Vernehmen nach habe Merkel sieben Gigawatt ins Gespräch gebracht. Die Grünen fordern aber Abschaltungen in der Größenordnung von acht bis zehn Gigawatt, weil ihrer Meinung nach nur so die nationalen Klimaschutzziele 2020 erreicht werden können.
Grüne und CSU als Streithähne
Vor allem Grüne und CSU gerieten immer wieder aneinander. So hieß es in Grünen-Kreisen, die CSU-Vertreter seien sich in den Sondierungen nicht einig. Dies wurde von CSU-Seite energisch zurückgewiesen. Umgekehrt hieß es bei Union und FDP, die Grünen verzögerten mit dauernden Rückkopplungen mit weiteren Parteigruppierungen die Verhandlungen.
Die Grünen-Spitze müsste am 25. November von einem Parteitag die Zustimmung zu formellen Koalitionsverhandlungen einholen. In der CSU tobt vor der bayerischen Landtagswahl 2018 ein Machtkampf.
FDP gibt Tipps fürs Miteinander
FDP-Generalsekretärin Nicola Beer warnte in der Nacht per Twitter:
"Verlange nichts von Deinem Gegenüber, was er Dir nicht geben kann. Sonst bekommst Du am Ende gar nichts." Nicola Beer (FDP)